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Kleiner Bär mit großer Geschichte

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Seit 50 Jahren steht der Meilenstein in der Berliner Allee. Zu seiner Einweihung am 13. August 1963 begrüßte Bürgermeister Wilhelm Umbach (links) den Bezirksbürgermeister von Spandau, Ernst Liesegang.
Seit 50 Jahren steht der Meilenstein in der Berliner Allee. © Strohfeldt

Langen - Der Bär steht auf den Hinterbeinen, reckt seine Nase in die Höhe, darunter steht der Schriftzug „Berlin“: Täglich fahren hunderte Menschen an dem gut 1,2 Meter hohen Denkmal auf dem Mittelstreifen der Berliner Allee in Höhe des Forstrings vorbei.

Es erinnert an die Zeiten des Ost-West-Konfliktes und an die Freundschaft mit einer ganz besonderen Stadt – und es wurde heute vor 50 Jahren eingeweiht. Michael Schmidt von der städtischen Pressestelle hat die Geschichte aufgearbeitet.

So putzig das Bärenbild heute anzusehen ist, einst war es ein regelrechtes Politikum vor dem Hintergrund des Berliner Mauerbaus. Der jährte sich bei der Einweihung des Langener Meilensteins am 13. August 1963 zum zweiten Mal. Es waren aufgewühlte Zeiten. Anfang des Monats war ein Mann im Harz an der „Zonengrenze“ vor den Augen von Urlaubern erschossen worden. Während die DDR ihren sogenannten Schutzstreifen an der Berliner Mauer ausbaute, reiste US-Präsident John F. Kennedy im Juni in die geteilte Stadt und hielt seine Rede mit den berühmten Worten „Ich bin ein Berliner“.

Zur Einweihungsfeier des Meilensteins in Langen war Spandaus Bezirksbürgermeister Ernst Liesegang angereist, der zusammen mit dem damaligen Stadtoberhaupt Wilhelm Umbach das Denkmal enthüllte. Es war ein hochsymbolischer Akt, die Feuerwehr sperrte mit ihrer Flagge die Straße und an Masten hingen sowohl die Fahnen von Berlin als auch von Langen. Anwesend waren Bundestagsabgeordnete, ein Regierungspräsident sowie der Landrat. 50 Sänger der Gesangsvereine Liederkranz, Frohsinn, der SSG sowie der TV-Spielmannszug begleiteten die Veranstaltung.

Steine alle 100 Kilometer

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Zur Einweihung des Meilensteins am 13. August 1963 begrüßte Bürgermeister Wilhelm Umbach (links) den Bezirksbürgermeister von Spandau, Ernst Liesegang. © Stadtarchiv

Liesegang sagte in seiner Rede: „Ihr Entschluss, die Einweihung des Berlin-Meilensteins am 13. August stattfinden zu lassen, ist für uns Berliner nicht nur ein sichtbarer Beweis der Verbundenheit mit der deutschen Hauptstadt, sondern auch ein Zeichen dafür, dass dieser Tag für die Bürger mehr bedeutet als ein Lippenbekenntnis.“ Der Bezirksbürgermeister geißelte nicht nur das Ulbricht-Regime, das den Ostsektor Berlins und die Zone in ein einziges „Konzentrationslager“ verwandelt habe. Er beschrieb seinen Langener Zuhörern auch den Alltag in Berlin und lud sie zum Besuch ein. Der Meilenstein solle stets daran erinnern, dass der Weg dorthin nicht allzu weit und die Langener jederzeit willkommen seien.

Seit Mitte der 50er Jahre gab es viele deutsche Städte, die auf diese Art ihre Solidarität mit Berlin bekundeten. Dahinter stand der Verleger Gerd Bucerius, damals Berlin-Beauftragter der Bundesregierung. Er regte an, dass auf den Autobahnen alle 100 Kilometer solche Steine stehen sollten. Manche landeten nach der Deutschen Einheit im Depot, einige Städte haben das Beton-Kunstwerk als historisches Symbol wiederentdeckt. Das Motiv stammt von der Berliner Künstlerin Reneé Sintenis. Die Bildhauerin und Grafikerin hat unter anderem das Vorbild für die goldenen Bären geschaffen, die alljährlich auf der Berlinale verliehen werden.

Neue Bleibe in Langen

Warum erhielt aber gerade Langen einen Meilenstein? Einen Hinweis gab Bürgermeister Wilhelm Umbach in seiner damaligen Rede. Er sagte: „Langen hat Berlin und der Zone nicht nur Gedanken gewidmet, sondern in Form von Wohnungsbauten den Menschen geholfen, die von dort zu uns kamen. Und eine Straße widmeten wir dem ständigen Gedanken an Berlin: die Berliner Allee.“

Viele Berliner hatten in Langen eine neue Bleibe gefunden – in den 70er Jahren gründete sich eine Gruppe des Bundes der Berliner und Freunde Berlins, der viele Veranstaltungen und Reisen organisierte. Die Initiative für den Gedenkstein ging indes von der Jungen Union aus. Sie wollte den Stein allerdings am 17. Juni – dem Gedenktag an den Arbeiteraufstand in der DDR – und nicht im August einweihen. Doch die Verwaltung entschied sich anders. Der Berliner Bär wurde an dem Tag enthüllt, an dem Machthaber in Pankow die geteilte Stadt völlig „zerrissen hatten“, wie es in der Langener Zeitung damals hieß.

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