300 Jahre Geschichte: Fachwerkhaus für Denkmalschutzpreis nominiert

Sanieren, renovieren, rekonstruieren: Damit hat sich Christian Sämann in den vergangenen 17 Jahren beschäftigt. Das Fachwerkhaus im Kreis Gießen kann sich mittlerweile sehen lassen.
Wettenberg - Ganze 300 Jahre ist das Fachwerkhaus in Wettenberg kurz unter der Burg Gleiberg alt. 1723 wurde es nach einem Brand neu gebaut. Aber ein Haus bleibt nicht im guten Zustand, wenn man sich nicht kümmert. Dieser Aufgabe hat sich Christian Sämann angenommen, als ihm klar wurde, welch schönes Fachwerk unter dem Putz schlummert. Seit 2006 renoviert er das Fachwerkhaus. Er hofft, dieses Jahr fertig zu werden.
Neben dem nun wieder für Wohnzwecke geeigneten Fachwerkhaus befinden sich noch eine Scheune und ein Torhaus auf dem Grundstück. Die Scheune sah 2006, als Sämann anfing, am schlimmsten aus. »Sämtliche Schwellen mussten wir erneuern und einiges am Fachwerk neu machen«, erzählt er. In Zusammenarbeit mit einem Zimmermann hat der Rentner viel Zeit und Mühe in das Grundstück gesteckt.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Die typischen Holzbalken im Fachwerk-Muster, dazu schöne Holzfenster. Dass es heute so aussieht, wie es aussieht, ist Sämanns Rekonstruierung zu verdanken. Denn in den 300 Jahren hatten die wechselnden Besitzer verschiedene Arbeiten an dem Haus vorgenommen. Das Gefüge des Fachwerkes war gestört, unter anderem durch die eingebauten Fenster. »Die Kunststoff-Fenster, die damals verbaut waren, haben wir sofort raus geschmissen«, blickt er zurück.
Fachwerkhaus in Wettenberg: Sanierung lohnt sich auch mit Blick auf CO₂-Bilanz
Sämann schlug den Putz ab, schaute sich alte Pläne an. Welche Balken verliefen wo, wo waren ursprünglich die Fenster? Aufgrund noch vorhandener Zapfenlöcher, die zwei Balken verbinden, ähnlich eines Puzzles, konnte Sämann rekonstruieren, wo einmal Pfosten standen. »So weit es möglich war, haben wir den ursprünglichen Zustand des Hauses wieder hergestellt«, sagt er. Das sei natürlich in Absprache mit dem Denkmalschutz des Kreises passiert.
Überhaupt soll der Erhalt von historischen Gebäuden im Kreis gefördert werden. »Wir möchten die Leistung der Menschen, die sich für so ein Gebäude einsetzen, würdigen«, bekräftigt Susanne Gerschlauer vom Denkmalbeirat und der Unteren Denkmalschutzbehörde. »Das soll andere Besitzer historischer Gebäude auch dazu animieren, an ihrem Haus Hand anzulegen. Weil es sich einfach lohnt, auch mit Blick auf die CO2-Bilanz«, ergänzt Christian Zuckermann, Dezernent für Denkmalschutz.
Denkmalschutz
Der Hessische Denkmalschutzpreis wird seit 1986 jährlich vergeben. Auch 2023 ist es wieder soweit. »Er würdigt vorbildliches Engagement in der Denkmalpflege«, heißt es auf der Webseite des Landes Hessen. Dabei können sowohl Privatpersonen als auch Organisationen geehrt werden. Die Landkreise können einen oder mehrere Vorschläge einreichen. Dabei soll das Denkmal mit individuellen Lösungen, handwerklichen-technischem oder besonderem Einsatz instandgesetzt oder erforscht worden sein. Der Preis wird durch das Land Hessen vergeben und ist mit 27 500 Euro dotiert. Die Verleihung findet im Sommer im Biebricher Schloss in Wiesbaden statt. Der Landkreis Gießen nominiert in diesem Jahr Christian Sämann mit seinem Fachwerkhaus in Krofdorf-Gleiberg.
Dafür gibt es auch diverse Fördermaßnahmen, die Bauherren bei der Sanierung unterstützen sollen. Besonders das Klimageld hebt Zuckermann hervor, einer Förderung für energetische Modernisierungen. Da kann es etwa um den Tausch einer Heizung, eine neue Dämmung oder neue Fenster gehen. Aber auch bei der sogenannten Revitalisierungsrichtlinie unterstützt der Kreis die Sanierung historischer Gebäude, um Wohnraum zu schaffen.
Fachwerkhaus in Wettenberg: „Man passt man sich dem Haus an“
Auch Bauherr Sämann profitierte von Fördermaßnahmen. So wurde das Torhaus durch das Landesamt für Denkmalpflege mit 10 000 Euro bezuschusst, etwa einem Drittel der Kosten. Durch die Städtebauförderung erhielt Sämann weitere 30 000 Euro. Er selbst investierte für Haus und Scheune sowie den Ausbau der Scheune für eigens genutzten Wohnraum insgesamt 210 000 Euro.
Dem Rentner liegt das Fachwerkhaus am Herzen, er hat sich in Form von Seminaren zum Thema Sanierung und Fachwerk extra weitergebildet. »Wenn man schon so etwas Wertvolles hat, passt man sich dem Haus an.«
Diesen Wert sieht auch die Untere Denkmalschutzbehörde und hat das Haus daher für den Hessischen Denkmalschutzpreis vorgeschlagen. Es ist der einzige Vorschlag des Landkreises in diesem Jahr, sagt Zuckermann. »Wir schätzen die Chancen gut ein.« (Rebecca Fulle)
Innerhalb von 13 Monaten sanierten Janina und Christopher Kane das denkmalgeschützte „Boppehaus“ in Langgöns im Kreis Gießen.