Bis zu 90 Prozent CO2-neutral: Erste Öko-Sprit-Tanksäule Hessens eröffnet

Das Gießener Unternehmen Roth Energie eröffnet in Frankfurt die erste Tankstelle hessenweit, die den synthetischen Diesel HVO100 anbietet.
Gießen - Ab 2035 dürfen in der EU keine Pkw mehr zugelassen werden, die mit fossilen Brennstoffen fahren; auf dieses »Verbrenner-Verbot« hatte sich der Umweltrat der Union im März geeinigt. Bis dahin dauert es jedoch noch über zehn Jahre und auch danach wird es noch für längere Zeit eine Bestandsflotte an vorhandenen Diesel-Fahrzeugen geben. Das Gießener Unternehmen Roth Energie hat gestern in Frankfurt die erste Tankstelle hessenweit eröffnet, die den synthetischen Diesel HVO100 anbietet.
Wie Kim Dennis Backhaus, der Marketing-Leiter von Roth Energie, erklärt: »Weil wir uns als Energielieferant in der Verantwortung sehen, so viel CO2 einzusparen, wie es möglich ist.«
Öko-Sprit-Tanksäule in Hessen: Bestandsflotte »defossilisieren«
Denn das ist das Verkaufsargument von HVO100: Der Premiumkraftstoff wird ausschließlich aus Abfällen wie altem Frittierfett hergestellt und ist somit bis zu 90 Prozent CO2-neutral. Das sei zum einen für Fahrzeuge im Katastrophenschutz oder auch Schwerlasttransporter interessant, die nicht so einfach »defossilisiert« werden können, wie Backhaus sagt. »Wir werden aber auch noch 15, 20 Jahre eine große Bestandsflotte an Dieselfahrzeugen haben.« Und sowohl für die Pkws, als auch für Busse oder Lieferfahrzeuge biete HVO100 eine einfache Möglichkeit, CO2 einzusparen. Somit lasse sich eine CO2-neutrale Lieferkette aufbauen und »Privatkunden können ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten«.
Das sieht auch Andreas Bauditz so. Bauditz arbeitet seit 25 Jahren in der Entwicklungsabteilung eines Autoherstellers und ist Mitglied im Verein eFuelsNow. Der Verein trägt zwar E-Fuels im Namen, »wir klären aber auch über andere klimaschonende Kraftstoffe auf«. Bauditz tankt selbst seit über vier Jahren HVO100, »aus Überzeugung«, wie er sagt. Der Ingenieur glaubt, dass HVO100 die einzige Möglichkeit sei, die Bestandsflotte in Deutschland frei von fossilen Kraftstoffen zu bekommen. »Und das ist eine Maßnahme, die uns jetzt sofort zur Verfügung steht, ohne dass wir eine neue Infrastruktur aufbauen müssen.« Noch ist das aber nicht überall in Deutschland möglich.
Öko-Sprit in Hessen: Noch nicht für Privatkunden
Bauditz arbeitet und tankt in Baden-Württemberg, wo der Kraftstoff bislang »geduldet« wurde. Der Bundestag hat nun Anfang März aber beschlossen, HVO100 regulär zuzulassen, solange kein Palmöl dafür eingesetzt werde. Diese Anforderung soll den Regenwald schützen, und wird von Roth Energies HVO100 erfüllt, wie Backhaus erklärt.
Bis die Gesetzesänderung durch ist, können an der Zapfsäule in Frankfurt vorerst nur Kommunen und ÖPNV-Unternehmen tanken, da es für die bereits eine Ausnahmeregelung gebe. Roth Energie stehe aber bereit, neun weitere Zapfsäulen in kürzester Zeit umzustellen, auch im Gießener Europaviertel, sagt Backhaus. Preislich soll HVO100 dann brutto rund 16 Cent pro Liter mehr kosten als regulärer Diesel. (seg)
Einige Kunden von Roth Energie erhielten im Winter unschöne Post. Das Unternehmen aus Gießen kündigte Verträge für Gaslieferungen und begründete diesen Schritt mit den Turbulenzen auf dem Energiemarkt.