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„Tragende Säule der Energiewende“: Branchenverband BWE Hessen fordert Ausbau von Windparks

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Von: Joshua Bär

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Aufbau eines neuen Windparks.
Windkraftanlagen sind nicht bei allen Menschen beliebt, laut dem Bundesverband Windenergie aber unverzichtbar, um die Klimaziele zu erreichen. (Symbolfoto) © Jens Büttner/dpa

Windkraftanlagen sind laut dem Bundesverband Windenergie unverzichtbar, um die Klimaziele zu erreichen. Joachim Wierlemann und Katharina Prenzel sprechen im Interview, was dem Ausbau im Weg steht.

Offenbach – Bis 2050 will Hessen seinen Energieverbrauch zu 100 Prozent durch erneuerbare Energien decken – unter anderem mit Windkraft. Um dieses Ziel zu erreichen, muss das Land allerdings viel mehr Windenergieanlagen bauen, weiß Joachim Wierlemann, Vorsitzender des Bundesverbandes Windenergie (BWE) Hessen und Geschäftsführer des Windparks in Rachelshausen. Im Interview erläutern er und die Geschäftsstellenleiterin der BWE-Landesstelle in Wiesbaden, Katharina Prenzel, was beim Bau einer Windenergieanlage zu berücksichtigen ist, weshalb die Genehmigungsverfahren Jahre dauern und wer oftmals gegen die Windparks klagt.

Wie bewerten sie die Entscheidung der schwarz- grünen Koalition, 1,9 Prozent der Landesfläche als Vorranggebiet für Windenergie auszuweisen?

Joachim Wierlemann: Im Grunde erstmal positiv. Hessen ist mit diesem Beschluss deutschlandweit vorne mit dabei. Man muss aber auch sagen, dass gerade in Südhessen – und darum ging es ja in dem beschlossenen Teilregionalplan – viele Vorranggebiete gar nicht bebaubar sind, weil da zum Beispiel Funkanlagen der Deutschen Flugsicherung im Weg stehen sowie die Einflugschneisen am Frankfurter Flughafen und auch Naturschutzgebiete zu beachten sind.

BWE Hessen zum Ausbau der erneuerbaren Energien: „Manche Kommunen wollen keine Windkraft“

Viele Windparks stehen auf bewaldetem Gebiet. Der Kreis Offenbach hat einige bewaldete Flächen, aber kein einziges Windrad. Ist es in dieser Region nicht auch möglich, Windparks zu bauen?

Wierlemann: Das müsste man genauer prüfen. Es gibt allerdings sehr unterschiedliche Kriterien, nach denen Flächen ausgewiesen werden. Zunächst muss dort ausreichend starker Wind wehen, was in dieser Region kaum der Fall ist. Außerdem muss ein Windrad mindestens 1 000 Meter entfernt von Ortsrändern stehen. Dazu kommen dann noch Prüfungen bezüglich Flora, Fauna und Naturschutzgebieten. In manchen Regionen gibt es aber auch Kommunen, die sagen „Windkraft wollen wir nicht.“

Manche Kommunen verhindern aktiv den Ausbau von Windkraft?

Wierlemann: Ja, beispielsweise auf dem Taunuskamm. Die Stadt Wiesbaden wollte dort zehn Anlagen bauen, die Stadt Taunusstein hat sich dagegengestellt. Und das, obwohl auf den Bergen die besten Windstandorte in ganz Hessen sind.

Joachim Wierlemann, Vorsitzender BWE Hessen
Joachim Wierlemann, Vorsitzender BWE Hessen © -

2021 wurden in Hessen 18 neue Windenergieanlagen zugebaut. Sie kritisieren dennoch, dass der Ausbau deutlich schneller erfolgen muss, um die Klimaziele des Bundes zu erreichen.

Wierlemann: Ja, denn um die Klimaziele zu erreichen, müssten allein in Hessen pro Jahr rund 100 neue moderne Windkraftanlagen gebaut werden, mit fünf bis sechs Megawatt Leistung.

Katharina Prenzel: Man muss außerdem bedenken, bis 2023 könnten über 200 Windenergieanlagen mit rund 234 Megawatt Leistung vom Netz genommen werden, weil sie nach etwa 20-jähriger Nutzung nicht mehr gefördert werden und daher wahrscheinlich nicht mehr wirtschaftlich arbeiten können. Und bisher gibt es keine Lösung, wie diese Anlagen zukunftsorientiert weiterbetrieben werden können.

Erneuerbare Energien in Hessen: „Windkraftanlagen müssen schneller genehmigt werden“

In den nächsten Jahren müssten also hunderte Anlagen gebaut werden. Wie kann das gelingen?

Wierlemann: Die Anlagen müssen schneller genehmigt werden. Allein die Vorlaufzeit, um einen Bauantrag einzureichen, kann bis zu fünf Jahre betragen. Bis der Bauantrag dann genehmigt ist, dauert es weitere drei Jahre. Und das, obwohl das Verfahren eigentlich in sieben Monaten abgeschlossen sein sollte.

Woran liegt das?

Wierlemann: Die Genehmigungsbehörden haben momentan zu wenig Personal. Und diejenigen, die die Bauanträge prüfen, machen alles sehr genau. Denn das Verfahren ist komplex und soll später nicht vor Gericht scheitern. Dagegen geklagt wird fast immer – meistens aus Naturschutzgründen.

Windkraft: Allein in Hessen werden 117 Anlagen beklagt

Wer klagt in solchen Fällen?

Prenzel: Das sind oftmals strikte Windkraftgegner. Die gründen dazu einen eigenen Naturschutzverein und klagen dann im Namen des Artenschutzes. Vielen geht es dabei allerdings nicht um den Schutz von Tieren, sie sind einfach nur gegen die Windenergie. Allein in Hessen werden aktuell 117 Anlagen beklagt.

Katharina Prenzel, BWE-Geschäftsstellenleiterin
Katharina Prenzel, BWE-Geschäftsstellenleiterin © -

Sollten daher nur die großen Naturschutzverbände wie der BUND oder Nabu gegen solche Anlagen klagen dürfen?

Wierlemann: Es wäre sicherlich ein Weg zu sagen, dass kleinere „Klagevereine“ erst einmal fünf oder zehn Jahre an dem Ort aktiv sein müssen, an dem sie gegen die Windenergieanlage klagen, und zudem nachweisen müssen, dass sie dort auch wirklich Naturschutz betreiben. Andernfalls erhalten sie eben kein Klagerecht.

Stand jetzt vergehen Jahre, bis ein Windpark genehmigt ist. Setzen wir im Kampf gegen den Klimawandel bei der Windkraft auf das falsche Pferd?

Prenzel: Absolut nicht. Windkraft ist eine der tragenden Säulen der Energiewende. Nach Berechnungen des Umweltbundesamtes spart ein Windrad mit etwa drei Megawattstunden Leistung 400 Mal mehr Kohlendioxid ein, als ein Hektar Wald speichern kann. (Interview: Joshua Bär)

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