Die letzten Monate in Würde verbracht: Obdachloser Jan M. ist verstorben

Vor einem halben Jahr erschien unser erster Bericht über den Obdachlosen Jan M. Der schwer kranke Mann hat keine Versicherung, so ging es danach weiter.
Offenbach - Ein schwerkranker Mann ohne Versicherung, der durch alle Raster des Sozialstaates fiel und dem ein einsamer Tod auf der Straße drohte: Ein halbes Jahr ist vergangen, seit unsere Zeitung über den obdachlosen Jan M. berichtet hat – und damit eine Welle der Hilfsbereitschaft auslöste. Nun ist er verstorben.
Der Fall des 69-jährigen Polen, der an einem Blasentumor im Endstadium erkrankt war, beschäftigte gleich mehrere Stellen der Stadt, die sich um die Schwächsten der Gesellschaft kümmern: die Caritas-Straßenambulanz, Malteser Medizin für Menschen ohne Krankenversicherung, aber auch die Ökumenische Hospizbewegung.
Dass sein Schicksal an die Öffentlichkeit gelangte, ist dem Fuldaer Jürgen Seibel zu verdanken, der durch Zufall von M. erfuhr und die Spendenaktion initiierte. Die Caritas stellte dafür ihr Konto zur Verfügung, mit dem günstige Hotelzimmer für Menschen ohne Obdach finanziert werden. Nach dem Artikel in unserer Zeitung kamen rund 14. 000 Euro zusammen.
Mann aus Offenbach erhält Spenden - Er konnte die „letzten Monate in Würde verbringen“
„Dank diesem Geld konnte Herr M. seine letzten Monate in Würde verbringen“, freut sich Edith Heillos von der Caritas-Straßenambulanz, die ausdrücklich nochmals allen Spendern danken möchte. Er kam fest in einem Hotelzimmer unter, das die Caritas immer wochenweise für ihn buchte. Sein Gesundheitszustand war von Auf und Abs geprägt.
Mal gab es bessere Phasen, mal schlechtere, zwischendurch musste er immer wieder ins Krankenhaus. „Weil das Hotel keinen Aufzug hatte, haben wir ihn dann in einem anderen untergebracht“, berichtet Heillos. Ihr Team der Straßenambulanz räumte sein Zimmer jedes Mal komplett, wenn er ins Krankenhaus musste, und richtete es wieder ein, wenn er zurückkommen sollte.
Jan M. im Krankenhaus: Eigentlich stand seine Entlassung kurz bevor
Alle gingen davon aus, dass es auch diesmal so sein würde, als er am 19. April ins Kettelerkrankenhaus eingewiesen wurde. Eigentlich stand seine Entlassung kurz bevor, als sich auf einmal sein Zustand verschlechterte. So gravierend, dass die Klinik deutlich machte, dass es sich höchstwahrscheinlich um seine letzte Station handele. Mitarbeiter des Ökumenischen Hospizdienstes besuchten M. regelmäßig – auch für sie war es eine neue Erfahrung, einem wohnungslosen Menschen beizustehen.
Das Pflegepersonal des Ketteler kümmerte sich um ihn, trotz seiner Schmerzen machte er auf die Helfer einen ausgeglichenen Eindruck. Dr. Matthias Zimmer, leitender Arzt der Malteserpraxis für Menschen ohne Krankenversicherung, versorgte ihn bis zuletzt. Am 11. September verstarb M. schließlich. „Ich denke, er hat einen friedlichen Abschied genommen und war mit der Welt und mit sich – und mit Gott – im Reinen“, sagt Gabriele Türmer, Koordinatorin der Malteserpraxis.
Jan M.: Trotz Sprachbarriere hatten ihn alle ins Herz geschlossen
Seine Bescheidenheit und Freundlichkeit wird den Helfern in Erinnerung bleiben. Trotz der Sprachbarrieren haben ihn alle ins Herz geschlossen. „Ich glaube, er zeigte seine Dankbarkeit durch seine Zuverlässigkeit“, sagt Heilos. Stets sei er kooperationsbereit gewesen, habe sein Schicksal angenommen. „Wir wissen, dass er gläubiger Katholik war“, sagt Türmer. Deshalb soll am Samstag, 16. Oktober, bei der Vorabendmesse um 17 Uhr in der Kirche St. Peter seiner gedacht werden. „Das ist der Ort, wo wir mit unserer Praxis während der pandemiebedingten Kettelersperre waren und wo er uns immer aufgesucht hat“, erklärt die Malteser-Koordinatorin.
Da aufgrund der Corona-Auflagen nur 60 Personen an der Messe teilnehmen können, wird um Anmeldung gebeten bei der Zentrale der Caritas unter Tel: 069/800640.
Übrigens: Das gespendete Geld ist noch nicht ganz aufgebraucht. „Die Restmittel werden wir für andere pflegebedürftige Obdachlose einsetzen“, verspricht Edith Heilos. Denn auch sie haben mehr Würde verdient... (Veronika Schade)