Hausgemachtes Hochwasser

Bieber - Das Problem ist der Stadt seit mindestens acht Jahren bekannt. Rolf Krämer präsentiert eine Mappe voller Schriftverkehr mit verschiedenen Ämtern. Passiert ist nichts, ärgert sich der Vorsitzende des Kleingartenvereins Lehmfeld. Von Sonja Achenbach
Auf dessen Bieberer Anlage zeigt sich immer wieder das gleiche Bild: Nach starkem und lang anhaltendem Regen heißt es auf einem Großteil der Gartenflächen „Land unter“. So auch am vergangenen Wochenende: Laut Krämer waren 50 Gartenanlagen geflutet.
Betroffen ist eine Fläche von etwa einem Hektar. Tagelang steht das Wasser bis zu 30 Zentimeter hoch. „Lauben und Spielgeräte sind bei uns aus Holz, die fangen mittlerweile an zu faulen“, klagt Krämer. Eine genaue Schadenshöhe sei nur sehr schwer zu ermitteln.
Regelmäßige Hochwasser
Wie es dort regelmäßig zu dem Hochwasser kommen kann, ist schwierig nachzuvollziehen. Die Ursache für das schlechte Ablaufen von Regenwasser liegt an einem Entwässerungsgraben. Der durchfließt das Gelände „In der Heumache“ und wird entlang der Gärten durch ein unterirdisches Rohr geleitet. Am Ende der Schreberanlage darf das Wasser wieder an die Oberfläche. Rolf Krämer vermutet, dass dort einiges verstopft ist. Dringend müsste man den Lauf dort von Unrat, wuchernden Bäumen und Gräsern befreien: „Dann wäre der Bach wieder anderthalb Meter breit und könnte ordentlich ablaufen.“
Fragt man bei der Stadt, wer für das Problem oder dessen Beseitigung verantwortlich ist, stößt man auf Ratlosigkeit und wird von einem aufs andere Amt verwiesen. Ja, der Querschnitt des Rohres sei zu gering und der zugewucherte Bachlauf verhindere das Ablaufen größerer Wassermengen, wird immerhin mehrfach bestätigt.
Dienstleister ESO zuständig?

Gärtner Krämer hingegen meint: Der Dienstleister ESO sei zuständig, habe diesen Auftrag jedoch „noch nie wirklich gut erfüllt“. Dass der Eigenbetrieb angeblich dem Auftrag des Liegenschaftsamtes zur Instandhaltung nicht ordentlich nachkommt, überrascht Amtsleiter Jürgen Amberger: „Wir klären das.“ ESO-Sprecher Christian Loose verspricht nach Rücksprache mit dem städtischen Umweltamt: „Wir werden uns auch in Zukunft regelmäßig um die Säuberung des Bachlaufes kümmern.“ Bislang seien einmal jährlich der Bewuchs zurückgeschnitten und der Bachlauf gesäubert worden. Bei solchen Wassermassen wie in der vergangenen Woche sei diese Maßnahme aber offenbar nicht ausreichend. „Aber das Problem des Rückschnitts hat nicht viel mit der Überschwemmung zu tun“, meint ESO-Sprecher Loose.
Heike Hollerbach, Leiterin des Umweltamtes, sieht das ähnlich. „Wir stehen in guten Kontakt mit den Kleingärtnern“, sagt sie. Das von Rolf Krämer geforderte Freischneiden des unteren Bachlaufes löse aber nicht das Überschwemmungsproblem.
Lösung in Aussicht
Sie stellt folgende Lösung in Aussicht: Der wichtigste Punkt sei die Öffnung des unterirdischen Grabenlaufs. „Nach dem Bebauungsplan von 1989 war das auch anders geplant, als es sich heute darstellt“, so Hollerbach.
Ursprünglich sollte der Graben offen durch das Gelände laufen. „Es wurde seinerzeit wohl davon ausgegangen, dass das Hochwasserproblem bei einer offenen Grabenführung nicht in diesem Maß auftaucht.“ Wer und vor allem warum der ursprüngliche Plan nicht in die Tat umgesetzt worden ist, könne sie nicht sagen.
Nun müsste zunächst der notwendige Querschnitt des Grabens berechnet werden. Im nächsten Schritt müsste der Graben entsprechend geöffnet und auf die erforderliche Breite erweitert werden. Hollerbachs Einschätzung nach sollte das Problem damit erledigt sein. Sollte es danach weiterhin zu Überschwemmungen kommen, müsste sich das Umweltamt an die Obere Naturschutzbehörde - das ist der Regierungspräsident in Darmstadt - wenden, um in Erfahrung zu bringen, ob überschüssiges Wasser in das Naturschutzgebiet abgeleitet werden darf.
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Ebenfalls in Angriff genommen werden sollte die Renaturierung des sogenannten Bavariateiches auf dem Gelände, der ebenfalls als Auffangbecken dienen könnte. Bei allen Veränderungen müssten aber zunächst die dort beheimateten Vereine gefragt werden. Diese müssten sich mit der Stadt in Kontakt setzen. Den Kontakt hat Rolf Krämer jahrelang gesucht. Vergeblich, wie seine Mappe beweist..