Architekturführer zur Offenbacher Markusgemeinde veröffentlicht

Für Interessierte hat die Offenbacher Markus-Gemeinde jetzt einen Architekturführer herausgebracht, der Fragen zum vor 60 Jahren errichteten Kirchengebäude beantwortet.
Offenbach - Vor 60 Jahren, am Palmsonntag 1961, wurde die evangelische Markuskirche mit einem Festgottesdienst eröffnet. Für die Protestanten war es der erste Sakral-Neubau nach dem Zweiten Weltkrieg – die katholischen Christen hatten bereits 1953 mit Sankt Konrad einen Kirchen-Neubau errichtet. Die Markuskirche wird wegen ihrer Sichtbetonbauweise dem Brutalismus zugeordnet- Und im Gegensatz zu manch anderem Gebäude dieses Stils gilt die Markuskirche als gelungenes Beispiel für die Vorzüge des „béton brut“.
Mit dem freistehenden Kirchturm, dem großen Kirchenschiff und den über 3200 farbigen Glasfenstern ist sie heute noch ein wahrer Hingucker und ist inzwischen zum Ziel von Architektur-Interessierten geworden. Da letztere viele Fragen rund um den Bau und die Gemeinde haben, hat sich die Gemeinde entschieden, einen Architekturführer zu veröffentlichen.
„Wir haben dafür knapp 1800 Euro in die Hand genommen und erst einmal 500 Stück gedruckt“, sagt Pfarrer Bert Petzold. Herausgekommen ist ein moderner Architekturführer, der auf die Besonderheiten des Sakralbaus und seine Schöpfer hinweist.
Drei der vier Personen, die für die Gestaltung der Kirche verantwortlich waren, sind noch gut bekannt: Architekt Fritz Reichard für den Bau, die Brüder Karl-Heinz und Willy Klemisch für die Ausstattung und Helmut Bornefeld für die Orgel. „Etwas in Vergessenheit geraten ist Karlgeorg Hoefer von der Hochschule für Gestaltung: Er hatte etwa die Grundstein-Urkunde in der von ihm begründeten Schrift gestaltet oder den Wandteppich, den wir wieder in der Kirche aufgehängt haben“, sagt Petzold. Auch die hölzerne Tafel an Kirchenwand, auf der die Namen der Gefallenen des Zweiten Weltkriegs verzeichnet sind, wurde von Hoefer gestaltet.
Charakteristisch für die Markuskirche ist der 36 Meter hohe Campanile, der die Fenstergestaltung des Kirchenraums aufgreift. Fünf Glocken im Inneren kommen stets zum Einsatz, die sechste Glocke aus der alten Markuskapelle, dem Vorgängerbau, wird nur an Palmsonntag geläutet.
Konzipiert wurde die Kirche als Konzertraum – auch wenn heute der Flugverkehr mit seinem Lärm eine Erschwernis für große Konzerte darstellt. Auch die Bornefeld-Orgel wird im Kirchenführer behandelt. „Die Orgel müsste eigentlich saniert werden, aber das ist sehr schwierig: Sie steht wie die Kirche unter Denkmalschutz und in den vergangenen Jahrzehnten wurden dort Arbeiten vorgenommen, für die sich heute kaum Fachleute finden“, sagt Petzold.
In Offenbach besonders bekannt sind die Werke der Klemisch-Brüder: Sie haben das Innere des Kirchenraums entscheidend geprägt. Das Bodenmosaik des Altarraums wird an der Wand weitergeführt, auch die Deckengestaltung greift es auf. Sämtliche Kupferarbeiten der Kirche stammen ebenfalls von ihnen und alle folgen einem Prinzip: Die Dornenkrone Christi ist quasi leitmotivisch in allen Gegenständen zu finden, so an den Kerzenleuchtern, den Deckenstrahlern, dem Kreuz, Taufbecken, gar am Griff der eindrucksvollen Kupfertür. „Auch das Antependium, der Vorhang der Kanzel, gehört noch zur Originalausstattung – unsere Kirche ist noch sehr originalgetreu erhalten“, sagt Petzold.
Mit dem Architekturführer erhofft sich die Gemeinde, das Interesse an den unterschiedlichen Baustilen in Offenbach zu unterstützen. „Es gibt hier vieles zu entdecken und wir möchten uns mit unserer Kirche noch stärker am Kulturleben beteiligen“, sagt der Pfarrer.
Der Architekturführer ist bei der Gemeinde, Kopernikusstraße 54, erhältlich. Weitere Informationen: markus-gemeinde-of.ekhn.de. (Frank Sommer)