„Sind auf Höhe der Zeit“

Offenbach - Gestern, Punkt 11 Uhr, ist das Foyer im Büsingpalais gut gefüllt. Die wenigen Sitzplätze sind belegt, an Stehtischen und Garderobe werden zum Jahresempfang der SPD eifrig Hände geschüttelt. Von Jenny Bieniek
Parteiinterne Streitereien, die im Vorjahr die Stimmung drückten, scheinen vom Tisch. Mit akademischer Viertelstunde Verspätung tritt Parteivorsitzender Dr. Felix Schwenke ans Mikrofon. In der nächsten halben Stunde, von denen zehn Minuten auf die Begrüßung der Vertreter aus allen städtischen Bereichen entfallen, tut der Stadtkämmerer das, wofür er bezahlt wird: „Ich will über Geld reden“, ruft er Mitgliedern und Gästen zu.
Der Schuldenberg Offenbachs, ein Defizit von 35 Millionen Euro in diesem Jahr, sei kein Ergebnis mangelnder Haushaltsdisziplin. „Wir haben unsere Hausaufgaben gewissenhaft gemacht“, so Schwenke. Bund und Land zahlten zu wenig Geld für Aufgaben, die sie den Kommunen auferlegt haben, etwa Unterbringung von Hartz-IV-Beziehern oder Ausbau der Kinderbetreuung. Die Abhängigkeit von der Gewerbesteuer bringe eine „perverse Zangenbewegung“ mit sich, im Verteilungskampf um vier Milliarden Euro aus dem Kommunalen Finanzausgleich sei Offenbachs Situation nicht ausreichend berücksichtigt. Die Wörter „Sauerei“ und „unangemessen“ fallen – Applaus. Dennoch: „Wir machen aus ziemlich wenig ganz schön viel – auch dank des Engagements vieler“, so Schwenke.
Brigitte Zypries, Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundeswirtschaftsministerium, zieht anschließend Vergleiche zwischen Deutschlands Ehrenämtlern und Politikern. „Beide Gruppen fungieren als Kitt, halten etwas zusammen“, so die ehemalige Justizministerin, die die Politik auf Bundesebene in den Blick nimmt. „Vier Millionen Menschen werden dank des Mindestlohns mehr Geld in der Kasse haben. Das haben sie den Sozialdemokraten zu verdanken.“
Zufrieden zeigt sich Zypries hinsichtlich der erreichten Renten-, Energie- und Pflegereform sowie in puncto doppelter Staatsbürgerschaft. Das Hochhalten eigener Wurzeln sei erwünscht. Indem sich die SPD den Chancen der Digitalisierung als Jahresthema annimmt, sei sie auf der Höhe der Zeit. Geplant sei zudem die Einführung einer Mietpreisbremse. „Maximal ein Drittel des Einkommens für Wohnraum gilt heute nicht mehr“, so die Sozialdemokratin.
150 Jahre SPD: die Geschichte
Zum Abschluss des offiziellen Teils betritt Fraktionsvorsitzender Andreas Schneider das Podium. „Wenn die Regierung Wort hält, haben wir spätestens 2018 wieder Luft zum Atmen“, hofft er auf eine Zukunft ohne finanzielles Korsett. Er betont die Stadtentwicklung als wichtig für die Zukunft Offenbachs. „Der Stadthof ist fertig, jetzt muss die Aufwertung des Marktplatzes folgen“, so der Genosse. Die vielen Baustellen im Stadtgebiet seien keinesweg wildwüchsig, sondern folgten Zielen.
Derzeit entstünden zirka 2000 neue Wohneinheiten, die dringend nötig seien. „Wenn es bei steigender Nachfrage kein Angebot gibt, steigen die Preise weiter.“ Bis zu den nächsten Wahlen 2016/2017 werde seine Partei aktiv auf die Bürger zugehen, verspricht Schneider; nicht zuletzt, um zwei Gewissheiten Offenbachs aufrecht zu erhalten: „Auf dem Bieberer Berg spielen die Kickers, und im Rathaus sitzen die Sozialdemokraten!“