„Sleep Happens“: Kunst eher ausgeschlafener Art

Altheim - Ein Singer-Songwriter, eine Theater-Improvisation mit Gästen sowie eine Tanzperformance unterhielten gut drei Dutzend Besucher im „ARThaus“. Von Thomas Meier
Eingeladen zu „Sleep Happens“ hatten die Kollektivschläferinnen Annika Keidel und Hannah Schassner, die von Oktober bis Dezember in Altheim ihr Schlafdomizil aufgeschlagen haben. „Das Imperium schläft zurück“ – Unter solch einer Überschrift war das Happening auch was für Schlafmützen; für ausgeschlafene freilich. Mittlerweile machten die beiden Kollektivschläferinnen, die 24-jährige Tänzerin und Choreografin Keidel und die 27 Jahre alte Theaterregisseurin und Dramaturgin Schassner, eine Menge Leute mit vielen Aktionen neugierig auf ihr Treiben in selbsternannter Kuschelzone, genannt „ARThaus“. Das Schlafprojekt, das vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst unterstützt wird, fand seit seinem Start vor einem Monat zehn Kooperationspartner, darunter drei Kitas, die Theater-AG der Schule auf der Aue oder die Bewohner und Betreuer der Asylunterkunft in Münster. Hier überraschte das Schläferinnen-Kollektiv mit Theater- und Rollenspielen, mit „bewegungsaffinen Methoden, die sich zwischen zeitgenössischem Tanz und Sprech-Theater im Dazwischen ansiedeln“, wie es Hannah Schassner ausdrückt.

Die beiden Freischaffenden arbeiten im Auftrag von Flux, wohinter der Verein zur Förderung der Zusammenarbeit von Theater und Schulen in Hessen steckt. Schülern aus dem ländlichen Raum soll die wichtige Erfahrung des Theaterspielens vermittelt werden, aber auch die Bürger und Theaterinteressierten auf dem Land mögen vom Projekt profitieren. Rund 20.000 Euro lassen sich die Landes-Initiatoren die kollektive dreimonatige Schläferei im „ARThaus“ kosten. Nun jedoch konnten zum „Sleep Happens“ die gesetzteren Semester vom süßen Schlaf kosten. Ein Rundumschlag erwartete die Traumtanz-Willigen, wenngleich darunter keinesfalls ein tiefeneinschläfernder Knockout gemeint war. Musik, Tanz, Theater, Bildende Kunst und die hellwache Auseinandersetzung mit allem waren gefordert.
Den Besuchern wurde am Eingang zum zurückschlafenden Imperium ein Boarding Pass überreicht. Nebst Leuchtbändchen, damit auch ja kein Schlafwandler verloren gehe. Im „Gate one“, dem Ex-Rathaus-Untergeschoss, gab es wie im Überflieger Sicherheitsanweisungen, ein Betthupferl, ein Schlummertrunk sowie Schläfer-Aufgaben. Im Obergeschoss („Gate two“) warteten Musik, Tanz, Theater und ein „Kaffee unser“ auf die Tiefenentspannten. Die Aufgaben für die „ART-Schläfer“ waren teilweise ebenso ominös wie die für unentdeckte Agenten aus Spionagefilmen. Da galt es etwa, eine Stellung solange einzuhalten, bis einem mindestens ein Bein eingeschlafen war. Mit Zahnbürsten sollten Dämmerzustände abgewehrt oder der drohende Sekundenschlaf verhindert werden.
Auch wenn das Licht geradezu einen Dämmerschlaf provozierte, so pennte beim dreiviertelstündigen Beitrag des Singer-Songwriters Philipp Stenger niemand ein. Sein Wohnzimmer-Konzert im zum Schlafgemach umgewandelten ehemaligen Rathaus-Sitzungssaal war indes so erholsam wie ein Nickerchen. Derart ausgeruht, durften die Gäste dann die „Charakterschläfer“ bestaunen. Die beiden Kollektivschläferinnen luden zur Theater-Improvisation unter Einbeziehung ihrer noch munteren Schlafgäste ein. Und mit „Halbschlafvollmondgeflüster“, einer gar nicht müden Tanzperformance, endete schließlich das Programm, dem sich schlaftrunkene Gespräche anschlossen.