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Offenbach: Mutter schreibt Buch über Fahrrad-Weltreise mit ihrem kleinen Sohn

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Von: Veronika Schade

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Eine alleinerziehende Mutter aus Offenbach radelt mit ihrem Sohn durch Europa. Die Reise verändert ihr Leben. Nun hat sie ein Buch darüber geschrieben.

Offenbach - Aus dem Alltag ausbrechen, sich in den Fahrradsattel schwingen und tausende Kilometer durch Europa in Richtung Südwesten fahren – mit einem kleinen Kind. Die Geschichte der Alleinerziehenden Jasmin Böhm, die dies gewagt hat, bewegte im vergangenen Jahr viele Leser unserer Zeitung, aber auch weit darüber hinaus.

Es ist fast auf den Tag genau ein Jahr her, seit sie wieder zu Hause in Offenbach angekommen ist mit dem Vorsatz, nicht mehr ins alte Hamsterrad zurückzukehren. Und der Idee, ein Buch über ihre Erfahrungen zu schreiben. Beides ist ihr gelungen: „Hallo Glück, dich gibt‘s ja doch! – Wie ich mich nach einer Lebenskrise zusammen mit meinem Sohn in ein großes Abenteuer stürzte“ ist druckfrisch erschienen. Und ihr Leben gleicht längst keinem Hamsterrad mehr, denn Auszeiten gehören dazu: Heute kehren sie und ihr Sohn zurück von ihrer zweiten großen gemeinsamen Europareise, die sie zunächst den Donauradweg entlang bis zur rumänischen Grenzen führte und von dort nach Istanbul – fast 3200 Kilometer.

Mit Fahrrad und Kind durch Europa: Eine lebensverändernde Reise für Mutter aus Offenbach

Die 32-jährige Doktorandin arbeitet freiberuflich in zwei Jobs, in denen sie ihre Zeit frei einteilen kann. Ihr Sohn, der kürzlich vier geworden ist, besucht halbtags den Kindergarten. „Für ihn und die anderen Kinder ist es völlig in Ordnung, dass er mal da ist, dann wieder längere Zeit nicht. Kinder gehen mit den Begebenheiten, wie sie sind, ganz entspannt um.“ Von März bis Mai waren sie bereits auf den Kanaren unterwegs, diesmal per Kleinbus.

Unterwegs durch Europa mit Fahrrad und Kleinkind: Die Offenbacherin Jasmin Böhm, alleinerziehende Mutter, hat darüber ein Buch geschrieben.
Unterwegs durch Europa mit Fahrrad und Kleinkind: Die Offenbacherin Jasmin Böhm, alleinerziehende Mutter, hat darüber ein Buch geschrieben. © Privat

Die aktuelle Radtour, die Anfang August begann, sei nochmal ganz anders gewesen als die vorherige. „Er ist jetzt schon ein richtig erfahrener Reise-Buddy, eine Stütze auch in schwierigen Situationen. Gemeinsam so viel Zeit verbringen zu können, ist das größte Geschenk. Und er ist erstmals einige Abschnitte selbst geradelt, bis zu 40 Kilometer am Tag, das hat das Erlebnis noch intensiver gemacht“, berichtet sie. Vorher habe er zu Hause als längste Strecke hin und zurück fünf Kilometer geschafft. Doch die Reise beflügelt – vor allem dank vieler schöner Begegnungen.

„Umso mehr man in den Osten fährt, desto gastfreundlicher werden die Menschen, das ist unbeschreiblich“, schwärmt die Offenbacherin. Immer wieder seien sie von Wildfremden, mit denen sie sich kaum verständigen konnten, nach Hause zum Essen eingeladen worden, oder man habe ihnen etwas gebracht, einfach aus Interesse und Freundlichkeit. „Dass die Menschen dermaßen aufgeschlossen und nett waren, hat auch viel mit meinem Sohn gemacht.“ Jeder habe ihn angesprochen, ermutigt, ihm zugejubelt. „Dann trat er erst recht in die Pedale“, erzählt Böhm und lacht. Bis Serbien haben die Beiden gezeltet, danach wurde es nachts zu kühl, sie übernachteten in Unterkünften. „Kleider haben wir nochmals krass reduziert, hatten nur das Nötigste dabei, das wuschen wir dann.“ Trotzdem wiegt das Fahrrad samt Anhänger, Kind und allem Gepäck 70 bis 80 Kilogramm. „Berge sind deshalb immer noch mein Endgegner.“

Mit dem Fahrrad ins neue Glück: Buch von Mutter aus Offenbach soll Mut machen

Ihr Buch in der Hand gehalten hat Böhm noch nicht. „Deshalb bin ich schon ganz aufgeregt, wenn ich nach Hause komme. Es steckt so viel Persönliches drin. Das ist sehr emotional.“ Das Schreiben sei nicht immer einfach gewesen. Zwar nimmt ihr Neubeginn, ihr Ausbruch aus dem Hamsterrad, praktische Erfahrungen des Reisens mit Kleinkind und ihre Erlebnisse dabei den Großteil des Buches ein, doch das ist längst nicht alles. „Einige Teile habe ich bereits vorher geschrieben“, berichtet die junge Frau. Und zwar diejenigen, die dazugehören, um das Puzzlebild davon, was sie zu diesem Schritt bewogen hat, zu vervollständigen: der frühe Tod ihrer Mutter, die sie bis zum Schluss im Hospiz begleitet hat. Und die Beziehung zum Vater ihres Sohnes, die zunächst so perfekt schien und dann eine schlimme Wendung nahm. „Um so etwas zu schreiben, muss man sich öffnen, seine verletzliche Seite zeigen. Das macht angreifbar“, ist sie sich bewusst.

Das Buch

„Hallo Glück, dich gibt’s ja doch – Wie ich mich nach einer Lebenskrise zusammen mit meinem Sohn in ein großes Abenteuer stürzte“ ist erschienen im Kailash Verlag. ISBN: 978-3-424-63240-8. 320 Seiten, 18,50 Euro. Auch als e-Book erhältlich. www.kailash-verlag.de

Dabei sieht sie ihr Buch als Mutmacher, will jeden, der in einer schwierigen Situation steckt, darin bestärken, sein Glück zu suchen. „Das gelingt nur, wenn ich von meinen eigenen Schwierigkeiten im Leben erzähle. Ich hoffe, dass ich anderen damit helfen kann, denn ich hätte früher selbst so etwas dringend gebraucht.“ Zugleich wolle sie ein Bewusstsein dafür schaffen, dass man nur dieses eine Leben hat. Und in diesem habe man die Wahl: Mut oder Angst. „Es geht darum, den Mut zu entwickeln, seinen Träumen nachzujagen. Das kann auch auf ganz andere Weise geschehen als mit einer Fahrradreise“, sagt die Autorin.

Jasmin Böhm ist mit ihrem Leben, wie es jetzt ist, der Kombination aus Phasen zuhause und unterwegs, zufrieden. „Wir freuen uns auf Zuhause, auf Oma und Opa, auf Freunde. Aber nach dem Winter brechen wir bestimmt wieder auf.“ Wie es dann mal sein werde, wenn ihr Sohn in die Schule kommt, werde sich zeigen. Aber bis dahin ist noch ein wenig Zeit. (Veronika Schade)

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