„Enkeltrick“ und „Schockanruf“: Diesen Rat hat das Polizeipräsidium Südosthessen an Senioren

Die Zahl der „Enkeltricks“ und „Schockanrufe“ nimmt seit Jahren zu. Das Polizeipräsidium Südosthessen gibt Senioren Tipps, wie sie sich in solchen Situationen richtig verhalten.
Offenbach – Das Telefon läutet. Auf dem Display erscheint eine fremde Nummer. Als die alleinstehende 81-Jährige den Hörer abnimmt, meldet sich ein angeblicher Polizist: „Eine kriminelle Bande ist in ihrer Nachbarschaft unterwegs. Zu ihrem Schutz müssen wir ihre Wertsachen in Sicherheit bringen. Bitte deponieren sie alle Wertsachen in einer Tüte vor ihrem Haus.“
Die ältere Damen glaubt dem Anrufer und legt wie verlangt Geld und Schmuck im Wert von 77 000 Euro in einer Jute-Tüte vor ihre Haustür. Nur dank des beherzten Eingreifens einer Nachbarin, die den Beutel an sich nimmt, gelangt ihr Erspartes nicht in falsche Hände.
Enkeltricks und Schockanrufe: Polizeipräsidium registriert steigende Fallzahlen
Es sind Fälle wie dieser, mit dem das Polizeipräsidium Südosthessen auf sogenannten Schockanrufe aufmerksam machen möchte. Gerade während der Corona-Pandemie häuften sich diese Telefonate, bei denen die Anrufer sich als vermeintliche Polizisten, Familienangehörige oder Vertraute ausgeben und ihre Opfer mittels Druck und emotionalem Stress um ihre Ersparnisse bringen wollen. „Viele ältere Menschen sind in dieser Zeit den ganzen Tag zu Hause, das wissen die Betrüger“, erläutert eine Mitarbeiterin, die aus ermittlungstaktischen Gründen nicht genannt werden möchte.
Die Zahl der Betrugsversuche ist in den vergangenen Jahren gestiegen. „2020 gab es 75 Anrufe, bei denen sich die Betrüger als falscher Polizist ausgegeben haben“, berichtet Benjamin Wendt aus der Stabsstelle Prävention. Das klinge zwar nach wenigen Fällen, doch „jeder erfolgreiche Anruf ist einer zu viel“, betont er. Zum Vergleich: 2016 lag die Zahl laut Präsidium bei 30.
Die Masche der Betrüger sei dabei oft identisch: Der Anrufer – meist im Ausland sitzend – ruft auf dem Festnetz des Betroffenen an, gibt sich als Beamter aus und erzählt, dass ein Angehöriger eine Straftat begangen habe und nur gegen Kaution wieder freigelassen würde. Auch die unmittelbarer Gefahr für das Hab und Gut durch eine Diebesbande sei ein beliebtes Narrativ, berichtet Wendt.
Enkeltrick: Nicht immer geben sich die Anrufer als Enkel aus
Der Angerufene gerate dabei in eine Stresssituation, gerade wenn es vermeintlich um einen Angehörigen geht, sagt Präsidiumssprecher Tim Leipold. „Sobald unsere emotionale Seite angesprochen wird, denken wir nicht mehr rational. Das wissen natürlich auch die Täter.“
Erfolg versprechen sich diese daher auch vom „Enkeltrick“. Die Betrüger riefen allerdings nicht nur als vermeintliche Enkel an, wie die Ermittlerin für Bandenkriminalität betont: „Viele Menschen kennen den Begriff ,Enkeltrick‘ inzwischen und wissen, was es damit auf sich hat. Daher geben sich viele Betrüger als Neffe, Bruder und Ähnliches aus.“ Wichtig sei den Anrufern dabei, ihre potenziellen Opfer auf emotionaler Ebene abzuholen und Vertrauen aufzubauen. Dazu entwickelten sie immer neue Methoden. „Wir haben seit der Pandemie auch Fälle, in denen sich die Anrufer als Arzt ausgeben und erzählen, dass ein geliebter Mensch in Krankenhaus liegt und sterben müsse, wenn er oder sie keine teure Spitze bekommt“, erläutert sie.
Enkeltrick: Polizeipräsidium rät: „Auflegen oder per Handy 110 wählen“
Doch wie sollen sich Betroffene verhalten, wenn ein solcher Anruf kommt? „Am besten ist es natürlich, sofort aufzulegen“, rät Sprecher Leipold und fügt hinzu: „Geht es bei einem Telefonat um Geld, sollte man sofort misstrauisch werden.“ Ist den Betroffenen eine Einordnung nicht möglich, raten die Beamten, mit dem Handy entweder die 110 oder eine nahe stehende Person anzurufen.
Damit man gar nicht erst zum Opfer eines solchen Betrugsversuchs werde, empfiehlt die Ermittlerin, seinen Eintrag im Telefonbuch zu überdenken. „Die Daten werden auch im Internet veröffentlicht und da holen sich die Täter Namen und Nummern her.“ Daher sollten sich gerade ältere Menschen fragen, ob sie den Eintrag wirklich bräuchten. Von Joshua Bär