Bücherei als Hoffnungsträger für Offenbach

Die Stadtverordneten liefern sich einen Schlagabtausch über den Umzug der Offenbacher Stadtbücherei, am Ende befürwortet nur die Ampel-Koalition die Verhandlungen mit dem Eigentümer des Karstadt-Gebäudes.
Offenbach – Einigkeit herrscht wahrlich keine, als am Donnerstag um kurz vor 19 Uhr das Ergebnis feststeht: Der Magistrat wird mit Verhandlungen mit dem Eigentümer des ehemaligen Karstadt-Gebäudes beauftragt, damit die Stadtbücherei als Station Mitte dort hineinziehen kann. Obwohl die Vertreter der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP zuvor um breite Zustimmung als starkes Zeichen für die Verhandlungen baten, stimmt die Opposition gegen das Vorhaben, die Freien Wähler enthalten sich.
Wie berichtet, hat sich der Magistrat nach Beendigung der Machbarkeitsstudie zum Umzug der Bibliothek für das Karstadt-Gebäude entschieden. Das bietet mit 8 000 Quadratmetern Fläche den meisten Platz für eine moderne Stadtbücherei. Aktuell hat die Bibliothek gerade einmal 1100 Quadratmeter zur Verfügung, mindestens 6 500 werden aber benötigt. Allerdings ist das Karstadt-Gebäude auch die teuerste Variante.
Während die Ampel-Vertreter für den Umzug in das ehemalige Kaufhaus werben, erwärmt sich die Opposition für andere Varianten: Die CDU möchte lieber einen Erweiterungsbau am Büsingpalais, die Linken bevorzugen das C&A-Gebäude für die Bücherei und die AfD betrachtet Räumlichkeiten im Einkaufszentrum KOMM als besser geeignet.
Warum der Bücherei aufgebürdet werden solle, die Innenstadt zu retten, fragt etwa Marion Guth von den Linken: „Warum wurde nicht auch an anderen Orten in der Stadt für eine Verlagerung gesucht?“ Die Suche nach einem Standort hätte nicht auf die Innenstadt beschränkt werden müssen. Städteplanerisch sei der vorgelegte Antrag von „bemerkenswerter Zaghaftigkeit“, sagt sie.
Die CDU befürchtet dagegen, dass das Kulturkarree aus Büsingpalais und Bernardbau durch den Wegzug der Bücherei zerstört wird. „Das Kulturkarree wird filetiert, ohne dass wir ein Nachnutzungskonzept haben“, sagt CDU-Fraktionschef Roland Walter.
Das Kulturkarree werde „nicht komplett“ zerstört, entgegnet SPD-Fraktionsvorsitzende Helena Wolf, der Bücherturm bleibe für eine kulturelle Nutzung erhalten. In der Vergangenheit hat Oberbürgermeister Felix Schwenke stets betont, dass der Bücherturm der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen soll. Ein Umzug, so betonte er auch im Gespräch mit unserer Zeitung im vergangenen Jahr, werde erst erfolgen, wenn ein Nachnutzungskonzept vorliegt.
Dieses lässt allerdings auf sich warten. Da die neue Bücherei einen großen Veranstaltungssaal erhalten soll, würde der Bücherturm mit dieser in Konkurrenz treten. Unter der Hand hieß es bereits im vergangenen Jahr, dass man sich gern zahlungskräftige Mieter bei der Nachnutzung des Flügels des Büsingspalais wünschen würde – mit Ausnahme des Bücherturms eben. Der Raum selbst, momentan in mehrere Etagen gegliedert, dürfte für eine andere Nutzung als die bisherige schwierig sein.
Angesichts der Zweifel der Opposition erinnern die Koalitionsvertreter daran, dass die Station Mitte ein Schlüsselmoment des Innenstadt-Konzeptes ist – und dieses sei seinerzeit einstimmig beschlossen worden. „Wir haben mit dem Zukunftskonzept Innenstadt Preise gewonnen“, erinnert Wolf.
Die Umsetzung der Station Mitte sei ein wichtiger Baustein des Zukunftskonzepts, betont FDP-Chef Oliver Stirböck: „Es ist ein Projekt, das Größeres bewirken kann.“
Ob Kauf des Gebäudes oder ein Mietvertrag, die Stadtverordneten werden letztlich die Entscheidung haben, sagt Oberbürgermeister Schwenke. Wie schon die Freien Wähler vor ihm, so betont auch er, dass der Umzug der Bücherei die Innenstadt nicht allein retten werde, dafür seien mehrere Bausteine aus dem Zukunftskonzept nötig. „Aber wie die Bibliothek heute ist, kann sie nicht bleiben“, sagt er.
Obwohl der Magistrat zu Verhandlungen über das Karstadt-Gebäude aufgefordert wird, soll auf Wunsch der Grünen auch noch einmal die Möglichkeit des Umzugs in das Post-Gebäude geprüft werden – das ist insofern kurios, da die GBO kommende Woche den Kauf der Immobilie beschließen will, um dort Wohnungen zu bauen. Zudem sei laut Planungsdezernent Weiß das Postgebäude wegen der zu niedrigen Deckenhöhe nicht für eine Bücherei geeignet. Für die GBO wäre das Gebäude wichtig, um den öffentlichen Wohnungsbau voranzutreiben.
Von Frank Sommer