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Aus für AWO-Pflegedienst in Offenbach

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Von: Matthias Dahmer

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Pflegekräfte händeringend gesucht: Die AWO stellt ihr Angebot auch wegen Personalmangels ein.
Pflegekräfte händeringend gesucht: Die AWO stellt ihr Angebot auch wegen Personalmangels ein. © dpa

Es war wohl ein ehrliches Versprechen: „Bei uns dürfen Sie darauf vertrauen, dass wir Ihre Pflege oder die Pflege Ihrer Angehörigen jederzeit so durchführen, wie wir sie uns auch für uns selbst wünschen würden: Mit Respekt, Menschlichkeit und großem Einfühlungsvermögen in die Bedürfnisse unserer Kunden.“ So wirbt der Kreisverband Offenbach-Stadt der Arbeiterwohlfahrt (WO) im Internet für seine häusliche Pflege.

Offenbach – Nur: Aktuell ist dieses Versprechen nicht mehr. Die Offenbacher AWO hat nämlich alle bestehenden Pflegeverträge zum Jahresende gekündigt. Zudem wird der Seniorenservice eingestellt, der unter anderem Einkaufsdienste oder Begleitung zu Ämtern beinhaltet.

Den insgesamt 77 Betroffenen samt Angehörigen flatterten die Kündigungen dieser Tage ins Haus. Sie müssen sich nun kurzfristig auf dem ohnehin angespannten Markt einen neuen Pflegedienst suchen. Im Kündigungsschreiben begründet die AWO das Aus für ihr Angebot mit „akutem Personalmangel, den Auswirkungen der Corona-Pandemie und wirtschaftlichen Belangen“.

Martin Klasser, dessen Mutter in der Wohnanlage in der Arthur-Zitscher-Straße von der AWO betreut wird und auch den Pflegedienst in Anspruch genommen hat, ärgert sich besonders darüber, dass so kurzfristig gekündigt wurde. „Wir müssen nun innerhalb von sechs Wochen einen neuen Pflegedienst finden, obwohl die Entscheidung bei der AWO offenbar schon viel früher gefallen ist.“ Klasser, der selbst im Pflegebereich tätig ist, betont zugleich, er sei zufrieden mit der AWO gewesen. Die kurzen Wege in der Wohnanlage sowie das gute Miteinander hätten er und seine Mutter zu schätzen gewusst. Immerhin blieben die übrigen Angebote wie das betreute Wohnen erhalten, zudem unterstütze die AWO bei der Suche nach einem neuen Pflegedienst.

Klasser: „Ich finde es einfach schade und verstehe es auch nicht, dass ein Wohlfahrtsverband dieses Angebot einstellt.“ AWO-Geschäftsführer Thomas Ruff versichert, das Angebot habe man nur schweren Herzens gestrichen, aber man sei einfach nicht mehr wettbewerbsfähig.

„Wir haben im Umkreis von fünf Kilometern rund 60 Pflegedienste. Der Konkurrenzdruck ist riesig. Wir zahlen nach Tarif, viele private Anbieter können bei den Personalkosten anders kalkulieren“, erläutert Ruff. Aufgrund der Struktur der AWO könne man auch nicht in der Fläche expandieren, sei auf das Stadtgebiet von Offenbach beschränkt. Hinzu komme, dass von den bislang 14 Beschäftigten in der ambulanten Pflege zwei gekündigt hätten. Darunter der Pflegedienstleiter, der wegen eines Wohnortwechsels gegangen sei. Mit den übrigen zwölf Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen würden Gespräche laufen, etwa die Hälfte werde wohl in anderen Bereichen weiterbeschäftigt.

Wie Ruff weiter berichtet, seien etwa 40 Prozent der 77 Pflegebedürftigen in den betreuten Wohnanlagen in der Arthur-Zitscher-Straße und im Valentin-Unkelbach-Weg , der Rest erhalte die häusliche Pflege im privaten Umfeld.

Für die AWO im Kreis Offenbach stellt sich mangels eines flächendeckenden Pflegedienstangebots das Problem nicht. Häusliche ambulante Pflege bietet lediglich die AWO-Obertshausen an. Und dort „brummt der Laden“, wie der ehrenamtliche Geschäftsführer Rudolf Schulz berichtet. Allein im Pflegedienst der AWO sind im 25 000 Einwohner zählenden Städtchen 40 von insgesamt 136 Leuten beschäftigt. „Wir können im Pflegedienst aber auch keinen Tarif bieten“, bedauert Schulz. Dafür würden die Krankenkassen zu wenig für die zu erbringenden Leistungen zahlen.

Warum das Angebot in Offenbach eingestellt werden musste, darüber mag Rudolf Schulz nicht spekulieren. Angesichts des Fachkräftemangels macht er aber das Angebot: „Die zwölf Beschäftigten, um die es geht, können sich gerne bei uns melden.“ (Von Matthias Dahmer)

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