Auf Streife mit der Stadtpolizei Offenbach: Verkehrskontrolle bis Steuerfahndung

Jeden Tag hat die Polizei in Offenbach einiges zu tun. Doch wie genau läuft eine Schicht der Beamten wirklich ab?
Offenbach – Der Beginn einer Tagschicht bei der Stadtpolizei Offenbach duftet nach Pflaumenkuchen, Puddingstückchen und frisch gebrühtem, starken Kaffee. Die Salamipizza-Note der Nachtschicht der Polizei kommt dagegen nicht an. Es ist kurz nach sechs. Die Dienstgruppe B sitzt gemeinsam beim Frühstück. Dienstgruppenleiter Bernd Zeissler geht die geplanten Einsätze durch, während rundherum gekaut und geschlürft wird. An diesem Morgen ist der lange Konferenztisch zum Familienfrühstückstisch geworden.
Die Idylle endet mit dem Piepen des Funkgeräts. Innerhalb von Sekunden schaltet die Truppe auf Einsatz um. Alex, Evren und Marco spurten zum Bus. Zwei Kollegen der Verkehrsüberwachung rufen nach Hilfe. Ein renitenter Falschparker pöbelt an der Ecke Bismarck-/ Waldstraße und hat mehrmals falsche Angaben über Name und Anschrift gemacht. „Das ist immer verdächtig“, sagt Alex und gibt Gas. „Da kann man schnell eine böse Überraschung erleben.“
Vor Ort wartet ein breitschultriger Mann, der sichtlich genervt in seinem grauen Mini sitzt. Der Ton des Mannes ist aggressiv. Die Kollegen vom Verkehrsdienst haben sich längst in den Hintergrund verzogen. Die Stimmung kippt. Während Evren und Alex absichern, wird Marco unmissverständlich: „Ich gebe Ihnen jetzt noch einmal die Chance, sich korrekt auszuweisen. Ansonsten bringen wir Sie auf die Wache und halten Sie dort so lange fest, bis wir Ihre korrekten Personalien festgestellt haben.“ Der Mann wird beleidigend, laut, schreit Marco an. Währenddessen kommt über den Funkknopf im Ohr rein, dass der Mini-Mann ein Krimineller ist mit einem Strafregister, das so lang wie gefährlich ist.
Ein Tag mit der Polizei in Offenbach
Alex, Evren und Marco verändern blitzschnell ihre Körperspannung, bitten den Mann auszusteigen und sich an die Wand zu stellen. Der Mann weiß genau: Gegen die drei Beamten der Stadtpolizei Offenbach hat er keine Chance. Mit geballten Fäusten stützt er sich am grauen Putz ab, während Alex Hosentaschen, Hosenbund und Sockensaum nach Waffen durchsucht. Währenddessen provoziert der Mann, versucht die Stadtpolizisten in ein Wortgefecht zu verwickeln. Die lassen das jedoch ins Leere laufen. „Jetzt geht’s ab auf die Wache“, sagt Alex bestimmt, während der Mann weiter schimpft.

Drei Beleidigungen später geht es mit den beiden Saschas im Einsatz-Geländewagen nach Rumpenheim. Der Aufenthaltstitel einer Frau aus Afrika ist abgelaufen, auf Anschreiben der Stadt reagiert sie nicht. Die beiden rechnen nicht damit, die Frau in dem Wohnblock anzutreffen. Doch dann die Überraschung. Als die Stadtpolizisten ins Haus wollen, kommt die Gesuchte mit Einkaufskorb in der Hand nach Hause und hat sichtlich Angst, ausreisen zu müssen. Im Treppenhaus stellt sich im Gespräch mit ihrem Mann schnell heraus: Die Behörden ihres Heimatlandes sind im Verzug mit der Ausstellung von Passdokumenten. Die beiden können dafür nichts. Als Sascha 1 ihnen das erklärt, fällt sich das Pärchen erleichtert in die Arme und die Streife geht wieder auf Tour.
In der Zwischenzeit kommt die Meldung, dass der Parksünder mit dem falschen Namen auf der Wache zwar noch viel mit seinem Anwalt gedroht, aber am Ende doch noch seine korrekten Daten verraten und die Ordnungswidrigkeit bezahlt habe.

Offenbach: Mehrere Zufallstreffer für die Polizei
Auf der Berliner dann ein Zufallstreffer. Der Fahrer eines weißen Kleintransporters fährt ohne angelegten Gurt. Den hat er stattdessen hinter sich entlang geführt und ins Schloss gesteckt, damit kein Warnton ertönt. „Das machen viele Paketfahrer, um schneller zu sein“, erklärt Sascha 2. Und wirklich: Der Fahrer arbeitet für Amazon und ist reumütig. Team Sascha verwarnt ihn eindringlich und lässt ihn weiterarbeiten.
Auf der Mühlheimer dann der nächste Zufallstreffer. Ein völlig demolierter Mercedes fährt stadtauswärts. Darin zwei dubiose Typen. Sascha 2 bedient Blaulicht und Warntafeln, die den Fahrer zum Ranfahren auffordert.
Kurzer Fahrzeugcheck, dann Unstimmigkeiten. Das Fahrzeug wurde erst mit neuem TÜV angemeldet, der Schaden ist aber schon viel älter. „So hätte das nie passieren dürfen“, sagt Sascha 1. Er wird den Fall der Zulassungsstelle melden. Viel mehr Sorgen als der ramponierte Wagen machen sowieso die Insassen. Der eine wirkt, als ob er komplett aufgeputscht wäre, der andere bleibt auffällig ruhig, trägt Badelatschen und hat den Arm in einer Schlinge. Wieder macht ein Funkspruch aus der Zentrale aus einem Routineeinsatz plötzlich eine gefährliche Situation. Sascha 2 meldet: Der Schlappenträger hat 94 Einträge im Register stehen. Hauptsächlich Körperverletzungen. Sascha 1 bleibt entspannt, zumal schnell feststeht: Außer dem demolierten Wagen liegt gegen die beiden nichts vor.

Polizei Offenbach: Filmreife Erkundung in dubioser Firma
Selbst ein schneller Drogencheck bringt kein Ergebnis. „Wir lassen den Fahrer bestimmte Bewegungen ausführen und können daran erkennen, ob Drogen im Spiel sind“, erklärt Sascha 2. Die beiden Typen fädeln sich danach mit ihrem Dellen-Mercedes wieder in den dichten Verkehr Richtung Mühlheim.
Auf dem Weg zur Wache fällt Team Sascha dann erneut ein Transporter auf. Der weiße Sprinter ist so verrostet, dass die Türscharniere mit großen Schrauben zusammengehalten werden. Dazu erscheint der Wagen komplett überladen. In der Kurve federt er nicht ein, die Reifen sind auffällig platt, und beim Bremsen geht der Wagen deutlich in die Knie. Eine Minute später steht am Straßenrand vorm Kickers-Stadion fest: Der Transporter bewegt sich keinen Meter mehr ohne Eskorte. Die zwei osteuropäischen Insassen sind offensichtlich Handwerker, sprechen so gut wie kein Deutsch und haben einen ganz Haufen Bauschutt ungesichert auf die Ladefläche geschaufelt. „Der muss definitiv gewogen werden“, sagt Sascha 1. Die beiden eskortieren den Transporter in Schritttempo zur Müllverbrennung, wo er auf die geeichte Waage muss.
Stadtpolizei Offenbach: Gemeinsame Kontrollen mit der Steuerfahndung
Derweil geht es mit Alex und Evren zur sogenannten Dosenpfandkontrolle – zusammen mit der Steuerfahndung. Verabredung in einem Industriehinterhof am Odenwaldring. Zuerst wird ein Supermarkt kontrolliert, der unverzollte Dosen ohne Pfand verkauft. Volltreffer. Auch, wenn der Besitzer behauptet, die Dosen seien nur zum privaten Gebrauch bestimmt. Die Ermittler kann er nicht täuschen. Ihn erwartet nun einiger Ärger. Wenige hundert Meter weiter hinten im Hof sitzt eine Import/Export-Firma. Sie ist das nächste Ziel der Dosenpfandkontrolle.
Doch die Mitarbeiter haben offenbar Wind vom Einsatz bekommen. Ein silberner Transporter steht mit geöffneter Schiebetür vor einer Rampe. Stühle stehen dort um einen Tisch, darauf ein halber Cheeseburger in einer Schachtel, ein halb voller Aschenbecher und eine umgestoßene Limoflasche. Kein Zweifel, die Belegschaft ist geflohen. Sogar die angrenzende Lagerhalle samt Büro steht noch offen. Vorsichtig rücken die Stadtpolizisten vor, rufen immer wieder laut „hallo!“, die Steuerfahndung hinterher. „Bei so etwas müssen wir immer vorsichtig sein, es könnte sich ja jemand im Inneren verstecken“, erklärt Alex. Aber nach einer filmreifen Erkundung der Innenräume heißt es: „Alles sauber.“

Gutes Ende für die Tagschicht der Polizei Offenbach
Weniger sauber dagegen sind offenbar die Geschäfte des Firmeninhabers. Nicht nur, dass da palettenweise unversteuerte Getränke ohne Dosenpfand lagern, auch zahlreiche Plasmafernseher und jede Menge Hoverboards. Dazwischen wurde mit einem Gaskocher Essen gekocht, die Reste liegen noch dort. Das Büro hat messiehafte Züge, auf dem Tisch Rechnungen, ein Mietvertrag und noch mehr Dokumente, die die Steuerfahndung sogleich in Augenschein nimmt. Planänderung: Die vier Einsatzkräfte fahren zur Privatwohnung des Inhabers, wollen versuchen, ihn zu Hause zu stellen. „Und wenn er nicht dort ist, haben wir vielleicht Glück, dass die Jungs dann wieder zurückkommen, weil sie denken, wir sind weg“, erklärt Alex den Plan.
Doch der geht nicht auf. Der Firmenbesitzer bleibt verschwunden. Und auch bei der überfallartigen Rückkehr mit Anfahrt von beiden Seiten eine halbe Stunde später ist immer noch keiner anzutreffen. Der Einsatz wird abgeblasen. „Manchmal ist das so. Aber irgendwann erwischen wir sie“, sagt Evren.

Mittlerweile ist auch Team Sascha zurück in der Stadtwache. Der Transporter mit Bauschutt war satte vier Tonnen schwer statt der erlaubten 3,5. Dazu noch der desolate Zustand und die fehlende Ladungssicherung. Den Fahrer erwartet eine hohe Strafe.
Bei der Stadtpolizei in Offenbach: „Gutes Ende“ der Tagschicht
Die Tagschicht neigt sich dem Ende zu. Zeit für einen Feierabendkaffee. Wenn jetzt nichts mehr passiert, kommen alle pünktlich nach Hause. Doch es ist mal wieder das Funkgerät, das den Dienstschluss verzögert. Ein verwirrter alter Mann an der Bushaltestelle Marktplatz ist gemeldet worden. Alex und Evren schmeißen das Blaulicht an, sind eine Minute später dort. Der Mann, um die 70, trägt eine ausgebeulte Schirmmütze und eine noch ausgebeultere Plastiktüte. Er scheint indischer Herkunft zu sein, spricht perfekt Deutsch, ist ausgesprochen höflich, kann sich aber nicht orientieren.
In der Nähe des Bahndamms wohne er, deutet jedoch Richtung Main. Ihm ist die Situation sichtlich unangenehm, Tränen funkeln in seinen Augen. Alex entscheidet: „Wir fahren Sie nach Hause. Ist das ein Angebot?“ Der Mann atmet erleichtert auf. Zu Hause, im vierten Stockwerk eines Hinterhauses wird er schon von seiner aufgelösten Frau erwartet. Erleichterung bei beiden. Als die Stadtpolizisten die knarzenden Treppen wieder hinabsteigen, sagt Alex: „Manchmal nimmt so eine Schicht doch noch ein richtig gutes Ende.“ (Christian Reinartz)
Erst vor Kurzem bezog die Polizei das neue und moderne Revier in Offenbach – doch nicht alle ursprünglichen Ideen wurden auch umgesetzt.