Anwohner sorgen sich um Baumfällung am Bahnhof Bieber

Rund um den Bieberer Bahnhof wurden Sträucher und Bäume gefällt. Der Verdacht der Anwohner, die Fällung sei während der Vogelbrutzeit geschehen, ist jedoch nicht richtig.
Offenbach – Das Entsetzen unter den Anwohnern des Bieberer Bahnhofs ist groß über das, was in den vergangenen Wochen geschehen ist: Hecken und Bäume rund um das Bahnhofsgebäude wurden weggeschnitten und gefällt. „Alles, was es an Grün gab, wurde platt gemacht“, sagt Anwohner G.
„Wo sollen denn die Vögel jetzt hin? Wir hatten hier immer große Spatzenkolonien, für die ist doch jetzt gar kein Platz mehr vorhanden?“, fragt ein weiterer Anwohner. Die Stadt weise doch sonst so häufig in letzter Zeit darauf hin, wie wichtig Bäume und Grünpflanzen für das Stadtklima und die Tierwelt seien, wie habe dann die Fällung in diesem Umfang genehmigt werden können, fragen sich die Anwohner.
Tatsächlich ist auf dem eingezäunten Gelände um den Bahnhof alles weggeschnitten, was es an Pflanzen gab, lediglich die Hecken an der Treppe vor der Umzäunung steht noch. Auf dem Gelände findet sich noch ein Container vom Entsorger ESO.
Die Anwohner erzürnt auch, dass zwei Bäume vor dem Bauzaun, in unmittelbarer Nähe zum Parkplatz nördlich des Bahnhofs gefällt wurden. „Die sind doch auf öffentlichem Grund“, sagt ein Anwohner. Übrig geblieben sind nur zwei Stümpfe. Ein Anwohner weist auf die nördliche Wand des Bahnhofsgebäudes: Dort seien die Reste der Bäume zu Brennholz gestapelt worden.
Die Sorgen der Anwohner seien unbegründet, heißt es vom Bahnhofseigentümer dagegen: Auf Nachfrage schreibt dieser, dass nur auf dem eigenen Gelände Schnittarbeiten erfolgt seien – das eigene Gelände umfasst auch Boden außerhalb des Bauzauns.
Die Stadt bestätigt, dass die beiden gefällten Bäume nicht auf öffentlichem Grund stehen, auch wenn das so wirken könne. Trotz dieser Einschränkung zeigt man sich in der Stadtverwaltung wenig begeistert über das Geschehen am Bahnhof: Das Umweltamt habe sich die Situation vor Ort angeschaut und prüft nun, ob ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen den Eigentümer eingeleitet wird, sagt Stadtsprecher Fabian El Cheikh.
Denn Bäume und Sträucher werden ab einem gewissen Stammumfang durch die städtische Grünschutzsatzung geschützt. Wer diese Fällen möchte, benötigt eine Prüfung und Genehmigung des Umweltamtes. „Weiterhin muss im Zuge von Ausgleichsmaßnahmen eine Ersatzpflanzung vorgenommen werden. Diese Regelungen betreffen sowohl Bäume auf öffentlichen als auch auf Privatgrundstücken“, schreibt die Stadt.
Dem Vorwurf von Anwohnern, während der Brut- und Setzzeit verbotenerweise Gehölz zurückgeschnitten zu haben, widerspricht der Eigentümer. „Der Rückschnitt erfolgte bereits im Februar, also außerhalb des jahreszeitlichen Schnittverbotes (...). Lediglich die Containerbeladung und Entsorgung erfolgte teilweise noch an den ersten Märztagen“, schreibt er.
Dass die Anwohner ein besonders kritisches Augenmerk auf das Geschehen am Bahnhof haben, mag mit der Historie zusammenhängen: Lange Jahre lieferten sich der Eigentümer und die Stadt juristische Auseinandersetzungen um die Nutzung des denkmalgeschützten Gebäudes. Der Bahnhof zerfiel zusehends und galt lange als Schandfleck.
Anfang 2021 erfolgte die Wende, der Eigentümer lenkte in Sachen Instandhaltung des Gebäudes ein und saniert es seitdem. Erst Ende Februar habe es ein gemeinsames Arbeitsgespräch mit der Stadt und dem Landesamt für Denkmalpflege gegeben, schreibt der Eigentümer.
In Sachen Grünschnitt erinnert die Stadt daran, dass während der Vogelbrutzeit vom 1. März bis 30. September weder Heckenschnitt noch Baumfällung erfolgen darf.
Von Frank Sommer