Ein Reisefieber in Pastell

Obertshausen - Der Herbst bricht an – und mit ihm die Sehnsucht vieler Menschen nach warmen Ländern oder Strandspaziergängen. Die passende Zeit für Alice Schütte. Seit 1999 hat sich die freischaffende Künstlerin auf Urlaubsszenerien spezialisiert. Von Simon Broll
Eine Auswahl ihrer Arbeiten ist nun im „Atelier im Garten“ zu bewundern. Zum ersten Mal präsentiert die Wahlobertshausenerin ihre Werke in der eigenen Heimatstadt. „Sundowner“ heißt die Ausstellung, die seit Samstag die Kunsträume von Galerist Jörg Engelhardt in der Seligenstädter Straße ziert. Auf 19 Bildern ruft Schütte Urlaubsgefühle wach: Sanddünen an der Nordsee, Palmenpromenaden des südfranzösischen Ferienortes Juan-les-Pins oder italienische Altstädte mit Brunnen und Pflastersteinen sind zu sehen. Dazwischen taucht immer wieder das Meer auf, in großen Acrylgemälden, dargestellt als tobendes, wellenbrechendes Naturspektakel unter blauem Himmel.
Die Liebe zum Wasser wurde Schütte in die Wiege gelegt. Ihr Vater, ein Matrose, fuhr mit der Familie in den Ferien immer an Küstenstädte. „Ich verbinde Urlaub automatisch mit Stränden“, erklärt die Malerin. „Bergausflüge oder Skifahrten kannten wir einfach nicht.“
„Viele Kinder haben verlernt, richtig hinzusehen“
Schon als Kind begann Schütte, diese Naturlandschaften auf Papier zu bannen. Aus dem Hobby entwickelte sich für die gebürtige Frankfurterin auch der Berufswunsch. Heute arbeitet sie als Kunst- und Sportlehrerin an der Geschwister-Scholl-Schule in Bieber. Und versucht, ihren Schülern Lust an der Malerei zu vermitteln. „Viele Kinder haben verlernt, richtig hinzusehen“, meint Alice Schütte. „Sie lassen sich von Computer und Fernseher so lange berieseln, bis sie gar nicht mehr wissen, wie Gegenstände im richtigen Leben aussehen.“ Deswegen legt die 45-Jährige großen Wert auf realistische Darstellungen. In ihrem Unterricht lernen Schüler vor allem Grundtechniken der Zeichenkunst. „Das Skelett der Malerei“, wie Alice Schütte es nennt. Und auch in ihren eigenen Arbeiten achtet sie auf naturgenaue Farbgebung und Proportionen. Abstrakte Kunst verkaufe sich einfach nicht so gut, erklärt die Malerin. Da richte sie sich schon nach den Vorlieben der Kunden: „Schließlich möchte ich, dass meine Arbeiten auch an anderer Menschen Wänden hängen.“
Mit der Kamera auf Motivsuche
Viele Bilder basieren auf Fotografien. Während Urlauber für gewöhnlich am Strand liegen oder Muscheln sammeln, begibt sich Schütte in den Ferien mit einer Digitalkamera auf Motivsuche. Ihr Ziel i
Bis 21. Oktober sind die Gemälde im „Atelier im Garten“ (Seligenstädter Straße 11) zu sehen, jeweils am Wochenende von 16 bis 18 Uhr.
st, „den besonderen Augenblick“ einzufangen. Den Moment etwa, wenn die Wellen brechen. Oder den Zeitpunkt, wenn die Sonne durch Baumwipfel scheint und einen Waldweg in märchenhaftem Licht erstrahlen lässt. Die Fotos landen im Archiv und werden zu Serien gebündelt. Je nach Motiv nutzt Schütte entweder Acrylfarben oder Pastellkreide, um ihre Landschaftsbilder zu erschaffen. Die Gemälde, oft menschenleer, laden zur langen Betrachtung ein – und sind perfekte Projektionsflächen für eigene Wünsche.
„Ich möchte mit meinen Arbeiten Sehnsüchte wachrufen“, erklärt die Künstlerin. Das ist ihr mit „Sundowner“ geglückt. Schon bei der Vernissage überfiel manchen Besucher das Reisefieber.