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Offene Künstlergruppe „Art.2“ stellt aus: „Lieblingsstelle“

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Claudia Böhm (links) erklärt Besuchern ihren Beitrag zum Ausstellungsthema „Lieblingsstelle“ im Altheimer Arthaus. - Foto: Just
Claudia Böhm (links) erklärt Besuchern ihren Beitrag zum Ausstellungsthema „Lieblingsstelle“ im Altheimer Rathaus. © Just

Altheim - Bei „Lieblingsstellen“ denken die meisten Menschen an ihre Kuschelecke zuhause, einen Platz im Garten oder an Urlaub. Vor allem bei Künstlern wird der Begriff aber weiter gefasst – und geht dabei auch in den abstrakten Bereich. Von Michael Just

Das macht die gegenwärtige Schau im Altheimer Arthaus deutlich, die höchst unterschiedliche Interpretationen bereithält. „Wenn man bei den Suchmaschinen im Internet Lieblingsstelle eingibt, dann kommen Verweise zu Zecken, über die Bibel bis hin zu Filmen“, verdeutlicht Kristin Wicher, eine der Ausstellerinnen im Altheimer Arthaus. Ihr Kollege Hans-Peter Schmücker sieht die enorme Bandbreite ähnlich: „Es gibt eine innere und eine äußere Annäherung zum Thema. Das reicht von einer emotional berührenden Liedzeile bis hin zu einem fernen Ort.“

Hinter der aktuellen Schau steht die offene Künstlergruppe „Art.2“. Der Name leitet sich von Artikel zwei des Grundgesetzes ab, der besagt, dass jeder das Recht auf freie Persönlichkeitsentfaltung hat. Unter den verschiedenen Gruppen und Angeboten im Arthaus haben sich unter „Art.2“ bildende Künstler aus der Umgebung zusammengeschlossen. Die Kooperation entstand über eine Anzeige, die zum Kollektiv einlud. Bei einem Brunch lernte man sich kennen. Für „Art.2“ ist es die erste Gemeinschaftsausstellung. Das Motto „Lieblingsstelle“ wurde aus rund 30 Vorschlägen ausgewählt. An der Schau beteiligen sich 13 Künstler, rund die Hälfte kommt aus Münster und Altheim. Jeder stellte zwischen ein und vier Bilder zur Verfügung.

Zur Eröffnung spielte die Jazz-Kombo „First Circle“ eigenwillige Selbstkompositionen, die hervorragend zum Gezeigten passen. Ein Teil der Werke suchten die Kunstschaffenden aus ihrem Fundus passend zum Motto aus, andere wurden speziell angefertigt. Da die Überschrift im Februar gewählt wurde, bestand dafür genügend Zeit. So ergänzte Horst Käse seine bereits vorliegenden Stillleben „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein“ und „Zum Abschluss Käse, das ist fein“ mit „Darf es noch ein Schoppen sein“. Die Jausenbretter zeigen auf, dass der Babenhäuser seine persönliche Lieblingsstelle in Verbindung mit Gaumenfreuden sieht. Mit einer sozialkritischen Rauminstallation macht Kristin Wicher auf sich aufmerksam: Im zweiten Stock hatte die Altheimerin zur Vernissage ein Bett aufgestellt, vor dem ein Freund in einer Schweinsmaske TV schaute. Der Anblick lenkte den Fokus auf das Bett als Lieblingsstelle, führte aber parallel vor Augen, dass am inneren Schweinehund viele Aktivitäten scheitern.

Die 42-Jährige gehört zu den treibenden Kräften im Ort, die sich zuvor dafür einsetzten, das leerstehende Rathaus für kulturelle Zwecke zu nutzen. Wie tiefgreifend das Thema von „Art.2“ die Künstler beschäftigte, offenbart Claudia Böhm. Die derzeitigen Kriege in der Welt riefen bei ihr gehörige Zweifel am Motto hervor: „Ich habe einen Platz zum Zurückziehen, während in Syrien und andernorts Menschen sterben“, äußerte die 48-Jährige zu Beginn. Über den Dadaismus fand sie dann doch eine Möglichkeit weiterzumachen und schuf eine Collage auf Holz mit dem Titel „Oder doch nicht?“.

Hinter dem Dadaismus, der vor 100 Jahren entstand, verbirgt sich für sie mehr als eine wilde, anti-bürgerliche und oft als unsinnig angesehene Kunst. „Er ist auch der Kampf gegen die Unmenschlichkeit und die Grausamkeit des Krieges. Nur dieser Blickwinkel ermöglichte, dass ich mich mit meiner Lieblingsstelle arrangierte“, erklärt Böhm.

Auf die absolute Freiheit der Kunst beruft sich Hans-Peter Schmücker in seinem Werk „Keine Stelle“. Der Münsterer malte ein Bild, das das Motto konterkariert. Inspiriert von einem Gemälde von Willem de Kooning und zwei Gedichten von Brecht und Rilke schuf er mit Ölfarben eine große weiße Fläche in Verbindung mit einer abstrakten Landschaft. Die naturnahen Farben symbolisieren Himmel, Licht oder Wasser. Eine Erklärung von Schmücker ist schriftlich beigefügt: „Die Festlegung auf eine einzige Lieblingsstelle erschien mir angesichts meines Credos von der Poesie der Vielfalt und dem Wissen, dass auf der Welt alles Eins ist, nicht möglich. Schließlich eröffnet gerade die Kunst seelenbegabten Menschen die Wahrnehmung stets neuer Lieblingsstellen.“

Die Ausstellung von „Art.2“ ist noch am nächsten Sonntag, 30. Oktober, im alten Rathaus an der Hauptstraße in Altheim von 15 bis 17 Uhr zu besichtigen.

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