Offenbach: Boxclub dient als Fundament für Holzhybrid Rockywood

Richtfest nach knapp elf Monaten: Ende Juni vergangenen Jahres konnte Investor Achim Nagel von Primus Development mit Oberbürgermeister Felix Schwenke (SPD) zum ersten Spatenstich für das Rockywood-Gebäude an der Hafenallee ansetzen, gestern wurde Richtfest gefeiert.
Offenbach - Auch wenn es eigentlich „Schichtfest“ heißen müsste, wie Lorenz Nagel, der Sohn des Primus-Gründers und Geschäftsführer, betont. „Denn die Holzmodule, aus denen der Hauptteil des Gebäudes besteht, werden geschichtet“, sagt er. Wie rasch der Holzhybrid-Komplex wächst, konnten die Besucher vor Ort sehen: Vor den Feierlichkeiten wurden fünf elf Meter lange und drei Meter hohe Holzmodule angeliefert und eingefügt. Die Arbeiter müssen dabei exakt vorgehen: Bei Holzmodulen gebe es eine Toleranz lediglich im Millimeter-Bereich, heißt es.
„Die Module werden am Vortag hergestellt und dann hier verbaut“, sagt Projektleiter Moritz Hoek. Sie bestehen aus Fichtenholz, das aus der Steiermark oder Marburg geliefert wird. Das L-förmige Gebäude mit der Front zur Hafenallee besteht größtenteils aus Holz: Nur die Brandwände, Aufzugsschächte und Treppenhäuser sind aus Beton, ansonsten werden Stockwerk für Stockwerk die Holzmodule an- und aufeinandergeschichtet. 354 insgesamt ergeben den Gebäudeteil „Wood“ mit 8 000 Quadratmetern Fläche. Die Fassade wird ebenfalls mit Holz verkleidet – allerdings „vorgegraut“, um ein einheitliches Erscheinungsbild zu liefern.
„Bei anderen Bauwerken ist nur die Fassade aus Holz, bei uns sind es auch die inneren Werte“, sagt Nagel. Wo heute noch Baustelle ist, stand einst der Boxclub. Der wird, wie berichtet, in das Erdgeschoss des L-förmigen Gebäudes einziehen. „Der Boxclub ist das Fundament des Hauses“, sagt Nagel – und meint es in des Wortes wahrstem Sinne: Die Reste der alten Halle wurden gehäckselt und als sogenannte Sauberkeitsschicht im neuen Gebäude zweitverwertet.
An die Zweitverwertung hat Primus auch beim Holzhybriden gedacht: Wenn gewünscht, können die einzelnen Module in einigen Jahren ab- und an anderer Stelle neu aufgebaut werden. „Wir haben für alle Teile ein Kataster angelegt, das Gebäude kann einmal eine Materialbank sein“, sagt Nagel.

Rund 2 500 Kubikmeter Holz werden verbaut: Für das verbrauchte Holz will der Entwickler Baumnachpflanzungen auf Brachen unterstützen, der entsprechende Verein „Woodcycle“ ist gerade in Gründung. „Wir wollen zeigen, dass Ökonomie und Ökologie zusammenpassen und dass man anders bauen kann als üblich“, sagt Nagel.
Aus Beton ist der quadratische Gebäudeteil „Rocky“, der als Sitz für den E-Radhersteller Advanced Bikes aus Frankfurt dienen wird. 2 000 Quadratmeter Fläche bietet dieser. Auf Wunsch des Unternehmens wurde eine Radrampe vom Ausstellungsraum im ersten Stock zum Erdgeschoss gebaut. Auf dem Dach entsteht für die Mitarbeiter eine Terrasse, der Blick auf die Frankfurter Hochhäuser ist beeindruckend. Die Fassade solle als Kontrast zu „Wood“ eher dunkel ausfallen, sagt Hoek.
Was noch am Hafen gebaut wird
Mehrere Gewerbegebäude, der HfG-Neubau und ein Park sollen in den nächsten Jahren am Hafen errichtet werden. Allerdings gibt es wegen der ungewissen Situation am Markt bezüglich Büroimmobilien derzeit keine Zeitpläne, sagt Daniela Matha, Leiterin der Offenbacher Projektentwicklungsgesellschaft. So ist am Hafenplatz noch ein etwa 70 Meter hohes Haus vorgesehen, auf der Hafenspitze sind ebenfalls Hochhäuser geplant, darunter eines für ein Hotel. Nahe der ABG-Immobilien auf der Hafeninsel ist ein Boarding-Haus vorgesehen. Östlich von Rockywood ist der Neubau der Hochschule für Gestaltung geplant, das zuständige Ministerium wollte bei der Vorstellung des Siegerentwurfs zu Jahresbeginn aber keinen Zeitrahmen für die Umsetzung nennen. Westlich von Rockywood wird das neue Messeparkhaus fertiggestellt, dazu sind drei Büroriegel vorgesehen. Derzeit wird überlegt, ob der Park an der Hafenspitze provisorisch eröffnet werden kann.
Zum Ende des Jahres soll das Gebäude fertiggestellt sein, im neuen Jahr können die Unternehmen und der Boxclub einziehen. „Wir sind schon zu 73 Prozent vermietet“, sagt Nagel – ein Wert, der in Zeiten des Abbaus von Büroflächen eindrucksvoll ist. Knapp 43 Millionen Euro investiert Primus in den Rockywood-Komplex. „Durch die Holzmodule hatten wir eine relativ gute Kostensicherheit“, sagt Nagel.
Rockywood soll nicht nur optisch ein Hingucker werden, sondern auch Aufenthaltsqualität bieten: Entlang des L-förmigen Gebäudes wird ein drei Meter breiter Laubengang errichtet, auf der erhöhten Platzmitte, dem sogenannten „Playground“, soll sogar ein Freiluft-Boxring aufgestellt werden. Eine Tiefgarage gibt es nicht, allerdings Stellplätze unterhalb des „Playgrounds“. Neben zwei Treppen gibt es freilich auch eine Rampe, um die obere Fläche zu erreichen.
Von Frank Sommer