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Abend im Kräutergarten bringt alte Bräuche näher

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Gespannt hörten die Besucher im beleuchteten Lehr- und Kräutergarten den Ausführungen von Regine Ebert (oberes Bild rechts) zu den Raunächten zwischen Heiligabend und 6. Januar zu.   J Fotos: Strohfeldt
Gespannt hörten die Besucher im beleuchteten Lehr- und Kräutergarten den Ausführungen von Regine Ebert zu den Raunächten zwischen Heiligabend und 6. Januar zu. © Strohfeldt

Dreieich - Die Nächte sind kurz, kalt und dunkel und bald werden sie sogar unwirklich: Denn wenn der Heilige Abend geht, beginnt um Punkt Mitternacht die Zeit der Raunächte. Von Sina Gebhardt

Was es mit dieser besonderen Zeit, die bis zum Morgen der Heiligen Drei Könige andauert, auf sich hat, erklärte Regine Ebert von der Kräuterschule Taunus am Freitagabend bei einer stimmungsvollen und überaus interessanten Veranstaltung im Lehr- und Kräutergarten in den Baierhansenwiesen in Sprendlingen. Kerzen leuchten in der Dunkelheit, wärmende Flammen kommen aus einem halben Dutzend Feuerschalen, die auf dem Gelände des Gartens verteilt sind, und um die Größte hat sich der Kreis aus dick eingemummten Menschen versammelt, die in den behandschuhten Händen Becher mit Glühwein halten. Gespannt lauschen die zahlreichen Besucher den Ausführungen zur Bedeutung der zwölf bevorstehenden Nächte, in denen „der Schleier zur Anderswelt besonders durchlässig ist“, wie Ebert erklärt.

Ihren Ursprung sollen die Raunächte übrigens in der Umstellung vom Mond- auf den Sonnenkalender haben, denn die Differenz zwischen Mond- und Sonnenjahr beträgt elf Tage. „Es ist eine unwirkliche, spezielle Zeit, die nicht hierhin und nicht dorthin gehört“, so Ebert. „Die Bräuche während dieser Nächte haben viel mit Aberglauben zu tun.“ Deshalb spielen auch Geister, Dämonen und übernatürliche Wesen eine tragende Rolle in den Geschichten zu dieser Zeitspanne. So ist die „Wilde Jagd“ eine der weit verbreiteten Volkssage, nach der Odin mit seinem Heer aus wilden Gesellen während der Raunächte durch das Land streift, um die verlorenen Seelen einzusammeln.

„Aber es ist mehr die Frage, was wir aus den alten Bräuchen machen“, betont Ebert und vermittelt viel mehr die Bedeutung der magischen Riten. Das Lagerfeuer im Kräutergarten nutzt sie, um mit ihren Zuhörern zu räuchern, ein Reinigungsritual, das bis heute gerade im Süden Deutschlands praktiziert wird. Auch die alte Sitte, dass während der Raunächte keine Hausarbeiten verrichtet werden sollen, lässt sich in seiner Bedeutung auf die heutige Zeit übertragen: „Alle Räder sollen still stehen. Man soll zur Ruhe kommen, in sich gehen und sich Zeit für sich selbst nehmen“, interpretiert Ebert diese alte Sitte.

Besinnlich und inspirierend ist diese abschließende Veranstaltung, zu der insgesamt rund 60 Besucher gekommen sind, wie Klaus Rehwald berichtet. Überhaupt war es eine gelungene Saison im Lehr- und Kräutergarten, der im Mai diesen Jahres eröffnet wurde: „Wir waren angenehm überrascht, wie gut er angenommen wurde, gerade Schulklassen und Seniorenheime haben ihn rege genutzt.“ Die Planung für das nächste Jahr ist bereits im vollen Gange und ein Programmpunkt steht bereits fest, bestätigt Klaus Thon vom Deutschen Naturheilkundemuseum: „Zur Feier des Internationalen Museumtags am Sonntag, 21. Mai, werden wir den Lehr- und Kräutergarten zur Verfügung stellen.“

Ein Veranstaltungsflyer soll im neuen Jahr eine Übersicht über das Programm im ersten Halbjahr 2017 geben, doch bis es soweit ist, haben die Pflanzen im Kräutergarten erst einmal Winterschlaf. Und ob abergläubisch oder nicht, wer sich die Raunächte nimmt, um zu entspannen und sich von altem Ballast zu befreien, der kann ebenfalls ausgeruht in das neue Jahr starten.

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