„Die Waffen nieder“

Sonne, Ostern, Demo: Gestern treffen sich lokale Friedensaktivisten auf dem Stadthof zum Ostermarsch mit der Überschrift: „Die Waffen nieder. Stoppt den Krieg in der Ukraine. Stoppt das 100-Milliarden-Aufrüstungsprogramm.“ Dann geht es zu Fuß zur Abschlusskundgebung am Frankfurter Römer.
Offenbach – Aktuell haben’s Pazifisten schwer. Die Ansicht, Deutschland sollte den ukrainischen Truppen unbegrenzt Waffen liefern, erfreut sich einer Umfragemehrheit. Am Ostermontag erklärt Christa Führer-Rößmann, Sprecherin der Offenbacher Friedensinitiative, eine Pfarrerin habe ihr Erscheinen samt Rede abgesagt, „weil wir uns gegen die Lieferung von Waffen in die Ukraine aussprechen“.
Die Sprecherin zitiert Erich Vad, den pensionierten Brigadegeneral und früheren Berater von Kanzlerin Angela Merkel: „Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert.“ Ein Krieg sei immer die Hölle, betont Führer-Rößmann, „die wird jedoch nicht weniger schrecklich, je mehr Waffen wir reinpumpen“.
Naisan Raji von der Linkspartei kritisiert zweierlei Maß, mit der die Öffentlichkeit Militäraktionen bewerte, „Libyen war das reichste Land in Afrika. Die Amerikaner und die NATO bombardierten den Staat in die Steinzeit“. In Afghanistan deute sich eine Hungersnot an, „weil das Staatsvermögen im Ausland eingefroren ist“.
Die Gefahr von Hunger in Ländern wie Ägypten oder Tunesien sieht auch Flora Brechtl, weil die einen großen Teil ihres Getreides aus Russland und der Ukraine beziehen, „die mit Nahrungsmitteln spekulieren, die freuen sich, wenn der Krieg noch lange dauert“. Den zu erwartenden Hunger in Afrika werte man wohl als einen der üblichen Kollateralschäden.
Ein Mann trägt ein Plakat, das Petra Kelly und ihren Lebensgefährten General Gerd Bastian zeigt. Die beiden sitzen unter einem Plakat, auf dem steht, „BRD raus aus der NATO. Die Grünen.“ Natürlich trage die NATO einen großen Teil der Schuld an der Eskalation der Gewaltspirale in der Ukraine, erklärt Maike Reichartz, Mitglied im Jugendverband der Linken, „aber so was rechtfertigt keinen Angriffskrieg“.
Anneli Hüpenbecker von der IG-Metall kritisiert, „die beschlossene Aufrüstung von 100 Milliarden Euro aus einem Topf, der sich ,Sondervermögen nennt’“. Das Geld lasse sich nicht drucken, „das fehlt an anderen wichtigen Stellen“.
Nachdem der Tross Richtung Frankfurt gezogen ist, sucht ein Mann den Kontakt zur Presse und erklärt, er sei ehemaliger ranghoher Bundeswehr-Offizier und wolle seinen Namen nicht in der Zeitung lesen, „wegen mir schon, aber mein Sohn ist noch dabei“. Er habe sich das Geschehen auf dem Stadthof aus der Ferne angesehen. „Auf Demonstrationen hatte ich noch nie Lust“, erklärt der 80-Jährige seine Distanz. Aus seiner Sicht wäre das Desaster in der Ukraine nicht entstanden, wenn die USA nicht auf die NATO-Osterweiterung setzten. Und er erinnert an die Tage, als die Welt am nuklearen Abgrund stand: „Wie fanden es die Amerikaner eigentlich, als die Russen 1962 Nuklearraketen auf Kuba stationierten?“ (Stefan Mangold)