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Von einem Leben in zwei Welten

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Dieses stimmungsvolle Foto entstand bei einer der zahlreichen Reisen von Sieglinde Bordon und Vereinsmitgliedern in das kleine Dorf Barafaye.
Dieses stimmungsvolle Foto entstand bei einer der zahlreichen Reisen von Sieglinde Bordon und Vereinsmitgliedern in das kleine Dorf Barafaye. © p

Dreieich - Wie oft Sieglinde Bordon im Senegal war, weiß sie schon gar nicht mehr so genau. „Seit 2008 zwei Mal pro Jahr, davor auch schon oft“, zählt sie auf. „Ich denke, es müssten um die 20 Reisen gewesen sein." Von Manuel Schubert

Die 58-Jährige, die als Sozialpädagogin bei der Stadt arbeitet, ist Vorsitzende und Gründerin des Vereins Hilfe für den Senegal. Das Land habe sie von Beginn an fasziniert, sagt sie. Nun möchte sie den Menschen dort helfen, so gut es geht.

„Ich hatte schon immer eine Affinität zu Afrika“, erinnert sich Bordon, die in Darmstadt wohnt. Doch als sie 2003 als Teilnehmerin eines Tanz-Workshops zum ersten Mal senegalesischen Grund unter ihren Füßen hatte, merkte sie schnell: „Hier ist es friedlich, hier kann ich mir vorstellen, für ein Jahr auszusteigen.“ Ein Plan, den sie alsbald in die Tat umsetzte: Von 2005 bis 2006 lebte Bordon in der senegalesischen Hauptstadt Dakar und arbeitete dort für eine Schule mit behinderten Kindern.

Dass die Einwohner des Staates an der Westküste Afrikas dringend Hilfe benötigen, wurde ihr jedoch erst bei einer Reise in ein kleines Dorf bewusst. Mamadou Lamine Dieme, der ebenfalls als Lehrer an der Schule in Dakar tätig ist, nahm Bordon mit in seinen Heimatort nach Barafaye.

Dort hätten die Bewohner Bordon sofort um Hilfe gebeten, wenn auch nur in Form von Moskitonetzen, berichtet sie. Zurück in Deutschland, begann die Sozialpädagogin Geld zu sammeln, um diesen Wunsch erfüllen zu können. Und bei ihrem nächsten Besuch hatte sie rund 100 Moskitonetze im Gepäck - für jeden Haushalt in Barafaye eins.

Bald äußerten die Dorfbewohner ihre nächste Bitte: Eine Wasserpumpe zum Gießen der vielen Felder. Auch hierfür setzte sich Bordon ein. „Ich habe mir zum Geburtstag Geld gewünscht, damit ich das finanzieren kann“, erinnert sich die Helferin. Und so konnte auch die Pumpe bald installiert werden.

Mangel an wesentlichen Sachen

Schnell merkte Bordon jedoch, dass es an einer viel wesentlicheren Sache mangelt: medizinische Versorgung. „Viele Frauen gebären ihre Kinder im Freien auf einer Plastiktüte. Und die meisten, die sterben, hatten nur eine schlecht versorgte Schnittwunde“, erzählt sie. Eine Erstversorgerstation errichten - so lautete das neue Ziel. Da sie dieses Vorhaben aber nicht alleine stemmen konnte, rief sie den Verein ins Leben. Die Gründungsmitglieder waren jene Freunde und Verwandte, die Bordon während ihres einjährigen Senegal-Aufenthaltes besucht hatten. Mittlerweile gibt es über 60 Unterstützer, die Patenschaften für Waisenkinder übernehmen und die Projekte durch ihre Spenden möglich machen.

Der Grundriss der Erstversorgerstation steht bereits. Hinzugesellt hat sich auch ein Geburtshaus. „Wir hoffen, dass wir nächstes Jahr im Mai beide zusammen einweihen können“, sagt Bordon. Das gesammelte Geld bringt sie stets persönlich nach Barafaye. Die Baumaterialien kauft sie anschließend vor Ort. Zwei Mal pro Jahr geht es für die Sozialpädagogin in den Senegal: drei Wochen im Sommer und vier im Winter. „Mein ganzer Urlaub geht dafür drauf“, erklärt sie. Oft werde sie jedoch von Vereinsmitgliedern begleitet, damit diese sehen können, wo das Geld hingeht.

Sieglinde Bordon hat die Ausstellung im Rathaus zusammengestellt.
Sieglinde Bordon hat die Ausstellung im Rathaus zusammengestellt. © Schubert

Der Senegal sei ein sehr buntes und rhythmisches Land, betont Bordon. Tanzend sei sie bei ihrem ersten Besuch empfangen worden. „Die Menschen haben eine solche Fröhlichkeit in sich - das ist bei uns ein Stück weit verloren gegangen.“ Noch anderthalb Jahre Arbeit bei der Stadt Dreieich liegen vor ihr, dann kann Bordon noch mehr Zeit in ihrer „zweiten Heimat“, wie sie sagt, verbringen. Vor allem freut sie sich darauf, länger als nur ein paar Wochen bleiben zu können. Auf lange Sicht plane sie außerdem, eine integrative Schule zu errichten, an der behinderte und nicht-behinderte Kinder gemeinsam lernen können, verrät sie. Ganz für eins der beiden Länder entscheiden will sie sich jedoch nicht: „Ich bin glücklich, in diesen zwei Kulturen zu leben.“

‹ Im Foyer des Dreieicher Rathauses in der Hauptstraße kann man sich derzeit einen Eindruck von Sieglinde Bordons Arbeit im Senegal machen. Die Foto-Ausstellung ist noch bis Freitag, 21. September, zu sehen.

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