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„Ein emotionales Flusensieb“

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Von: Lisa Berins

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Erfolgreiche Unterhalterinnen: Die im Kreis Offenbach lebende Susanne Fröhlich und die Wahl-Frankfurterin Bärbel Schäfer geben im Offenbacher Capitol ihre Podcast-Live-Premiere.
Erfolgreiche Unterhalterinnen: Die im Kreis Offenbach lebende Susanne Fröhlich und die Wahl-Frankfurterin Bärbel Schäfer geben im Offenbacher Capitol ihre Podcast-Live-Premiere. © Nicci Kuhn

Offenbach – Zwei Freundinnen im verbalen Staffellauf: Selbstbewusst und ungehemmt quatschen sie über Mitmenschen, sich selbst, die Weltpolitik und Alltagsdinge. Gut zwei Millionen Mal ist der Podcast „Ausgesprochen: Fröhlich mit Schäfer“ schon gehört worden. Jetzt wollen die Moderatorinnen und Autorinnen Bärbel Schäfer und Susanne Fröhlich ihn live auf die Bühne bringen. Zur Premiere kommen sie am 29. April 2022 ins Capitol nach Offenbach. Wir haben mit ihnen über das gesprochen, was sie bewegt: eigentlich alles.

In Ihrem Podcast kommen häufig Beziehungsthemen auf den Tisch. Sind Ihre Männer eingeladen?

Susanne Fröhlich: Unsere Männer kommen nicht.

Bärbel Schäfer: Sie können sich gerne jederzeit Karten online bestellen, wie jeder andere Mensch auch. Da bin ich ganz entspannt.

Fröhlich: Grundsätzlich ist es schon so, dass ich nervöser bin, wenn Menschen, die ich sehr gut kenne, im Publikum sind.

Schäfer: Okay, das stimmt: Wir sind freier, wenn unsere Männer nicht da sind, sagen wir’s so.

Was werden Sie auf der Bühne von sich preisgeben?

Fröhlich: Es wird um Kerle, Küche, Kinder, aber auch Krisen und Politik gehen. Es geht letztlich um alles.

Schäfer: Wir werden uns über die großen und kleinen Themen unterhalten, die uns aktuell beschäftigen. Wenn ich heute in der Waschstraße war, dann kommt das auch im Gespräch vor.

Fröhlich: Sie war wirklich heute in der Waschstraße, aber nicht mit dem Auto, sondern mit dem Flusenfilter ihres Trockners.

Schäfer: Da gibt es diese Hochdruckreiniger, mit denen man Felgen reinigen kann...

Fröhlich: Wir kommen von einem Thema aufs nächste.

Schäfer: Ein verbaler Staffellauf.

Wenn es schiefgeht, kann es höchstens peinlich werden. Was soll’s!

Susanne Fröhlich

Anders als beim Podcast werden Sie Ihrem Publikum in die Augen schauen. Sind Sie aufgeregt?

Fröhlich: Unser Publikum wird uns sehen können. Es wird eine große Enttäuschung werden.

Schäfer: Klar, es ist etwas anderes, als in einem Studio zu sein. Aber es ist eine positive Aufregung, ich werde nicht mit Schnappatmung vorm Bühneneingang des Capitols liegen. Für uns beide ist es eine Premiere. Normalerweise sitzen wir ja bei unserem Podcast an meinem ollen Schreibtisch oder Susannes Esstisch.

Fröhlich: Wenn es schiefgeht, kann es höchstens peinlich werden. Was soll’s! Man braucht eine grobe Struktur für den Abend, aber es muss auch genug Freiraum da sein, davon lebt ja auch der Podcast.

Sie haben eine enge Verbindung zu Ihren Hörerinnen und Hörern, die Ihnen schreiben und Geschenke schicken. Viel Selbstgestricktes ist dabei, Topflappen und Socken. Was wissen Sie über Ihre Fans, wer hört Sie?

Schäfer: Wir bekommen lauter tolle Dinge geschenkt, das stimmt. Ich denke, dass wir einige auch mit auf die Bühne bringen werden.

Fröhlich: Das Erstaunliche ist ja, dass unsere Hörerinnen und Hörer nicht so alt sind wie wir. Das ist schon verrückt. Sie sind jünger.

Schäfer: Warum sollten uns Jüngere hören? Weil sie denken, dass wir bald nicht mehr da sind? Oder weil wir die Dinge aussprechen, wie sie sind und kein Blatt vor den Mund nehmen?

Fröhlich: Ja, das Älterwerden hat auch eine Menge Vorteile. Man ist enthemmter, man hat auch nicht mehr so viel Lebenszeit, um jedem zu gefallen. Wir haben beide eine Haltung, und wir haben keine Hemmung, die Dinge beim Namen zu nennen.

Schäfer: Was genau jetzt schön ist am Älterwerden, kannst du noch mal auf der Bühne erklären.

Fröhlich: Wir werden uns jedenfalls öffnen für Zuschauerfragen, um unser Publikum besser kennenzulernen.

Das Älterwerden hat auch eine Menge Vorteile. Man ist enthemmter, man hat auch nicht mehr so viel Lebenszeit, um jedem zu gefallen. 

Susanne Fröhlich

In ihrem Podcast quatschen Sie über Altersflecken, Beinhaare, Sex. Es geht aber auch um Coronaleugnerdemos und den Krieg. Wie passt das zusammen?

Fröhlich: Das ist so eine deutsche Sache, U und E immer zu trennen. In der Kultur kann „Unterhaltung“ nicht auch „Ernst“ sein. Im wirklichen Leben geht das aber zusammen: Man regt sich darüber auf, dass man vergessen hat, sich die Unterschenkel zu rasieren, und in der Ukraine tobt dieser furchtbare Krieg.

Schäfer: Wir haben vor unseren Podcast-Aufnahmen kein Konzept. Wir schalten das Mikro an und holen uns dort ab, wo wir an dem Tag stehen. Wir haben keine Redakteure oder Schreiber. Wenn wir uns über Coronaleugner aufregen, dann besprechen wir das. Es ist nichts aufgesetzt.

Freundinnen, Autorinnen, Moderatorinnen

Bärbel Schäfer wurde in Bremen geboren. Die Journalistin ist als Moderatorin im Hörfunk und Fernsehen bekannt und hat mehrere Sachbücher zu gesellschaftlichen Themen geschrieben, zuletzt „Ist da oben jemand? Weil das Leben kein Spaziergang ist“ (2016). Am 21. März 2022 erscheint ihr neuer Roman „Avas Geheimnis“. Im hr3 ist sie jeden Sonntag im Gespräch mit einem prominenten Talk-Gast zu hören. Bärbel Schäfer ist mit dem Publizisten und Fernsehmoderator Michel Friedman verheiratet und hat zwei Kinder. Die Familie lebt in Frankfurt. www.baerbel-schaefer.de

Susanne Fröhlich wurde in Frankfurt geboren. Sie ist Schriftstellerin, Journalistin und Moderatorin, seit 2005 unter anderem für die MDR-Literatursendung „Fröhlich lesen“. Ihre Sachbücher wie „Fröhlich fasten“ als auch ihre Romane, zuletzt „Heimvorteil“, wurden zu Bestsellern, darunter „Moppel-Ich“ mit über 1 Million verkauften Exemplaren. Susanne Fröhlich lebt in der Nähe von Frankfurt. www.froehlich-susanne.de

In einer Folge machen Sie sich Gedanken über Putins Motiv, den Krieg in der Ukraine anzuzetteln. Haben wir es hier mit toxischer Männlichkeit zu tun?

Fröhlich: Es ist eine Form von Größenwahn, von Wahnsinn.

Schäfer: Russland ist eine Diktatur, das wissen wir seit Langem, und wir haben weggeschaut, wie wir bei China auch wegschauen. Im Grunde ist es egal, ob ein Diktator eine Frau oder ein Mann ist.

Fröhlich: Es könnte auch mit einer Frontallappenenthemmung zu tun haben. Ältere Menschen haben dieses Problem, dass das Gehirn dann nicht mehr so gut funktioniert. Aber damit allein kann das natürlich auch nicht erklärt werden.

Schäfer: Putin ist definitiv antidemokratisch, kriegerisch, rückwärtsgewandt in seinem Blick auf die Welt. Er hat den Tod zahlreicher Menschen zu verantworten. Die Vorteile von Demokratien müsste man ihm in intensiven Nachhilfestunden noch mal erläutern.

Fröhlich: Nützt aber nichts mehr, das ist ein bisschen zu spät jetzt.

Außenministerin Annalena Baerbock prägt den Begriff der feministischen Außenpolitik neu. Würde eine weiblichere Politik besser für die Welt sein?

Fröhlich: Ich glaube, um gleichberechtigt zu sein, muss man nicht unbedingt besser sein. Natürlich kann man hoffen, dass ein feministischer Blick etwas besser machen wird. Und ich finde es gut, wie Annalena Baerbock sich gibt. Viele ältere weiße Männer, die ich kenne, waren sehr empört, als sie Außenministerin wurde, aber sie rudern jetzt zurück. Sogar mein Vater hat gesagt: „Gar nicht schlecht, was sie macht.“

Schäfer: Es ist vielleicht etwas Wahres dran, dass Frauen über Kommunikation kriegerische Auseinandersetzungen verhindern könnten. Gewalt – das hat man auch in den steigenden Zahlen häuslicher Gewalt während der Pandemie gesehen – geht meist von Männern aus.

Fröhlich: Gewalt ist größtenteils männlich. Also kann man schon über eine von Frauen gemachte Weltpolitik nachdenken, aber die Begeisterung dafür wird sich wahrscheinlich in Grenzen halten.

Warum kommt ihr nicht in den Norden, nach Erfurt, nach Bayern? Tja, weil die Offenbacher eben schlau und schnell waren und uns als Erste ein Zuhause angeboten haben.

Bärbel Schäfer

Sie sind beide sehr erfolgreiche Frauen. Haben Sie in Ihren Karrieren schon mal den Gender-Pay-Gap zu spüren bekommen – oder die berühmte gläserne Decke?

Fröhlich: Wenn Frauen über Geld reden, stößt es nicht immer auf Begeisterung. Es ist unangenehm, kein weibliches Thema. Genauso wie Erfolg oder Ehrgeiz.

Schäfer: Im linearen Fernsehen werden immer noch mehr Männer gezeigt, männliche Moderatoren werden sicher auch anders bezahlt als weibliche. Autoren werden häufiger im Feuilleton besprochen als Autorinnen. Als Freelancerinnen haben wir aber keinen Einblick, wie es bei Männern mit vergleichbaren Berufen aussieht.

Fröhlich: Es ist ein großer Fehler, dass Frauen nicht über ihr Einkommen sprechen. Man stochert so im Nebel. Ich sage es offen, wenn mich jemand fragt, was ich von einem Verlag für eine bestimmte Arbeit bekomme.

Schäfer: Frauen müssen viel selbstbewusster werden, was Verhandlungen angeht und klarer festmachen: Wer nimmt die Elternzeit? Wann steigen sie wieder beruflich ein?

Vor zwei Jahren haben Sie Ihren Podcast als ein kreatives Projekt im Lockdown gestartet. Bald sind Sie bei Folge 200. Über die Zeit ist auch eine Art Protokoll einer Freundschaft entstanden. Wie hat sie sich entwickelt?

Schäfer: Corona hat unsere Freundschaft noch mal befeuert.

Fröhlich: Der Podcast hat dazu geführt, dass wir uns sehr regelmäßig einmal die Woche und neuerdings auch zweimal die Woche treffen. Wir wissen also gut über die Befindlichkeiten der anderen Bescheid.

Schäfer: Die Podcastroutine hat schon auch Nähe geschaffen. Sonst würden wir uns vielleicht nicht so oft sehen.

Fröhlich: Was?

Schäfer: Also nicht so oft. Ich freue mich jedenfalls immer auf den Podcast, und danach habe ich immer gute Laune.

Fröhlich: Das stimmt. Es tut uns gut. In den ersten fünf Minuten bejammern wir uns vielleicht mal... Aber dann geht der Spaß los.

Schäfer: Es ist eine Art Alltagsfilter. Eine Reinigung.

Fröhlich: Ein emotionales Flusensieb.

Sie hatten in den vergangen zwei Jahren außerdem noch Zeit, Bücher zu schreiben...

Fröhlich: Mein aktueller Roman ist im Februar erschienen, er heißt „Heimvorteil“. Es geht um eine Heldin, die sich Altersunterbringungsmöglichkeiten anschaut, weil ihre Kinder sie gerne abschieben würden, um das Haus zu haben. Bärbels Buch „Avas Geheimnis“ kommt am 21. März raus.

Schäfer: Es handelt von einer Person, die eine erschütternde Einsamkeitserfahrung macht. Ich habe im Lockdown angefangen, zu recherchieren und zu schreiben.

Fröhlich: Wir könnten auf der Bühne auch aus unseren aktuellen Büchern lesen.

Schäfer: Ich denke, wir sollten sie auf jeden Fall mitbringen und sie danach signieren.

Die Live-Premiere von „Ausgesprochen: Fröhlich mit Schäfer“ – ist sie eine Einzelshow oder der Auftakt einer Tournee?

Fröhlich: Schauen wir mal, wie das Interesse ist. Unsere Idee war: Wenn andere mit ihren Podcasts live touren, warum sollten wir nicht auch einen Versuch starten?

Schäfer: Es ist eine Premiere, aus der hoffentlich eine Tour wird. Dass wir auf die Bühne kommen, haben wir der Capitol-Chefin Birgit von Hellborn zu verdanken. Sie ist auf uns zugekommen und hat uns gefragt, ob wir uns das vorstellen können. Da haben wir gesagt: Wir versuchen es! Es kamen mittlerweile schon die ersten Reaktionen: Warum kommt ihr nicht in den Norden, nach Erfurt, nach Bayern? Tja, weil die Offenbacher eben schlau und schnell waren und uns als Erste ein Zuhause angeboten haben.

Das Gespräch führte Lisa Berins

Tickets für die Premiere

„Ausgesprochen: Fröhlich mit Schäfer“, am Freitag, 29. April, um 20 Uhr, live im Capitol Offenbach. Ticketbestellungen online unter www.frankfurtticket.de.

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