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Einzelhändler der Region in Sorge: Drohen Lieferengpässe zur Weihnachtszeit?

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Von: Jan Lucas Frenger, Joshua Bär

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Ersatzteile für Fahrräder sind rar: Andreas Desch, Inhaber des Fahrradladens Pedalinski in Offenbach, bekommt das hautnah zu spüren.
Ersatzteile für Fahrräder sind rar: Andreas Desch, Inhaber des Fahrradladens Pedalinski in Offenbach, bekommt das hautnah zu spüren. © Frenger

Der Einzelhandel wird von Lieferengpässen heimgesucht. Droht ein Weihnachten ohne Geschenke? Händler aus der Region Offenbach und Hanau beurteilen die Lage.

Offenbach/Hanau/Neu-Isenburg – Weihnachten ohne Geschenke? Für viele Menschen undenkbar. In diesem Jahr ist die Gefahr allerdings groß, an Heiligabend ohne passendes Präsent dazustehen – wenn man es nicht früh genug besorgt. Denn manche Einzelhändler sind derzeit von Lieferengpässen geplagt.

„Der Modehandel ist ganz klar betroffen“, sagt Diana Schreiber-Kleinhenz, Centermanagerin des Forum Hanau. So würden einigen der Bekleidungsläden  im Einkaufszentrum teilweise 20 bis 30 Prozent der Waren nicht rechtzeitig geliefert. Und auch auf andere Bereiche wie Heimtextilien oder Dekorationsprodukte wirkten sich die Lieferengpässe aus. „Aktuell profitieren Unternehmen, die übriggebliebene Winterware aus dem letzten Jahr eingelagert und nicht zurückgeschickt haben“, sagt die Centermanagerin. Sie hätten den anderen Anbietern gegenüber einen Vorteil, da sie Produkte anbieten könnten, die während des Lockdowns nicht verkauft wurden.

Modegeschäft Glam in Hanau: Besorgter Blick Richtung Weihnachtsgeschäft

Für Mehmet Kandemir, Inhaber des Hanauer Modegeschäfts „Glam“ und 1. Vorsitzender des Hanau Marketing Vereins, ist das keine Option: „Wir wollen unseren Kunden immer möglichst aktuelle Produkte anbieten“, sagt er. Auch Kandemir sieht sich in seiner Boutique in der Hanauer Innenstadt mit Engpässen konfrontiert. Noch sei genügend Ware vorhanden, versichert er, „aber es kommen keine Lieferungen mehr nach“. Nachbestellungen einzelner Produkte seien fast nicht mehr möglich.

Auf das bevorstehende Weihnachtsgeschäft blickt er daher mit Sorge. „Das Weihnachtsgeschäft sollte uns nach dem Lockdown eigentlich wieder beflügeln. Wenn ich den Kunden aber nicht die Ware anbieten kann, die sie kaufen wollen, dann fehlt mir natürlich der Umsatz.“ Laut Kandemir wird sich die aktuelle Marktlage frühestens im Sommer 2022 entspannen. Dennoch bleibt er optimistisch: „Wir geben nicht auf und hoffen, dass wir nächstes Jahr im Winter wieder besser starten.“

Boutique „La Bustique“ in Neu-Isenburg bei Offenbach: Keine Lieferengpässe dank Sofort-Ware

Sandrine Schwanitz vom Modegeschäft „La Bustique“ im Isenburg-Zentrum befürchtet indes keine Lieferengpässe zur Weihnachtszeit, da sie ausschließlich sogenannte Sofort-Ware verkaufe. „Wir holen unsere Kleidung entweder alle drei Wochen selbst aus Paris ab oder ordern sie aus Italien“, erläutert die stellvertretende Geschäftsführerin. Mit dieser Mischung sei immer genügend Ware in ihrem Geschäft vorhanden, versichert Schwanitz.

Liefereinschränkungen erwartet Sandrine Schwanitz von „La Bustique“ im Isenburg-Zentrum nicht.
Liefereinschränkungen erwartet Sandrine Schwanitz von „La Bustique“ im Isenburg-Zentrum nicht. © bär

Ausreichend Ware hätte auch Daniela Rogge gern auf Lager. Die Inhaberin des Spielwarenladens „Spielzeugkiste“ in Dietzenbach kämpft bereits seit Wochen mit Lieferproblemen: „Es ist nicht so, dass ich in meinem Geschäft zu wenig Spielzeug habe, die bestellte Ware wird allerdings viel später geliefert als sonst.“ Daher rät Rogge allen Eltern, sich möglichst früh um das passende Spielzeug für die Kleinen zu kümmern. „Was heute noch im Regal liegt, kann morgen schon nicht mehr da sein.“

Elektro-Riese Mediamarkt-Saturn sieht keinen Grund zur Sorge

Als Weihnachtsgeschenk besonders beliebt ist nach wie vor Elektronik. Für die Händler ist das Weihnachtsgeschäft die umsatzstärkste Zeit – Lieferengpässe wären da fatal. Bei den Elektro-Riesen Saturn und Media-Markt bestehe derzeit aber kein Grund zur Sorge. „Wir haben keinen Engpass“, betont eine Sprecherin von MediaMarktSaturn. In den Shops – stationär wie online – sei ausreichend Ware für das anstehende Weihnachtsgeschäft vorhanden. Dennoch sei es möglich, dass es in den kommenden Wochen – je nach Nachfrage – bei einzelnen Produkten zu Engpässen kommen könnte, erläutert sie. Darauf sei das Unternehmen jedoch vorbereitet.

Hessens Handel erwartet Umsatzplus

Der Einzelhandel in Hessen erwartet trotz der Corona-Pandemie ein Umsatzplus im Weihnachtsgeschäft. Die Erlöse in den Monaten November und Dezember sollen der Prognose zufolge um zwei Prozent zum Vorjahreswert auf 9,5 Milliarden Euro steigen, wie der Handelsverband Hessen gestern in Frankfurt mitteilte. Starker Treiber sei vor allem der boomende Online-Handel. Im Gesamtjahr erwartet der Handel in Hessen einen um 1,5 Prozent steigenden Umsatz auf knapp 51 Milliarden Euro. Verbandspräsident Jochen Ruths unterstrich die Bedeutung des Jahresendes: „Das Weihnachtsgeschäft ist gerade in der aktuellen Situation und durch die zurückliegenden Geschäftsschließungen für viele Händler wichtiger denn je.“ (dpa)

Forum-Leiterin Diana Schreiber-Kleinhenz blickt ebenfalls gelassen auf die kommenden Wochen: „Ich denke nicht, dass am Ende Kunden mit leeren Händen dastehen werden.“ Menschen, die ein spezielles Produkt – beispielsweise die Spielekonsole PlayStation 5 – kaufen möchten, empfiehlt sie dennoch, ihre Weihnachtseinkäufe möglichst zeitnah zu erledigen.

Fahrradladen „Pedalinski“ in Offenbach rät: Räder frühzeitig kaufen

Wer ein Fahrrad zu Weihnachten verschenken möchte, sollte ebenfalls möglichst frühzeitig auf Händler zukommen. „In der Produktion sind deutlich längere Wartezeiten zu erwarten“, sagt Andreas Desch, Inhaber des Offenbacher Fahrradladens „Pedalinski“. Die Gründe dafür sind vielfältig. Neben knappen Materialien in der Produktion fehle es aktuell auch an für die Verschiffung notwendigen Containern, erläutert Desch. Darüber hinaus seien auch Standardteile wie Schläuche nicht in gewohnter Menge vorhanden. Selbst Großhändler fehlten derzeit teilweise 60- bis 70 000 Stück. „Das hätte wirklich niemand in der Branche gedacht“, sagt der Fahrradladenbesitzer. Es seien immer wieder einzelne Teile nicht vorhanden, wodurch es auch bei hochwertigen Manufakturfahrrädern stellenweise zu Lieferzeiten zwischen acht und zehn Wochen komme. Kunden, die ein bestimmtes Modell kaufen wollten, habe er deshalb auch schon wegschicken müssen.

Noch schlimmer sei die Situation aktuell bei E-Bikes, da wichtige Chips, Akkus und Motorenteile nicht verfügbar seien, erläutert Desch. „Die ganze Branche rechnet damit, dass sich die Situation frühestens 2023 etwas beruhigen wird“, sagt er. Über Lücken in seinem Sortiment mache er sich bis dahin allerdings keine Sorgen. Er habe dauerhaft bis zu zehn Räder in Bestellung, sodass „immer genügend Ware nachkommt“. Mit Blick auf die Weihnachtszeit empfiehlt Desch dennoch: „Wer in nächster Zeit ein bestimmtes Rad oder E-Bike haben will, sollte sich das jetzt schon sichern, ansonsten wird er es nicht rechtzeitig bekommen.“ (Von Jan Lucas Frenger und Joshua Bär)

Auch die Süßwarenbranche ist von der Corona-Pandemie betroffen: Hersteller berichten aktuell von Lieferengpässen. Kommt es bald zu Preiserhöhungen?

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