„Das gibt dann Note 6“: Carsten Maschmeyer schimpft auf unvorbereitete „Die Höhle der Löwen“-Gründer

Carsten Maschmeyer ist seit Jahren das Gesicht der erfolgreichen Vox-Show „Die Höhle der Löwen“. Im IPPEN.MEDIA-Interview wirft der Investor einen Blick hinter die Kulissen und verrät, was in der Start-up-Branche abseits des Fernsehbildschirms anders läuft. Von unvorbereiteten Gründern hat er indes genug.
Köln - Aus „Die Höhle der Löwen“ (alle News zur Vox-Show) ist Carsten Maschmeyer (62) nicht mehr wegzudenken. Seit sage und schreibe elf Staffeln gehört das Format, in dem aufstrebende Erfinder mit teils fantastischen, teils kuriosen Ideen auf den ganz großen Wurf hoffen, zu den absoluten Quotenhits. Der Unternehmer selbst fühlt sich in der Vox-Sendung bestens aufgehoben – auch, wenn er sich hier und da über manch unvorbereiteten Gründer sehr ärgern muss, wie der 62-Jährige im Interview mit IPPEN.MEDIA verrät.
Carsten Maschmeyer hält „Die Höhle der Löwen“ für realitätsnah – Vox-Show mit „kleinen Abweichungen“
„Die Höhle der Löwen“ arbeitet den Start-up-Markt als massentaugliche Unterhaltungssendung auf. Inwieweit ist das, was dort stattfindet, ein realistisches Abbild der Branche?
Es ist absolut nah an der Realität – mit kleinen Abweichungen: Die Pitches im Studio an einem Aufnahmetag dauern im Schnitt eine gute Stunde, manchmal sogar zwei. Dann werden die Highlights, wie etwa bei einer Sportsendung, zu einem ‚Best-of‘ zusammengeschnitten.
Denn bei den achtzig Pitches in einer Staffel müssen wir natürlich bestimmte Fragen immer wieder stellen – etwa, wie sich die Gründer kennengelernt haben, wie sie auf den Firmennamen gekommen sind, ob sie den Markt und natürlich ihre Zahlen im Details kennen. Die Zuschauer möchten diese sich ähnelnden Fragen nicht in jedem Pitch hören, daher werden die Pitches stellenweise eben geschnitten.
Es gibt zudem noch eine Besonderheit, die auch für uns Löwinnen und Löwen sehr ungewohnt ist: Wir antworten und fragen vor vier konkurrierenden Investoren. Das ist in der Realität nicht so, hat aber natürlich auch den Charme, dass zwei oder drei Investoren hin und wieder eine Koalition bilden.

Inwieweit spielt die Tatsache, dass es sich um eine Unterhaltungssendung handelt, eine Rolle, wie ein Produkt diskutiert wird? Beeinflussen diese ‚anderen‘ Rahmenbedingungen gar die Entscheidungsfindung?
Auch das ist sehr realitätsnah mit einem deutlichen Unterschied: Wir Löwinnen und Löwen wissen vorab nicht, wer kommt – das ist im echten Investoren-Leben natürlich anders! Denn normalerweise informiert man sich zuvor über das Unternehmen, den Markt und etwaige Konkurrenz. Das passiert bei „Die Höhle der Löwen“ nicht und ist auch so beabsichtig, nur so bleibt es für die Zuschauer und uns spannend.
Außerdem steht hinter jedem Investor normalerweise ein erfahrenes Team, in dem jeder eine bestimmte Aufgabe übernimmt. Diese Leute sind am Set nicht dabei. Hin und wieder würde ich gerne schnell während der Pitches mit denen telefonieren, um mir zusätzliche Informationen zu besorgen, aber das geht natürlich nicht. Ansonsten läuft alles sehr realistisch ab.
Und noch eine Besonderheit: Gute Start-ups sind auch außerhalb der „Höhle der Löwen“ immer heiß umkämpft und haben Angebote mehrerer Investoren. Da werden die Rollen also schnell mal vertauscht und plötzlich muss der Investor pitchen, also um das Startup kämpfen. Da geht es dann nicht immer nur ums Geld, sondern wie der Investor noch zusätzlich unterstützen kann, etwa durch Knowhow, Kontakte oder spezielle Branchenerfahrung.
Carsten Maschmeyer verrät klassische „Höhle der Löwen“-Fehler – „Das gibt dann Note 6!“
Was ist ein klassischer Fehler, den „Die Höhle der Löwen“-Gründer häufig begehen?
Eigentlich ist es ganz einfach: Wer gründen möchte, braucht eine Idee! Wenn ich schon höre, dass jemand etwas gegründet hat, nur weil er etwas gründen wollte, sind das für mich Möchtegern-Gründer. Die Idee ist wichtig!
Wenn Gründer scheitern, dann häufig aus fünf Gründen: Beratungsresistenz und mangelnde Selbstreflexion. Dann überschätzen manche den eigenen Innovationsvorsprung, denn der ist durch die Globalisierung mittlerweile viel geringer als früher. Oft wird auch die Bedeutung des Vertriebs unterschätzt. Zudem fehlen manchen Gründungsteams entscheidende Kompetenzen, also wenn das Team in seinen Fähigkeiten nicht komplementär zueinander ist – ein Punkt, den ich auch manchmal in „Die Höhle der Löwen“ kritisiere. Und schließlich, mit das Wichtigste: Das Fehlen von guten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
In London gibt es hierzu ein Sprichwort: „You are who you hire.“ Der Unterschied zwischen einem guten und einem großartigen Unternehmen sind die Leute, die dafür arbeiten. Deutsche Start-ups stellen oftmals lieber Mitarbeiter ein, die nicht so teuer sind, damit das Geld der Investoren noch länger reicht. Gute Mitarbeiter rechnen sich aber, entweder durch kreative Ideen, ein gutes Netzwerk oder eben erzielte Umsätze. Kosten für gute Talente sind Löhne, die sich rechnen – die verringern das Geschäftsergebnis nicht, sondern verbessern es!
Wo wir schon über das Scheitern sprechen: Was ist der prägendste „Die Höhle der Löwen“-Dealbreaker für Sie?
Wenn Gründer eine Verkettung gleich mehrerer, ungünstiger Rahmenbedingungen verkörpern: Sie kommen nicht aus der Branche, kennen ihre Zahlen nicht und verlangen eine zu hohe Bewertung. Wer auf naheliegende Fragen nicht gut antworten kann, hat bei mir keine Chance.
Denn das muss man ja erwarten können, dass jemand die Sendung vorher zweimal geguckt hat, dann weiß er oder sie ungefähr, welche Fragen gestellt werden. Wer schlecht vorbereitet ist und trotzdem vor die Kamera tritt, das ist für mich so, als hätte sich jemand in der Schule auf einen Test nicht richtig vorbereitet. Das gibt dann Note 6!