Zuhörer sparen nicht mit dem Applaus

Rodgau - Eine „Schule mit Schwerpunkt Musik“: So darf sich die Geschwister-Scholl-Schule (GSS) für vier weitere Jahre nennen. Dass sie diesen Titel zu Recht trägt, zeigte das Weihnachtskonzert im Bürgerhaus Dudenhofen.
Knapp 600 Besucher erlebten dort ein Programm von zweieinhalb Stunden. Das Spektrum der Mitwirkenden reichte vom talentierten Solisten bis zur 75-köpfigen „Concertband“. Wer die Augen zumachte, konnte bei einigen Darbietungen vergessen, dass er Schüler vor sich hatte. So spielte Timon Höf auf dem großen Konzertxylofon ein Stück aus der Peer-Gynt-Suite Nummer zwei von Edvard Grieg. Die beiden Achtklässler Dorothea Rieckmann (Gesang) und Laurens Tauber (Klavier) führten „Never Enough“ aus dem Musicalfilm „The Greatest Showman“ auf.

Die Concertband zum Abschluss beeindruckte schon durch ihre Größe. Die 75 Musiker füllten jeden Quadratzentimeter der Bürgerhausbühne. Es dauerte gefühlte zehn Minuten, bis sich alle auf ihre Plätze gepuzzelt hatten. Das Riesenorchester überzeugte auch durch stilistische Vielfalt: Das erste Stück war symphonisch gesetzt, das zweite stammte aus dem Pop, im dritten erklang ein voller, kräftiger Bigband-Sound. Schulleiter und Bandleader Tino Desogus hat sich bewusst vom Konzept einer reinen Bigband abgesetzt, „weil wir in den Bläserklassen bevorzugt Instrumente wie Querflöte und Klarinette ausbilden, die in der Bigband keine Stimme haben.“
Die beiden Bläserklassen des fünften Jahrgangs hatten bei diesem Konzert ihren ersten großen Auftritt. Obwohl die Kinder erst seit gut vier Monaten ihre Instrumente spielen, lieferten sie schon eine gute Ensemble-Leistung ab. Die Zuhörer sparten nicht mit Applaus. Aber nicht nur in den Bläserklassen wird an der Scholl-Schule Musik gemacht. Als Arbeitsgemeinschaften gibt es unter anderem eine Bläsergruppe im Realschulzweig, zwei Chöre, zwei Schulbands, eine Jazzband und die Schlagzeuggruppe „Drums for fun“. Sie alle gaben Kostproben ihres Könnens.
In einem Theaterstück stellte die Kunstklasse 6bG die Weihnachtsgeschichte humorvoll auf den Prüfstand. Unter dem Motto „Weihnachten light“ versuchte sie, Personal einzusparen. Doch ohne Hirten und ohne die drei Könige fehlt etwas Wichtiges: Weihnachten ist mehr als ein Zweipersonenstück mit Kind. Regie führte die neue Musik-Fachbereichsleiterin Stephanie Stefanides, die auch das Weihnachtskonzert organisiert hatte.
Auf humorvolle Art führten die Schulsprecherinnen Lilly Schönherr und Sofie Pecar durchs Programm. Die Technik-AG unter Leitung von Markus Weber bewältigte ihren Einsatz mit Bravour, nicht zuletzt dank professioneller Unterstützung: Erik Tauber, der Vater eines GSS-Schülers, arbeitet als Tontechniker beim Hessischen Rundfunk und der ehemalige Schüler Johannes Weiß absolviert eine Ausbildung in Veranstaltungstechnik.
Die Scholl-Schule ist in der glücklichen Lage, auf solche Profis zurückgreifen zu können. „Da ist ein tolles Netzwerk entstanden“, sagt Schulleiter Tino Desogus. Der musikalische Schwerpunkt, übrigens zum vierten Mal bestätigt, zahle sich für die GSS aus: „Die Eltern melden talentierte Kinder gezielt an unserer Schule an.“
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Auch unter Pädagogen hat sich das herumgesprochen. „Wir haben so viele Musiklehrer wie noch nie“, freut sich Desogus. Viele Schulen können ein Lied davon singen, wie schwer diese Fachkräfte zu finden sind. An der GSS gibt es sieben davon.
Die sogenannten Musik- oder Bläserklassen im Gymnasialzweig sind ein Markenzeichen dieser Schule. Fünft- und Sechstklässler erlernen innerhalb von zwei Jahren Grundkenntnisse auf einem Instrument und können ab der 7. Klasse freiwillig in Ensembles wie der Concertband weitermachen. Ihre Eltern bezahlen 40 Euro pro Monat für Leihinstrument, Noten und den Instrumentalunterricht bei der Freien Musikschule Rodgau. Die Kinder der Musikklassen haben an der GSS drei statt zwei Stunden Musik pro Woche. „Wir nutzen den Musikunterricht für die Ensemblearbeit“, sagt Tino Desogus, der selbst Musiklehrer ist. Die theoretischen Grundlagen könne man in der Praxis am besten lernen: „Musik muss man fühlen und selber machen.“
Das gemeinsame Musizieren komme nicht nur der Klassengemeinschaft zugute, betont der Schulleiter: „Es schweißt die Schüler zusammen und motiviert sie allgemein, es hat auch Auswirkungen auf das Lernverhalten in anderen Fächern.“ Einmal im Jahr fahren die Musikklassen auf Orchesterfahrt, unmittelbar danach nehmen sie am Wettbewerb „Schulen in Hessen musizieren“ teil. Neben dem jährlichen Kulturabend (der nächste ist am 22. März) absolvieren die jungen Musiker ein Sommer- und ein Weihnachtskonzert. Tino Desogus ist überzeugt: „Das macht Kinder stark. Auftritte sind Erlebnisse, die man nicht vergisst.“
Seit diesem Schuljahr können auch Realschüler an der GSS ein Instrument erlernen. Die Bläsergruppe läuft als freiwillige Arbeitsgemeinschaft. Beim Weihnachtskonzert hatte sie ihren ersten Auftritt. Schulleiter Tino Desogus lobt: „Das sind tolle Kinder, die machen es genauso gut wie die Gymnasiasten.“ (eh)