Bieber-Nord und Bürgel-Ost sind gefragte Wohngebiete

Allen Unkenrufen zum Trotz ist Offenbach als Wohnstandort beliebt. Das zeigt der am gestrigen Dienstag vorgestellte Immobilienmarktbericht der unabhängigen Gutachterkommission. Die Anzahl der auswertbaren Transaktionen von Baugrundstücken und Gebäuden ist im Vorjahr im Vergleich zu 2020 nur unwesentlich zurückgegangen, gerade bei Wohnungs- und Teileigentum gibt es eine große Nachfrage.
Offenbach - Diese zeige, dass die Stadt als Wohn- und Arbeitsstandort begehrt sei, sagt Planungsdezernent Paul-Gerhard Weiß. Die Stadtplanung dürfe die Augen nicht vor dieser Entwicklung verschließen, sondern müsse sie aktiv gestalten. „Auch wenn einige am liebsten einen Zaun um die Stadt machen würden“, erklärt er mit Blick auf CDU und Freie Wähler, die etwa beim Baugebiet Waldhof-West inzwischen auf Distanz zur einstigen von ihnen mitbeschlossenen Linie getreten sind.
Die meisten Verkäufe betrafen wie schon im Vorjahr das Baugebiet Bieber-Nord, gefolgt von der Innenstadt und dem Gebiet Bürgel-Ost. Allerdings, so erläutert Cornelia Jockisch vom Gutachterausschuss, sei bei Bieber-Nord schon ein Abflauen feststellbar, das Gros der Immobilienkäufe ist dort inzwischen geschehen.
Dass der Spitzenwert von über 78 Hektar an Gesamtfläche von 2020 bei den Verkäufen ein einmaliger Ausreißer war, zeigt der aktuelle Bericht: Damals wurde die Gesamtfläche durch einen einzelnen großen Grundstücksverkauf am Kaiserlei verzerrt, nun liegt der Flächenumsatz mit 43,7 Hektar wieder auf dem Niveau der vorigen Jahre. Dementsprechend ist auch der Umsatz um 31,8 Millionen Euro auf 727,5 Millionen Euro zurückgegangen – liegt aber noch auf sehr hohem Niveau.
Die Preisentwicklung ist seit Jahren ansteigend, so auch bei den Verträgen aus dem Jahr 2021. Dennoch ist die Entwicklung bei unbebauten Eigenheimgrundstücken eine dramatische: Um knapp 52 Prozent sind hier die Preise geradezu explodiert und liegen bei 1100 Euro pro Quadratmeter. Für Geschosswohnungsbau ist ebenfalls eine Verteuerung zu bemerken, allerdings fällt diese mit 18 Prozent moderater aus. 1035 Euro pro Quadratmeter werden in diesem Segment fällig. Für Mehrfamilienhäuser ist der Preis ebenfalls gestiegen, betrug der durchschnittliche Kaufpreis pro Quadratmeter 2019 noch 2326 Euro, waren es 2021 3285 Euro. Bei Wohn- und Geschäftshäusern ist der Anstieg etwas geringer, dennoch kletterte der Durchschnittspreis pro Quadratmeter von 2198 Euro (2019) auf nun 2643 Euro.
Eigentumswohnungen sind nach wie vor kostspielig in der Stadt, am hochpreisigsten sind die ab Baujahr 2000 mit rund 4600 Euro pro Quadratmeter, am vergleichsweise günstigsten mit 3130 Euro pro Quadratmeter die zwischen 1950 und 1974 erbauten Eigentumswohnungen.
Offenbach zählt damit ebenso wie Frankfurt, Darmstadt, Wiesbaden und die umliegenden Kreise des Rhein-Main-Gebiets zu den teuersten Regionen Hessens. „Natürlich gibt es noch einmal einen deutlichen Unterschied zwischen den Preisen in Frankfurt und Offenbach, ebenso zwischen der Stadt und dem Landkreis“, sagt Cornelia Jockisch. Doch es stehe außer Frage, dass Objekte in Offenbach qualitativ interessant für Frankfurter seien und dementsprechend viel gekauft werde. Allerdings: 44 Prozent der Käufer für Offenbacher Objekte stammen selbst aus Offenbach.
Die starke Teuerung seit Jahresbeginn macht sich auch am Immobilienmarkt bemerkbar, wie ein Blick auf die Zahlen des ersten Quartals 2022 zeigt: 231,9 Millionen Euro Umsatz wurden verzeichnet, im ersten Quartal 2019 waren es noch 147,3 Millionen Euro. „Diese Zahlen sind das Ergebnis der allgemeinen Preissteigerung“, sagt Dennis Hartmann vom Gutachterausschuss. Es liege hier kein Sonderfall durch einen besonders teuren Verkauf vor. Für die Zukunft bedeutet dies, dass es für viele Bürger noch schwieriger wird, Eigentum zu erwerben.
Von Frank Sommer