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Yoga in der Mittagspause

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Offenbach - Gesunde Mitarbeiter sind ein hohes Gut für Unternehmen - deshalb helfen immer mehr Firmen ihren Beschäftigten dabei, sich fit zu halten. Von Sonja Achenbach

Stress, Dauersitzen, Fehlbelastungen – wer viel arbeitet, tut seiner Gesundheit nichts Gutes. Das wissen auch viele Unternehmen und wollen die Fitness ihrer Mitarbeiter zunehmend mit Sportangeboten fördern. Yoga und Lauftraining statt Abschlaffen im Bürostuhl heißt die Parole – das ist auch sinnvoll, weil die Arbeitnehmer in Deutschland im Schnitt immer älter werden.

Mittwochs und donnerstags tauschen die Mitarbeiter der Industrie- und Handelskammer (IHK) in Offenbach in ihrer Mittagspause die Arbeitskleidung gegen zwölf Uhr in Sportklamotten. „Seit drei Jahren gibt es bei uns einen Yoga-Kurs“, erzählt IHK-Sprecher Klaus Linke im Gespräch mit unserer Zeitung. Er selbst gehöre mittlerweile zum harten Kern. Im Durchschnitt seien sechs bis acht Mitarbeiter mit dabei. „Die Kosten des Kurses trägt die IHK“, sagt Linke. Ähnlich sportlich können die Mitarbeiter der Energieversorgung Offenbach (EVO) ihren Alltag gestalten. „Betriebssport ist seit Jahrzehnten fester Bestandteil unserer Personalpolitik“, sagt Sprecher Harald Hofmann. Yoga, Rückenfitness, Beachvolleyball, Tischtennis, Boxen, Bowling, Fußball – 13 Angebote stehen zur Verfügung. Die Kosten trägt die EVO, die Kurse selbst laufen allerdings außerhalb der Arbeitszeiten. Ein Drittel der 600 Mitarbeiter sei regelmäßig dabei. „Ich habe vor kurzem ein Kurs zur Rückenfitness besucht“, sagt Hofmann. Dort habe er Tipps für Übungen im Alltag erhalten, die er auch allein machen könne. „Das hat mir schon jetzt sehr viel gebracht“, erzählt er. Mit wenig Aufwand könne viel erreicht werden. Ganz nebenbei lerne man dort auch Mitarbeiter aus ganz anderen Abteilungen kennen, die einem sonst nicht so einfach über den Weg gelaufen wären. Ein positiver Nebeneffekt also noch oben drauf.

Typische, auch berufsbedingte Krankheitsbilder von Rückenschmerzen über Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch Bewegungsmangel bis hin zu Burn-Out und Depressionen kosten die Krankenkassen jedes Jahr Milliardensummen. Deshalb arbeiten sie mit an der betrieblichen Gesundheitsförderung: Im Jahr 2013 etwa wurden laut Präventionsbericht des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherungen deutschlandweit rund 10.000 Betriebe entsprechend unterstützt, das war ein Fünftel mehr als im Vorjahr. Rund 1,1 Millionen Arbeitnehmer erreichten die Kassen damit.

Wie notwendig solche Angebote für Arbeitnehmer sind, zeigen die Zahlen der Krankenkasse AOK in Offenbach aus dem Jahr 2013. Krankheitsmeldungen wurden im Landkreis am häufigsten wegen Problemen in den Feldern Muskel/Skelett (23,3 Prozent), Atemwege (14,6 Prozent), Verletzungen (9,6 Prozent) und Psyche (9,3 Prozent) ausgestellt. 3,7 Prozent der Erkrankten blieben mehr als sechs Wochen zuhause und vereinten knappe 37 Prozent der Arbeitsunfähigkeitstage auf sich. In der Stadt Offenbach stellt sich die Situation ähnlich dar: Auf 100 Versicherte kamen knapp 178 Krankheitsmeldungen. Die Zahl stieg damit im Vergleich zum Vorjahr um 3,2 Prozent. Jedes AOK-Mitglied in Offenbach kam 2013 statistisch gesehen auf fast 19 Krankheitstage. Die Zahl sank im Vergleich zum Vorjahr nur unmerklich. Ähnlich wie im Landkreis entfielen die meisten Krankheitsmeldungen auf Erkrankungen der Atemwege (26,8 Prozent), Muskel/Skelett (15,9 Prozent), Verdauung (9,7 Prozent) und Verletzungen (6,3 Prozent).

So sehr kann Sport Schmerzen

„Wir merken, dass das Thema einen Aufschwung nimmt“, sagt Anette Wahl-Wachendorf, Vizepräsidentin des Verbandes Deutscher Betriebs- und Werksärzte, der dpa zu betrieblichen Angeboten. An einer breiten Akzeptanz fehle es aber noch. Bewegung und Gesundheit sollten daher stärker in der Firmenkultur verankert werden. „Es muss klar sein, dass es gewünscht ist, dass die Beschäftigten auch mal um den Block gehen und sich fit halten“, sagt die Medizinerin. Zur Akzeptanz gehöre mehr als nur Sportangebote, sagt Susanne Jasper vom Vorstand der Gewerkschaft IG Metall. Die Unternehmen dürften nicht nur die Beschäftigten in die Pflicht nehmen, sondern sollten sich auch stärker um ein gesundheitsschonendes Arbeitsumfeld bemühen. Gerade wenn es um psychische Belastungen wie Zeit- und Leistungsdruck gehe, schauten viele weg.

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