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Harte Arbeit im Sortenkarussell

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Burkard Wolff inspiziert beim Genuss eines Apfels die Blütenpracht seiner Bäume. © Britsch

Langstadt/Schaafheim ‐ „An Apple a Day keeps the Doctor away“, besagt eine englische Redewendung, was sinngemäß soviel heißt wie: Wer täglich einen Apfel isst, braucht keinen Arzt. Und Burkard Wolff ist der lebende Beweis dafür, dass manchmal auch die Engländer Recht haben können. Von Niels Britsch

Der Verzehr von Äpfeln gehört zu seinem Beruf und er kann sich nicht daran erinnern, in den letzten 35 Jahren ernsthafter krank gewesen zu sein.

An der Straße zwischen Langstadt und Schlierbach liegt inmitten blühender Apfelbäume der Bio-Hof Straßenmühle. Seit 1978 baut Burkard Wolff hier Äpfel an. Die Blüte hat begonnen, die Luft ist erfüllt von Vogelgezwitscher und dem Summen der Insekten, im Innenhof des teilweise 500 Jahre alten Gehöfts duftet es nach Äpfeln und die blühenden Bäume geben ein malerisches Bild ab.

Doch hinter der ländlichen Idylle steckt ein hartes Stück Arbeit: Rund 1 700 Bäume pflegt der Bio-Landwirt, das ergibt bei der jährlichen Ernte ungefähr 150.000 bis 200.000 Äpfel - was rund 30 bis 40 Tonnen der Früchte entspricht. Insgesamt 40 Sorten hat er im Angebot, darunter Boskop, Elstar, Junagold oder Topaz – „die einzige Biosorte, die sich etabliert hat.“ Dabei ist der Markt unberechenbar geworden: „Alles muss heute günstig sein, ich werde die Äpfel zwar noch los, aber es ist schwieriger geworden. Der Preiskampf zwischen den Großhändlern wird auf dem Rücken der Erzeuger ausgetragen.“ Außerdem ist das Geschäft schnelllebig: „Das Sortenkarussell dreht sich furchtbar rasch, ich laufe zwar nicht jedem Trend hinterher, aber ich schwimme schon auch mit.“

„Man muss schon Idealist sein und Spaß daran haben"

Da Burkard Wolff auf seinem kleinen Hof noch alles von Hand macht und der ökologische Anbau sowieso mehr Aufwand bedeutet als der konventionelle, ist er in der Apfel-Saison (zwischen Frühjahr und Spätherbst) rund um die Uhr im Einsatz und bis zu zwölf Stunden täglich draußen – so dass er bereits im Mai ein braun gebranntes Gesicht hat, von dem manch Mallorca-Urlauber oder regelmäßiger Sonnenstudio-Besucher nur träumen kann. Nur zweimal im Jahr kommt er nicht ohne Hilfe aus: Beim Ausdünnen (das Wegschneiden einzelner kleiner Blüten, um eine gleichmäßige Ernte zu gewährleisten) und bei der Ernte selber, je nach Sorte beginnt diese beginnt im Juli und endet im Oktober. Als Bio-Bauer verzichtet Wolff auf den Einsatz von Antibiotika, Herbiziden und andere Spritzmittel. Dadurch ist er jedoch auch abhängiger von äußeren Einflüssen und muss immer präsent sein. „Die konventionellen Kollegen können Bakterien auch noch Tage später mit Antibiotika bekämpfen.“ Für Wolff wäre dann die Ernte bereits zerstört. Das bedeutet auch, dass er einen Großteil des Jahres nie länger als zwei bis drei Tage seinen Hof verlassen kann. „Für mich kommen nur Winterurlaube in Frage.“

Wer auch von seinen Früchten kosten möchte: Infos auf der

Internetseite

von Burkard Wolff.

Doch auch in der kalten Jahreszeit ist der studierte Jurist beschäftigt, denn da bringt er seine Ernte an die Kunden. „Man muss schon Idealist sein und Spaß daran haben – vor allem als Bio-Landwirt. Das Verhältnis von Arbeit und Ertrag lohnt sich sonst nicht.“ Dass ihm die Arbeit nach wie vor Spaß macht, ist offensichtlich: Mit einem Apfel in der Hand inspiziert er die drei Hummelvölker, die er gerade zum Bestäuben gekauft hat, und erfreut sich der Blütenpracht seiner Bäume.

In der Erntezeit bleibt es übrigens nicht bei der täglichen Frucht: Um zu testen, ob sie schon reif sind, vertilgt der 61-Jährige an manchen Tagen gar bis zu 14 Äpfel.

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