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Die Ballade von den Goldenen Zwanzigern begeistert in Offenbach

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Applaus, Applaus! Das Capitol Symphonie Orchester begeisterte unter seinem Dirigenten Wayne Marshall das Publikum.
Applaus, Applaus! Das Capitol Symphonie Orchester begeisterte unter seinem Dirigenten Wayne Marshall das Publikum. © Krämer

Bertolt Brecht hätte wohl nicht erahnen können, dass ein Konzert seiner kapitalismuskritischen „Dreigroschenmusik“ einmal von der Sparkassenstiftung gesponsert werden würde. Jetzt war’s soweit... Das Capitol Symphonie Orchester führte die „streicherlose“ Fassung von Kurt Weills „Kleine Dreigroschenmusik für Blasorchester“ am Sonntag im nicht ganz ausverkauften Capitol auf.

Offenbach – Diese beinhaltet etwa die instrumentalen Fassungen von weltbekannten Stücken wie dem „Moritat von Mackie Messer“ oder dem „Kanonen Song“. Dass die „Ballade der Seeräuber-Jenny“ zunächst ausgelassen wurde, hatte gute Gründe. So ließ es sich Kulturmanager Dr. Ralph Philipp Ziegler nicht nehmen, das Musikstück tagesaktuell einzuordnen. Schließlich weise die im Lied besungene Jenny Parallelen mit einem gewissen Staatsmann auf, der die Welt ebenfalls in Brand setzen wolle. In dem Lied beschreibt die Ich-Figur ihr armseliges Dasein als Dienstmagd eines billigen Hotels und ihren Traum von einem Piratenschiff, welches ihretwegen vor der Stadt aufkreuze und die Besatzung alle, die sie verachtet hätten, auf ihren Befehl hin töten werde.

Anders als die restlichen Stücke aus der Brecht/Weill-Oper wurde diese Ballade tatsächlich auch gesungen. Mit Sängerin und Schauspielerin Katharina Beatrice Hierl präsentierte die Capitol Classic Lounge ihrem Publikum eine echte Brecht-Expertin, spielt diese doch seit 2021 am Berliner Ensemble eine Rolle in der eben jener Dreigroschenoper. Äußerst dynamisch ließen das glänzend aufgelegte Orchester unter der Leitung ihres britischen „Kapitäns“ und Dirigenten Wayne Marshall und die charismatische Sängerin den zeitlosen maritimen Klassiker vom Stapel.

Danach ging es mit Theo Macklebens „Sinfonischer Ballade für Cello und Orchester“ und dem Solokonzert des Abends weiter. Einen Eintrag in die Geschichtsbücher brachte dem Komponisten, der neben klassischen Werken auch Schlager komponierte, die Uraufführung der „Dreigroschenoper“ im Berliner Theater am Schiffbauerdamm 1928. Auch wenn dessen Eigenkomposition einige Längen aufwies, veredelte der erste Solo-Cellist des Gewandhausorchesters Leipzig, Valentino Worlitzsch, die spätromantischen Harmonien der instrumentalen Ballade. Aufgrund seines lyrischen Cello-Tons und einer makellosen Technik wurde der ehemalige Solo-Cellist des HR-Sinfonieorchesters vollkommen zu Recht gefeiert.

Leichter verdaulich wirkten dagegen die anschließend von Hierl vorgetragenen Friedrich-Holländer-Lieder „Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt“, bekanntgeworden durch Marlene Dietrich und ihre Rolle in „Engel in Blau“, sowie der Revue-Nummer „Raus mit den Männern aus dem Reichstag“ (aus „Von Mund zu Mund“). Eine weniger bekannte musikalische Kostbarkeit stellen der „Valse Melancolique“ und das „Intermezzo“ aus der „Tänzerischen Suite“ des Operettenkomponisten Eduard Künneke dar, welche der edle Offenbacher Klangkörper feinnuanciert ausdeutete.

Auch wenn das etwa zweistündige Konzert in der Dämmerung endete, wünschten die Musiker ihrem Publikum mit Paul Abrahams „Good Night“ (aus „Blume von Hawaii“) frühzeitig eine gute Nacht. Kräftiger Beifall für das Konzert unter dem Motto „Die Ballade von den Goldenen Zwanzigern“, das nur eine Zugabe vermissen ließ. (Von Sebastian Krämer)

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