„Schnellstraße“ im Kreis Offenbach: Unvereinbare Wünsche

Über die Bundesstraße 448 gehen die Meinungen auseinander. In Obertshausen (Kreis Offenbach) durchschneidet die „Schnellstraße“ die Stadt.
Obertshausen – Lebensader oder Trennlinie: Über die Bundesstraße 448 gehen die Meinungen auseinander. Für Offenbach ist die „Schnellstraße“, wie die Verbindung im Volksmund heißt, ein wichtiger Zubringer für Pendler aus dem Landkreis. Etwas weiter südwestlich, in Obertshausen (Kreis Offenbach), durchschneidet die Bundesstraße dagegen die Stadt: Zwei Fußgängerbrücken führen über sie hinweg, ansonsten heißt es, an der Kreuzung an Ampeln zu warten.
Mit der Bundesstraße verbunden sind für die Zukunft höchst unterschiedliche Erwartungen: In Offenbach plant man eine Anbindung von der Mühlheimer Straße hin zur B 448, um dort den Verkehr aus der stark belasteten Grenzstraße und der Bieberer Straße herauszunehmen. In Obertshausen dagegen möchte man die Straße lieber verkleinern oder gar unterirdisch führen, um neuen Wohnraum oder eine „neue Mitte“ für den Ort zu schaffen.
Pikanterweise ist in beide Vorhaben auch das Hessische Verkehrsministerium involviert. In Offenbach, um Geld für den Bau der Anbindung beizuschaffen, in Obertshausen luden im vergangenen Oktober dagegen die hiesige Koalition und das Ministerium zu einem Zukunftstag ein, an dem der mögliche Rückbau auf zwei Spuren thematisiert wurde.
„Schnellstraße“ im Kreis Offenbach: Entschieden sei noch längst nichts
„In Obertshausen geht es um ein Wohnbauprojekt als Teil des großen Frankfurter Bogens“, sagt Hessens Wirtschafts- und Verkehrsminister Tarek Al-Wazir (Bündnis 90/Die Grünen). Entschieden sei jedoch noch längst nichts: Obertshausen lote momentan unter Beteiligung der Bürger verschiedenen Möglichkeiten für die Zukunft aus. „Es ist aber so, dass die B 448 eine brutal trennende Wirkung in der Stadt hat“, sagt er. Nun werde untersucht, ob sich Flächen für Wohnbau gewinnen ließen, wenn die Bundesstraße verkleinert würde. Allerdings würde dieser Eingriff einen erheblichen Planungsaufwand mit sich führen: Wie der Name sagt, ist es eine Straße des Bundes, Hessen-Mobil bewirtschaftet und verwaltet diese. Eine Veränderung müsste somit mit verschiedenen Partnern abgestimmt werden.
Einfacher ist daher das Vorhaben der Stadt Offenbach, eine Anbindung von der Mühlheimer Straße zur B 448 zu bauen, da es sich hierbei um ein kommunales Bauprojekt handelt. Vom Land kann dieses Projekt dennoch gefördert werden, wie der Minister erläutert: „Aus Sicht des Ministeriums kann diese Anbindung gefördert werden, wenn sie zu einer Verbesserung des kommunalen Verkehrs beiträgt. Wir müssen etwa wissen, zu welcher Entlastung die Verbindungsstraße an der Grenzstraße führt.“
Dafür seien jedoch noch einige Untersuchungen und Gutachten nötig, zum jetzigen Zeitpunkt liege ihm noch nichts vor. Zudem muss eingehend geprüft werden, wie sich der Verkehr auf der B 448 durch die Anbindung verändern würde – wie im Fall des Vorhabens in Obertshausen ebenso geprüft werden muss, wie sich ein Rückbau auf die Attraktivität der Bundesstraße auswirkt.
Denn die Vorhaben wirken sich auf das jeweils andere aus: Wie attraktiv die B 448 für den Lieferverkehr von und zum Innovationscampus sein wird, wenn die Straße nur wenige Kilometer nach dem Befahren einspurig wird, bleibt eine offene Frage. Zumal es für den Lieferverkehr ohnehin schon einige Mehrkilometer bedeutet, über die Bundesstraße den Weg zur Autobahn zu nehmen, statt über den kürzesten Weg quer durch Offenbach Richtung Kaiserlei.
B 448 im Kreis Offenbach: Erhebliche Mehrbelastung in Sachen Verkehr
Wenn Samson Ende 2026 sein komplettes Werk von Frankfurt nach Offenbach verlagert hat, ist jedoch mit einer erheblichen Mehrbelastung in Sachen Verkehr rund um den Innovationscampus zu rechnen – ebenso später in Obertshausen, denn auf dem Weg zur Autobahn durchquert der Lieferverkehr dann die Stadt über die B 448. Samson-Chef Andreas Widl bezifferte gegenüber unserer Zeitung den zusätzlichen Verkehr mit 175 Lastwagen oder Kleintransportern täglich.
Verkehrsplanerische Gutachten in Auftrag zu geben, gehört aktuell zur Tätigkeit des Offenbacher Planungsamtes. „Wir hoffen, dass wir im kommenden Monat den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan in der Stadtverordnetenversammlung beschließen können“, sagt Offenbachs Bau- und Planungsdezernent Paul-Gerhard Weiß (FDP).
Dazu gehören auch eine Vielzahl an Gutachten und Untersuchungen zu den verkehrlichen Auswirkungen des Baus der Anbindung. Bei der Vorstellung der Pläne wurden noch verschiedene Varianten für die Streckenführung an einen besonders neuralgischen Punkt genannt: der Querung der Bahngleise. Ob eine gemeinsame Querung für Auto- und Radverkehr die Laska-Brücke ersetzt oder doch zwei Brücken, war vergangenes Jahr noch nicht entschieden.
Bis Ende kommenden Jahres, spätestens aber bis 2025 soll der Planungsprozess, in den auch Kritiker eingebunden werden, wie Weiß betont, abgeschlossen sein. „Ab 2025 wollen wir mit dem Bau loslegen.“ Parallel zum Planungsprozess werde nach Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten für die 900 Meter lange Verbindungsstraße gesucht – mit Unterstützung des Verkehrsministeriums. (Frank Sommer)