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Zahl der Inobhutnahmen des Jugendamts in Offenbach steigt

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Für vernachlässigte oder misshandelte Kinder ist die Inobhutnahme oft die Rettung.
Für vernachlässigte oder misshandelte Kinder ist die Inobhutnahme oft die Rettung. © PantherMedia / Monkeybusiness Images

In Offenbach ist die Zahl der Inobhutnahmen um 44 Prozent auf 157 Fälle gestiegen. Das Jugendamt beobachtet diesen Trend schon seit längerem.

Offenbach – Die Mitarbeiter des Jugendamts versuchen, sie wo es geht zu vermeiden, für die betroffenen Familien sind sie eine belastende Extremsituation: Inobhutnahmen. Im vergangenen Jahr hat die Zahl in Offenbach im Vergleich zu 2021 um 44 Prozent zugenommen. 157 Mal hat das Jugendamt diese extreme Maßnahme ergriffen.

Die Inobhutnahme ist das letzte Mittel der Wahl, erklärt Sozialdezernentin Bürgermeisterin Sabine Groß (Grüne): „Inobhutnahmen erfolgen nur im äußersten Notfall, wenn eine akute Gefährdung von Kindern oder Jugendlichen gegeben ist. Es wird immer versucht, dass Kinder oder Jugendliche so schnell wie möglich wieder sicher in ihre Familien zurückkehren können.“

Kinderschutz in Offenbach: Für das Jugendamt kommt der Anstieg nicht überraschend

Dass diese empfindlichen Eingriffe in Familien so viel häufiger nötig werden, ist auch für den stellvertretenden Jugendamtsleiter Bernd Hormuth eine schwierige Situation. Überraschend kommt für ihn der Anstieg allerdings nicht. „Wir haben bereits vor der Pandemie eine stetige Zunahme des Bedarfs an Hilfen zur Erziehung beobachtet“, sagt er. Auch die Zahl der Inobhutnahme steige schon seit längerem. Allein die Nachwirkungen der Pandemie dafür verantwortlich zu machen, greife daher eindeutig zu kurz, findet er.

Mögliche Gründe sieht er zum einen in gesetzlichen Änderungen wie dem neuen Kinder- und Jugendstärkungsgesetz, dessen Wirkung man nun langsam wahrnehmen würde. Zum anderen hätte man auch schon vor der Pandemie eine Abnahme der sozialen Kompetenzen in der Breite der Bevölkerung beobachten können.

Kleinreden will Hormuth die Situation keinesfalls. „Die Zunahme an Inobhutnahmen ist das größte Problem, das wir derzeit haben“, sagt er entschieden. Und das nicht nur, weil es sich dabei um eine derart einschneidende Maßnahme handelt. Aufgrund der bundesweiten Tendenz mangele es an allem, um die gestiegene Zahl an betroffenen Kindern und Jugendlichen überhaupt unterbringen zu können.

Inobhutnahmen in Offenbach: Zu wenig Plätze, um betroffene Kinder unterzubringen

Ein Problem betrifft die Unterbringungsorte. „Wir haben die vorgehaltenen Plätze bei einem lokalen Träger verdoppelt“, sagt Hormuth. „Und selbst das ist eigentlich zu wenig.“ Im Falle einer Familie mit vielen Kindern habe man daher sogar in Schleswig-Holstein anfragen müssen, weil es aufgrund der hohen Nachfrage nicht genügend Plätze in der Nähe gäbe. Dabei sei es für eine Verbesserung der familiären Situation eigentlich das Wichtigste, dass die Unterbringung während der Inobhutnahme in der Nähe des Heimatorts der Familie stattfindet, sagt Hormuth. Schließlich solle der Kontakt zwischen Kindern und Eltern nicht abreißen.

Ein weiteres Problem sei außerdem das fehlende Fachpersonal in den bestehenden Inobhutnahme-Einrichtungen. „In Frankfurt mussten aus diesem Grund bereits zwei Einrichtungen schließen“, berichtet Hormuth. Bisher sei Offenbach von Schließungen verschont geblieben. Die Angst, dass auch hier irgendwann Aufnahmestellen dicht machen müssten, treibe ihn dennoch um, sagt er.

An Unterstützung vonseiten der Verwaltung mangele es nicht, versichert er. Als Reaktion auf die Zunahme an unterstützungsbedürftigen Familien in Offenbach habe man in den vergangenen Jahren kurzfristig und zielgerichtet Stellen im Jugendamt geschaffen, lobt Hormuth die Zusammenarbeit mit dem Sozialdezernat von Sabine Groß.

Kinderschutz in Offenbach: Nur Prävention kann helfen

Für Hormuth gibt es nur ein Mittel gegen den sich beschleunigenden Negativtrend bei hilfebedürftigen Familien. „Der Fokus muss ganz klar auf der Prävention liegen“, sagt er. Ziel müsse es sein, so früh wie möglich hilfsbedürftigen Familien zur Seite zu stehen. Eine solche Präventivmaßnahme sei das sogenannte „Babylotsen-Programm“, erklärt Hormuth. Um schnellstmögliche Unterstützung leisten zu können, sei man schon in den Krankenhäusern präsent, um ab der Geburt unterstützend tätig werden zu können. Nur mit solcherlei Maßnahmen ließe sich, laut dem Jugendamtsleiter, eine weitere Verschlimmerung der Lage verhindern. (red)

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