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Stalking-Opfer berichtet: Die Angst bleibt immer

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Von: Simone Weil

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Ein Signal gegen die Gewalt an Frauen setzt die Stadt Rodgau mit der Fahne von Terres des femmes, die am Vormittag des Gedenktages am 25. November gehisst wurde.
Ein Signal gegen die Gewalt an Frauen setzt die Stadt Rodgau mit der Fahne von Terres des femmes, die am Vormittag des Gedenktages am 25. November gehisst wurde. © Weil

Jügesheim - Gewalt gegen Frauen kann viele Formen haben. Auch Nachstellen und Belästigen gehört dazu: per Mail, SMS, Anruf oder leibhaftig. Von Simone Weil

Welche beängstigenden Ausmaße dieser Psychoterror annehmen kann, schilderte Christine Doering unter dem Motto „Stalking – Die Angst ist ein ständiger Begleiter“. Auf Einladung der städtischen Gleichberechtigungsstelle und des Frauennetzwerkes sprach sie anlässlich des offiziellen Gedenktags „Nein zu Gewalt an Frauen“ am 25. November im Stadtverordnetensitzungssaal.

Die sympathische Frau, die sich inzwischen als Aktivistin gegen Stalking engagiert, hat am eigenen Leib erlebt, was es heißt, über zweieinhalb Jahre belästigt und bedroht zu werden. Ihr ehemaliger Partner terrorisierte sie, nachdem sie ihn verlassen hatte. Sie erzählte von der ersten Verliebtheit, dem Frühstück am Bett und den Kerzen an der Badewanne bis hin zu den Morddrohungen und ihrer Todesangst. Sie sprach vom schnellen Zusammenziehen und ersten Warnsignalen, die in stressigen Situationen auftauchten: Als ihr Freund seine Arbeit verlor, trank er häufiger, wurde aggressiv und begann, sie systematisch zu demütigen.

Doering schilderte, wie sie dennoch Entschuldigungen für seine Situation fand. Schließlich kam ein Kind, irgendwann die Trennung und der Umzug in die eigene Wohnung. Dann legte der Ex-Freund erst richtig los: Anrufe, nächtliche Besuche, Drohungen. Nachts verbarrikadierte sie sich und schlief erst wieder einigermaßen, als ein Panzerriegel an ihrer Wohnungstür angebracht worden war. „Ich hatte extrem Albträume, Magenschmerzen und mein Leben wurde immer weiter eingeschränkt.“

Ihr Peiniger wurde nach einer quälend langen Zeit von zweieinhalb Jahren zu einer Bewährungsstrafe verurteilt und zog weg. Danach herrschte zwar Ruhe, doch die Angst bleibt. Die Referentin berichtete von ihren Erfahrungen mit Polizei, Jugendamt und Justiz, Anzeigen, Gutachten und Gerichtskosten. Inzwischen ist sie zur Fachfrau geworden, will anderen Betroffenen Hilfe leisten, die Menschen in den beteiligten Institutionen für den Umgang mit dem Thema sensibilisieren und die Situation für die Opfer verbessern (www.stalking-justiz.de).

In der von der Stadtverordneten Karin Wagner (Grüne) moderierten Diskussion gaben weitere Expertinnen Tipps. Doering riet Betroffenen, sich unbedingt schnell Beratung und auch psychotherapeutische Hilfe zu holen. Kriminalhauptkommissarin Martina Veiel-Wolf empfahl ein Stalking-Tagebuch, um die Vorfälle präzise dokumentieren zu können und Susanne Knörzer vom Verein Frauen helfen Frauen betonte, dass es auch für mittellose Frauen Hilfen gibt.

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