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Vereinsfeste stehen auf der Kippe

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Die Gema, die dafür sorgt, dass Songschreiber und Komponisten Geld bekommen, wenn ihre Musik in der Öffentlichkeit gespielt wird, will die Vielzahl ihrer Tarife vereinheitlichen. © dpa

Frankfurt - Nicht nur Disco-Betreiber, auch Vereinsfeste könnten von der neuen Gebührenordnung der Gema betroffen sein. Hessen Sportvereine schlagen Alarm. Aber nicht alle müssen tiefer in die Taschen greifen, einige Feiern könnten sogar günstiger werden.

Nicht nur Diskotheken, auch Sportvereine müssen nach der Reform der Gema-Gebühren bald kräftig draufzahlen. Der Landessportbund Hessen (LSBH) fürchtet die geplanten neuen Gebühren der Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte. Die Gema mache keinen Unterschied zwischen ehrenamtlichen Vereinen und gewinnorientierten Unternehmen, sagte der Leiter des LSBH-Geschäftsbereichs Vereinsmanagement, Michael Silz, in Frankfurt in einem Gespräch.

Die Gema, die dafür sorgt, dass Songschreiber und Komponisten Geld bekommen, wenn ihre Musik in der Öffentlichkeit gespielt wird, will die Vielzahl ihrer Tarife vereinheitlichen. Gema-Sprecherin Ursula Goebel gibt zu: „Für 40 Prozent der Veranstalter wird es teurer werden.“ Doch diese hätten bislang auch zu wenig bezahlt. Weniger als zehn Prozent der Betreiber würden künftig wirklich stark belastet - dies seien vor allem große Diskotheken ab 800 Quadratmetern Größe und acht Euro Eintritt.

Gema will einheitlich zehn Prozent der Eintrittsgelder

Nach dem Willen der Gema soll es nur noch zwei Tarife geben - je nachdem, ob die Musik live oder vom Tonträger gespielt wird. Die Gema will dann einheitlich zehn Prozent der Eintrittsgelder bekommen. Goebel sagte, mit gemeinnützigen Organisationen oder für Brauchtumsveranstaltungen könne über Rabatte verhandelt werden. Mit dem Bund Deutscher Karneval (BDK) hat die Gema bereits einen ersten Gesamtvertrag auf Basis der neuen Tarife abgeschlossen.

Auch der Landesverband für Markthandel und Schausteller Hessen (LMSH) befürchtet höhere Gebühren. Einzelne Schausteller seien zwar nicht betroffen, aber die Veranstalter von Festen könnten die Standgelder wegen zusätzlicher Kosten anheben, sagte Geschäftsführer Roger Simak. Er setze aber auf die Gesprächsbereitschaft der Gema. „Das Aus von Veranstaltungen kann nicht im Sinne der Gema sein.“ Zudem habe der Verband bislang keine Probleme mit der Gema gehabt.

Größere Veranstaltungen trifft es empfindlich

Silz betonte, rund 95 Prozent der Vereinsveranstaltungen seien durch einen vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) mit der Gema ausgehandelten Vertrag pauschal abgegolten. Nach seinen Angaben zahlt der LSBH dafür eine jährliche Pauschale von rund 136.000 Euro. Darunter fallen zum Beispiel Sportkurse mit Musik, nicht aber Vereinsfeste mit Live-Musik und Eintritt.

Michael Silz
Leiter des LSBH-Geschäftsbereichs Vereinsmanagement, Michael Silz. © dpa

Wenn ein Verein Geld verdienen will, dann muss er zahlen“, sagte Silz. Damit treffe die von der Gema angekündigte Änderung der Gebührenordnung zum neuen Jahr vor allem größere Feste wie Vereinsfeiern oder Tanzsportveranstaltungen. „Wir haben größte Bedenken für größere Veranstaltungen. Die trifft es empfindlich“, betonte Silz. Ähnlich äußert sich Goebel: „Wir schauen gezielter auf Einzelveranstaltungen.“ Viele kleine Feiern mit einem Eintritt zwischen zwei und fünf Euro könnten dagegen sogar weniger Gebühren kosten als nach den bisherigen Tarifen.

Nachteile für ehrenamtlich geführte Vereine einschränken

Daten und Fakten zur Gema

In Deutschland vertritt die Gema rund 65.000 Mitglieder. Über Kooperationen mit verschiedenen internationalen Verwertungsgesellschaften kommen aber noch mehr als zwei Millionen Empfangsberechtigte im Ausland dazu. Pro Jahr lizenziert die Gema etwa 1,5 Millionen Einzelveranstaltungen, die Musik spielen. 2011 nahm sie insgesamt rund 825 Millionen Euro ein und verteilte nach Abzug von Verwaltungs- und Personalkosten knapp 702 Millionen Euro.

Davon wurden 313 Millionen Euro direkt an deutsche Gema-Mitglieder ausgeschüttet, 206 Millionen gingen an ausländische Rechteinhaber und etwa 120 Millionen an andere Verwertungsgesellschaften wie die VG Wort und die GVL, die zum Beispiel Sänger vertritt. 41 Millionen Euro flossen in soziale und kulturelle Zwecke wie die Gema-Altersvorsorge und die Gema-Stiftung. Der Rest verteilt sich auf Rückstellungen. 2011 waren rund 1100 Menschen bei der Gema beschäftigt.

Derzeit wird beim LSBH beraten, ob der Verband selbst gegen die neuen Tarife vorgeht oder über den DOSB. Es sei daher schwierig, einen Einspruch durchzusetzen. Nicht zuletzt wegen des Protests von Diskotheken sei die Sache aber in Bewegung. „Wir wollen auf jeden Fall Nachteile für unsere ehrenamtlich geführten, gemeinnützigen Vereine vermeiden oder zumindest so weit wie möglich einschränken“, betonte Silz. Dem LSBH als Dachverband der hessischen Sportvereine gehören rund 7800 Vereine an.

Auch Hessens Wirtschaftsminister Florian Rentsch (FDP) lehnt die Gema-Tarifreform ab. „Damit wird der Ruin für Musikveranstaltungen absehbar und bewusst in Kauf genommen“, heißt es in einem Schreiben des Ministers an den GEMA-Vorstandsvorsitzenden Harals Heker. Die Rechte von Komponisten und Interpreten seien zwar zu wahren. Eine Erhöhung dürfe aber nicht die Existenz von Betrieben und damit von Arbeitsplätzen gefährden.

Die Grünen-Fraktion im Landtag fürchtet ebenfalls um die Existenz der Musik-, Kreativ- und Clubszene. Die Preissteigerungen „schaden diesem kreativen Umfeld und damit nicht zuletzt auch der hessischen Wirtschaft“, sagte die kulturpolitische Sprecherin Martina Feldmayer.

Über die geplante Tarifreform wird derzeit bei einem Schiedsstellenverfahren beim Marken- und Patentamt in München gestritten - der Behörde, die die Gema kontrolliert.

Was bekommt der Texter eines Popsong von der Gema?

Radiosender und Discos müssen der Gema ganz genau mitteilen, welchen Titel sie im Monat wie oft gespielt haben. Wie viel ein Urheber bekommt, wenn sein Song im Radio gespielt wird, hängt unter anderem von der Sendedauer und einer Punktbewertung des Stücks ab. Für Hotels und Gaststätten gibt es dagegen Pauschalen. Sänger und andere Musiker werden übrigens nicht von der Gema, sondern von der Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL) vertreten.

dpa

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