Zu wenig Lehrkräfte, ungerechte Bildungschancen: Landtag streitet über hessische Schulpolitik
CDU und Grüne loben sich, die Opposition im hessischen Landtag verweist auf große Mängel. Die FDP fordert ein Recht auf Bildung in Hessen.
Ein Antrag von CDU und Grünen im hessischen Landtag hat massive Kritik an der Schulpolitik der Landesregierung hervorgerufen. Während die Koalitionäre in ihrem zweiseitigen Papier eigene Erfolge zu feiern versuchten, verwiesen Redner:innen der Opposition auf Lehrkräftemangel, ein schlechtes Abschneiden hessischer Schüler:innen bei Bildungstests sowie ungleiche Bildungschancen. Der Vorschlag der FDP, ein Recht auf Bildung in der hessischen Verfassung festzuschreiben, stieß nur bei der SPD auf Zustimmung.
„Die Corona-Krise wäre anders gelaufen, wenn es in der hessischen Verfassung ein solches Recht schon gegeben hätte“, begründete FDP-Bildungssprecher Moritz Promny die Gesetzesinitiative. Das Land hätte dann mehr dafür tun müssen, dass „Bildung auch ohne Präsenzunterricht“ funktioniert, so Promny weiter. Man könne damit den Schüler:innen zeigen, „dass wir sie nicht vergessen haben“.

SPD steht hinter Vorstoß der FDP, Bildung in der Verfassung zu verankern - CDU sieht keine Notwendigkeit
Die SPD stehe der Idee positiv gegenüber, sagte Nina Heidt-Sommer für ihre Fraktion. Aufstieg und Teilhabe müssten für alle möglich sein. Werde das Recht in der Verfassung verankert, sei das Land in der Pflicht, „Bildungsstätten auch so auszustatten, dass dieses Recht auch wahrgenommen werden kann“, so Heidt-Sommer. Das gelte sowohl für Schulen als auch Kindertagesstätten oder Volkshochschulen, Musikschulen, Hochschulen oder Weiterbildungseinrichtungen.
Für die CDU verwies Sabine Bächle-Scholz dagegen darauf, dass bereits mehrere Artikel der Verfassung den ungehinderten Zugang zum Bildungssystem garantierten. Eine Verfassungsänderung sei vollkommen unnötig. Ihr Parteikollege, Kultusminister Alexander Lorz, selbst Jura-Professor, bekräftigte dies mit Hinweis auf grundgesetzliche Regelungen sowie die Rechtssprechung oberster Bundesgerichte.
Mehr Geld für Hessens Privatschulen
Hessen erhöht seine Zuschüsse zum Betrieb der Privatschulen. Diese sollen von 380 Millionen Euro auf rund 440 Millionen Euro im nächsten Jahr steigen. Für 2025 sind dann 470 Millionen Euro vorgesehen.
Eine Gesetzesnovelle dazu hat Kultusminister Alexander Lorz (CDU) am Mittwoch im Landtag vorgestellt. Damit solle den gestiegenen Kosten Rechnung getragen werden.
Privatschulen seien eine wichtige Ergänzung zu den öffentlichen Schulen, sagte Lorz. Zuschüsse erhalten ausschließlich Ersatzschulen, die ein den staatlichen Schulen vergleichbares Bildungsangebot haben. Sie werden von rund 57 000 der Schüler und Schülerinnen (sieben Prozent) besucht. Ergänzungsschulen, die etwa Ausbildungen in den Bereichen Kosmetik oder Gesundheit bieten, fallen nicht unter die Gesetzesnovelle. pgh
Landesregierung möchte mehr Lehrer anstellen - Investitionen in Inklusion und Digitalisierung beantragt
Das sah auch Daniel May (Grüne) so. Der Antrag der FDP sei ein „einsamer Schnellschuss“. Allenfalls könne man in der nächsten Legislaturperiode noch einmal gemeinsam überlegen, wie man Bildung für alle besser in der Verfassung verankern könne. Ablehnung kam auch von Ulrich Wilken (Linke). Eine solche Verfassungsänderung, wie von der FDP vorgeschlagen, könne weder „Unfähigkeit noch politischen Willen“ ersetzen.
Zuvor hatte das Parlament über einen Antrag von CDU und Grünen diskutiert. Dort listeten die Regierungsparteien ihre politischen Entscheidungen zum Stellenausbau, höheren Ausgaben für Bildung oder zur Inklusion und Digitalisierung auf.
Opposition kritisiert Antrag der Regierung: „Das Land lässt seine Lehrkräfte im Stich“
„Dieser Antrag strotzt nur so vor Eigenlob, dabei ist ihre Bilanz tatsächlich mager“, kritisierte Karin Hartmann (SPD). So hätten Hessens Grundschüler:innen beim IQB Bildungstrend schlecht abgeschnitten, gehe die Schere zwischen benachteiligten und privilegierten Kindern und Jugendlichen immer weiter auseinander.
CDU und Grüne beschrieben eine „heile Welt, während in manchen Fächern noch nicht einmal die Grundunterrichtsversorgung gesichert ist“, sagte Heiko Scholz (AfD). „Was Sie tun, ist Augenwischerei und zynisch“, kommentierte Elisabeth Kula für die Linke den Antrag. Es fehle allenthalben an Personal. Und auch FDP-Mann Promny bemängelte, das Land lasse seine Lehrkräfte im Stich. (Peter Hanack)
Dabei ist der Lehrkräftemangel nicht nur ein hessisches, sondern ein bundesweites Problem. Die Länder versuchen ihm mit unterschiedlichen Maßnahmen entgegenzuwirken.