Grüne wollen Wohnungssicherungsstelle in Offenbach

Passieren kann es jedem: Plötzlich ist die eigene Wohnung nicht mehr finanzierbar. Ob durch Arbeitslosigkeit, steigende Mietpreise, einen angehäuften Schuldenberg oder Suchtproblematik – die Gründe können vielfältig sein. Doch was tun bei drohender Wohnungslosigkeit? „Viele wissen nicht, wo sie Hilfe bekommen, und verfallen in eine Vermeidungsstrategie“, weiß Thomas Quiring, Leiter des Diakonischen Werkes für Frankfurt und Offenbach. Sie öffnen monatelang keine Briefe, gehen nicht ans Telefon, hoffen, der Kelch geht irgendwie an ihnen vorbei. Bis die Zwangsräumung ansteht.
Offenbach - Immer mehr Menschen in Offenbach haben kein gesichertes Dach über dem Kopf, gelten als wohnungslos. Dabei ist Wohnungslosigkeit nicht gleichzusetzen mit Obdachlosigkeit, denn sie umfasst einen viel größeren Kreis von Personen. Etwa Frauen in Frauenhäusern, Menschen in prekären Wohnverhältnissen, Menschen, die immer wieder kurzzeitig bei Freunden unterkommen, aber auch solche, die zwar nicht direkt auf der Straße, aber in Abbruchhäusern oder Schrebergärten leben. Ihre genaue Zahl lässt sich nicht feststellen, aber der Anstieg ist offensichtlich. Allein die Zahl der Menschen, die in Notunterkünften untergebracht sind, hat sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als verdoppelt auf derzeit rund 500 Personen.
Die Offenbacher Grünen haben sich das Thema auf die Agenda geschrieben. Sie wollen eine sogenannte Wohnungssicherungsstelle in Offenbach initiieren, teilen Fraktionsvorsitzender Tobias Dondelinger, der sich mit dem Thema Wohnen befasst, und seine Kollegin Basak Taylan-Kiran vom Ausschuss für Soziales und Integration mit. „Es soll ein Angebot sowohl für Betroffene als auch für Vermieter sein, wo sie unbürokratische und niedrigschwellige Beratung und Hilfe bekommen“, erläutern sie im Pressegespräch.
Es geht dabei um Prävention, darum, Hilfsangebote zu bündeln und sie leichter zugänglich zu machen. Ob Mainarbeit, Sozialamt, Diakonie, Caritas – viele Betroffene seien überfordert damit, an wen sie sich wenden sollen. Gebe es eine bekannte Stelle, könnte das die Hemmschwelle verringern und man könnte nach Lösungen suchen, bevor es zu spät ist. „Natürlich wäre es naiv zu glauben, dass wir damit jede Wohnung erhalten können“, sagt Dondelinger. „Aber, abgesehen von den schlimmen individuellen Schicksalen, ist die Wohnungslosigkeit eine Belastung für den kommunalen Haushalt. Daher ist jede Wohnung, die nicht verloren geht, die beste und billigste Lösung für alle.“ 2020 zahlte die Mainarbeit mehr als 3,3 Millionen Euro für Notunterkünfte und Übernachtungen.
Wie umkämpft der Wohnungsmarkt ist, sieht Diakonie-Leiter Thomas Quiring bei seiner täglichen Arbeit im Sozialdienst an der Gerberstraße. Nicht nur das Wohnheim ist voll ausgelastet, auch haben dort derzeit 205 Menschen ihre Postadresse eingerichtet, um in Ermangelung einer eigenen Adresse ihre Post entgegennehmen zu können. „Wer seine Adresse bei uns hat, muss zweimal wöchentlich erscheinen. Wir bieten Beratung an, helfen beim Ausfüllen von Formalitäten“, berichtet Quiring. Corona habe bestehende Probleme verschärft: „Flaschensammler zum Beispiel haben im Lockdown deutlich weniger Einkünfte gehabt, auch fielen viele Minijobs weg.“
In Städten wie Frankfurt und Kassel gibt es bereits Wohnungssicherungsstellen. In welcher Form sie in Offenbach umsetzbar und sinnvoll wären, ist nun Thema weiterer Gespräche bei den Grünen. Sie wollen noch in der ersten Hälfte der Legislatur damit loslegen und danach einen Antrag stellen.
Von Veronika Schade