Korkenzieher durch die Nase gestochen

Klein-Auheim - Der Clown zeigt gelbe, messerscharfe Zähne in einem eingefrorenen Gesicht. Der Moderator spricht in ein Mikrofon, das in einem amputierten Armstumpf steckt. Von Dieter Kögel
Zwischen Zirkuskuppel und Manegenboden wird am Seil, am Ring oder an den beiden Tüchern klassische Zirkusartistik geboten - nur halt mal mit Blutflecken auf dem Outfit oder mit Kunstblut und schwarzen Augenringen im Gesicht.
Immerhin, die Verpackung des „Horror-Circus“, der noch bis zum 21. April seine Zelte auf dem Festplatz am Main in Klein-Auheim aufgeschlagen hat, ist ungewöhnlich und macht neugierig. Zur Premiere am Mittwochabend war vorwiegend junges Publikum gekommen. Jenes Alter also, das eigentlich weniger mit Zirkus am Hut hat.

Etwa 250 sitzen im großen Rund, das eigentlich Platz für die vierfache Menge an Besuchern bietet, und harren der Dinge, die da kommen sollen. Was kommt, ist dann aber zum großen Teil doch eher klassische Zirkuskunst auf dem Drahtseil und dem Rollbrett, Keulen und fluoreszierende Ringe werden in atemberaubenden Tempo jongliert, absolute Körperkontrolle ist angesagt bei der Nummer mit unzähligen Hula-Hoop Reifen, und der massive Tisch, den eine Artistin auf ihren Füßen tanzen lässt, lässt vielen Gästen den Atem stocken. Zum Durchatmen kommen die Gäste ohnehin kaum. Schnell ist die Abfolge der einzelnen Nummern. Dazu gibt es heftige Musik. „Rammstein“ zum Beispiel. Und die entsprechenden Lichteffekte. Zeit für großspuriges Sich-Präsentieren verliert keiner der Artisten. Der Gang an den Manegenrand und der herausfordernde Blick ins Publikum, so als werde taxiert, welcher Gast als nächster auf dem Grill für die After-Show-Party landen wird, müssen genügen. Und selbst der Mann, der sich nach Strich und Faden verbiegt und als Höhepunkt in einem kleinen Glaskasten verschwindet, macht kein großes Aufheben um seine Körperkunst.
Die Bilder vom „Horror-Circus“
Horrormäßig wird es relativ selten, dann aber mit Schmackes und hohem Ekelfaktor. Da fließt dann nicht nur Theaterblut. „Crazy White Sean“ spickt sich mit Nadeln, treibt sich Nägel in die Nase, lässt Feuerwerkskörper in Mund und Hintern explodieren, zieht sich einen Regenwurm durch die Nase und entlässt das Tier wieder durch den Mund, dreht sich einen Korkenzieher durch die Nasenwand und entkorkt eine Flasche Rotwein - und niemand verliest den Hinweis: „Kinder, das bitte zu Hause nicht nachmachen.“ Aber Kinder sind ohnehin nicht im Zelt. Denn der „Horror-Circus“ empfiehlt von sich aus die Altersbegrenzung ab 14 Jahren. Und was die drei Südamerikaner mit ihren Motorrädern in dem stählernen Käfig beim Finale in der Manege machen, das macht ihnen wahrscheinlich ohnehin niemand nach.
Weitere Aufführungen gibt es am 19. April um 20 Uhr und am 20. und 21. April jeweils um 18 Uhr.