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Nach Antifa-Anschlag in Offenbach: Antwort von Innenminister Beuth sorgt für Kopfschütteln

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Von: Frank Sommer

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Die Antifa verübt Anschläge auf deutsch-türkische Vereine. Auf eine Kleine Anfrage der FDP hat das Innenministerium inzwischen geantwortet.

Offenbach – Rückblick: In der Nacht auf Heiligabend schlugen Unbekannte mehrere Fenster eines Bürogebäudes an der Strahlenbergerstraße ein, hinterließen Schmierereien mit Drohnachrichten. Die Frankfurter Antifa bekannte sich zu dem Anschlag. Ziel waren vier türkische Vereine, die in dem Haus ihre Räume haben. Die FDP, darunter der Offenbacher Landtagsabgeordnete Oliver Stirböck, hatte dazu im Februar eine Kleine Anfrage an den hessischen Innenminister gestellt.

Die Antwort liegt dieser Redaktion vor – und lässt die Liberalen daran zweifeln, „ob die Landesregierung die Problematik vollumfänglich erfasst hat“.

Hintergrund des Anschlags war laut Bennerbrief das Attentat in Paris am 23. Dezember vorigen Jahres, bei dem ein 69-jähriger Franzose drei Menschen erschossen hatte. Kurdische Vereine machten jedoch die türkische Regierung um Präsident Recep Tayyip Erdoğan für die Tat verantwortlich. Die Frankfurter Antifa sprach in ihrem Schreiben von einem „faschistischen“ Netzwerk, dem die vier Vereine in Offenbach angehörten. Den Mitgliedern wurde gedroht, dass man ihre Adressen und Autokennzeichen kenne.

Mit roter Farbe beschmierten die Täter das Bürogebäude der vier türkischen Vereine an der Strahlenbergerstraße.
Mit roter Farbe beschmierten die Täter das Bürogebäude der vier türkischen Vereine in der Strahlenbergerstraße in Offenbach. © p

Antifa-Anschlag in Offenbach: Klub sei keineswegs „faschistisch“ oder „islamistisch“

Einer der betroffenen Vereine ist der Deutsch-Türkische Klub. „Der ist bildungsbürgerlich organisiert, hat schon viele Veranstaltungen in der Stadt organisiert“, sagt Stirböck. Dieser Klub sei keineswegs „faschistisch“ oder „islamistisch“ ausgerichtet, sondern „kemalistisch“: Der Verein vertrete die Haltung des Gründers der Türkischen Republik, Kemal Atatürk, für eine strenge Trennung von Staat und Religion, betont Tunca Caracas, ehemaliger Vorsitzender. Man habe kurz überlegt, die Silvesterfeier abzusagen, sich aber anders entschieden. „Das hätte bedeutet, vor dem Terror zurückzuschrecken.“

Dass die türkische Regierungspartei AKP eine entgegengesetzte Position zum Kemalismus hat, scheine der Antifa nicht bewusst, meint Stirböck. Auch bei der Antwort der Landesregierung auf die FDP-Anfrage würden zu seiner Verwunderung kaum Unterschiede gemacht.

Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) schreibt, dass weite Teile der linksextremistischen Szene „in der Regierung der Türkei ein demokratisch nicht legitimiertes, quasi faschistisches Regime“ sähen. Konkrete Hinweise auf eine weitere Bedrohungslage in Hessen wegen Straftaten gegen deutsch-türkische Vereine gebe es derzeit nicht, der Verfassungsschutz beobachte aber die Aktivitäten der linksextremistischen Szene. Die Urheber des Anschlags in Offenbach habe man laut der verantwortlichen Staatsanwaltschaft Darmstadt noch nicht ermitteln können, so der Minister.

Journalist zu den Wahlen in der Türkei: „Menschen versuchen, einen Diktator zu stürzen.“

Antifa-Anschlag in Offenbach: „Ich fühle mich nicht bedroht“

„Etwas dünn“ findet Freidemokrat Stirböck die Aussagen um die vom Anschlag betroffenen Vereine: Beuth beziehe sich lediglich auf den Verein ADD Hessen, einen ebenfalls bildungsbürgerlichen und laizistischen Verein zur Förderung des Gedankenguts Atatürks. Dieser werde von der Antifa als „Teil eines bundesweiten Netzwerks türkischer Faschisten ins Visier genommen“, heißt es in der Antwort.

„Ich fühle mich nicht bedroht“, sagt Caracas. Er vermutet, dass der Anschlag eher in Verbindung mit der Türkei-Wahl zu sehen sei, und dass versucht wurde, zu polarisieren. Auch kurdische Kreise hätten ihr Befremden über die Tat ausgedrückt.

Eine Verbindung von kemalistisch ausgerichteten Vereinen zu türkischen Nationalisten sei weit hergeholt, man werde über einen Kamm geschoren. Die Landes-Antwort empfindet auch Caracas als eher nichtssagend: „Vielleicht hätte der Verfassungsschutz einmal mit uns den Dialog suchen sollen.“

Ob kemalistische Vereine einer Bedrohung ausgesetzt sind, ist in der Landes-Antwort nicht beschrieben. Darin heißt es lediglich, dass der Verein ADD kein Beobachtungsobjekt des Verfassungsschutzes sei. Für seine Partei blieben bei der Aufarbeitung des Anschlags Fragen offen, sagt Stirböck. (Frank Sommer)

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