Wo Innovation und Mut zählen

Neu-Isenburg - Gestern fegt ein besonderes Starthilfe-Lüftchen durchs Rathaus: Mit großem Bahnhof präsentiert sich die Hugenottenstadt in der Magistratspressekonferenz als federführender Gastgeber für die 13. Hessischen Gründertage.
Am 18. November sollen im festlichen Rahmen in der Hugenottenhalle besonders erfolgreiche Existenzgründer aus dem ganzen Bundesland prämiert werden. Wenn in Neu-Isenburg nach einem Gründer-Vorbild gesucht wird, um dem Thema ein Gesicht zu geben, dann fällt die Wahl schnell auf Volkan Sanverdi. Denn der Geschäftsführer der Firma Chip 1 Exchange, einem Distributor für elektronische Bauelemente mit Sitz in Isenburg, hat eine echte Bilderbuchkarriere hingelegt. Bereits mit Anfang 20 wagte er mit zwei Mitstreitern den Sprung ins kalte Wasser der Existenzgründung. Heute, 14 Jahre später, beschäftigt die Firma 150 Mitarbeiter, davon allein 70 in Isenburg. Sein international tätiges Unternehmen profitiere vor allem auch „von der Vielfalt in der Region“, betont der 37-Jährige, der sich selbst als „Deutscher mit Migrationshintergrund“ sieht. Er ist in Frankfurt geboren, seine Eltern stammen aus der Türkei. „Ob Italiener, Russe oder Türke, wir beschäftigen größtenteils Mitarbeiter mit Migrationshintergrund, die andere Sprachen sprechen und so optimal unsere Kunden im Ausland betreuen können“, erläutert Sanverdi.
Dieses Beispiel sei kostbar, „um anderen Mut zu machen und zu zeigen, dass auch Migranten sehr erfolgreich gründen können“, sagt Projektmanagerin Elisabeth Neumann vom „Initiativkreis Gründertage Hessen“, der den Gründerpreis verleiht. Deshalb sei es so wichtig, dass man Chip 1 auch für eine Unternehmenspräsentation ins Boot habe holen können für den Hessischen Gründerpreis, dessen regionaler Partner in diesem Jahr Neu-Isenburg ist. Gemeinsam mit Bürgermeister Herbert Hunkel stellt Neumann gestern den Ablauf der diesjährigen Kampagne vor. Eine Gelegenheit, die der Rathauschef gerne nutzt um zu betonen, dass er seine Stadt als guten Nährboden für unternehmerische Kreativität und wirtschaftlichen Erfolg sieht. Hunkel: „Wir freuen uns, dass dieses Jahr Neu-Isenburg Austragungsort für den Gründerpreis ist. Denn die Stadt ist die stärkste Wirtschaftskraft im Kreis Offenbach. Hier finden junge Unternehmer ideale Rahmenbedingungen für Existenzgründungen.“
Er hoffe natürlich, „dass auch Preisträger aus Isenburg dabei sein werden“. An lokalen Beispielen mangelt es bekanntlich nicht. Siehe etwa Claudia Domnik. Wie berichtet, schaffte die Frau hinter der Firma „Kuchenseppel“ es nicht nur 2013 ins Halbfinale des Gründerpreises, sie wurde 2014 auch mit dem bundesweiten Werner-Bonhoff-Preis-wider-den-Paragrafendschungel ausgezeichnet. Hessens Beste werden am 18. November in der Huha bei einer Gala gekürt. Auch Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir, der die Schirmherrschaft für die Gründertage übernommen hat, hat sein Kommen angekündigt und wird die Preise verleihen.

Junge Existenzgründer, die nicht länger als fünf Jahre auf dem Markt sind, können sich ab sofort (bis 16. September) bewerben. Die Auszeichnung wird wie in den Vorjahren in drei Kategorien vergeben: In der Kategorie „Mutige Gründung“ gehe es um Firmen, die aus einer schwierigen persönlichen Situation gestartet seien, insbesondere – aber nicht nur – Gründungen aus der Arbeitslosigkeit, erläutert Neumann. In der Kategorie „Geschaffene Arbeitsplätze“ werde die Zahl und Qualität der geschaffenen Jobs prämiert. In der Kategorie „Innovative Geschäftsidee“ würden neue Produkte oder Dienstleistungen ausgezeichnet. Im vergangenen Jahren bewarben sich laut Neumann je rund 90 Unternehmen.
Auch der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Offenbach, Markus Weinbrenner, ist zur Präsentation gekommen und lobt Werdegänge wie den von Volkan Sanverdi. Es sei bemerkenswert, wie der Isenburger seinen Weg gegangen sei, betont Weinbrenner. Auf die Frage, ob er allgemeine Zahlen nennen könne zu Erfolg oder Misserfolg von Gründern, antwortet der IHK-Mann, es gebe zwar keine exakten Erfolgsquoten, zumal sehr viele Faktoren eine Rolle spielten. „Ungefähr die Hälfte ist nach drei Jahren noch am Markt“ so laute die grobe Faustregel. Jedoch sei ein Abbruch nicht automatisch gleichbedeutend mit Scheitern. „Es können sich ja auch neue berufliche Wege eröffnet haben.“ Als Wirtschaftsförderer durch und durch hat der Bürgermeister für die Präsentation neben Gesandten von IHK oder Arbeitsagentur auch gleich diverse lokale Sponsoren zum Pressegespräch geladen. Einer von ihnen ist Frank Klaus vom Büro „Klaus & Partner“, das unter anderem Gründer in der Region betreut. „Jeder Gründer übertritt in den ersten zwei Monaten seiner Selbständigkeit fünf Gesetze, deren Namen er vorher noch nie gehört hat“, nennt Klaus eine von vielen Herausforderungen, die zu meistern seien.