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Wenn E-Bikes plötzlich ein Nummernschild brauchen - Persönliches Desaster für Offenbacher

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Von: Veronika Schade

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Die Polizei in Offenbach kontrolliert Radfahrer. E-Bikes stehen im Fokus. Für einige Verkehrsteilnehmer hat das deutliche Folgen. 

Offenbach – Sein Elektro-Fatbike beschlagnahmt und dazu noch zwei Strafanzeigen an der Backe: Für den jungen Mann, der auf dem Mainradweg unterwegs zur Arbeit war, geriet eine Kontrolle der Polizei zum persönlichen Desaster. Bei der groß angelegten Kontrollaktion hatte die Polizei die „schwächeren Verkehrsteilnehmer“ im Fokus, insbesondere die Fahrer von Pedelecs und Elektrorollern. 750 Watt und einen 48-Volt-Elektromotor hat das dicke Teil – und fährt damit deutlich schneller als 25 Stundenkilometer. Doch nur bis zu diesem Grenzwert gelten Pedelecs als Fahrrad – und dürfen ohne Versicherungskennzeichen und ohne Führerschein gefahren werden. „Die schnellen Elektrofahrräder, die S-Pedelecs mit einer motorunterstützten Höchstgeschwindigkeit bis 45 Stundenkilometer, gelten als Kleinkrafträder“, erläutert Polizeihauptkommissarin Stefanie Szigat, Leiterin der Jugendverkehrsschule. Dafür ist mindestens eine Fahrerlaubnis der Klasse AM Pflicht, ein Versicherungskennzeichen – und ein Helm.

Von all dem habe er nichts gewusst, beteuert der Mann. Ende vergangenen Jahres habe er es bei Amazon gekauft, erzählt er den Beamten, erinnert sich noch genau an den Preis. Doch auch in diesem Fall schützt Unwissenheit nicht vor Strafe. Er wird wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und Versicherungskennzeichen angezeigt. Besonders bitter für ihn: Er ist gerade dabei, seinen Führerschein zu machen. Die Situation wühlt ihn auf, Szigat reagiert empathisch und versucht, ihn mit freundlichen Worten zu beruhigen.

Kontrollen in Offenbach: Grenzwerte bei E-Bikes und E-Scootern oft nicht beachtet

Im Internet einzukaufen sei zwar billiger, habe aber Tücken, weiß die Hauptkommissarin. „Im Gegensatz zum Fachhändler wird online meist nicht richtig darüber informiert, dass man nicht einfach so losfahren kann. Vor allem, wenn es Händler aus dem Ausland sind.“ Und längst nicht jeder erkundige sich im Vorfeld ausreichend, wie dieses Beispiel zeige.

Die Vorschriften seien aber notwendig, weil sie der Sicherheit dienten. Und das sei auch der Hintergrund des Kontrolltages am Mainufer. „Seit Corona ist die Zahl der Pedelecs deutlich gestiegen. Mit ihr aber auch die Zahl der Unfälle“, sagt Szigat. Das Problem mit den motorisierten Zweirädern: Ohne Kraftanstrengung erreiche man hohe Geschwindigkeiten. Dazu wiege das Pedelec mit rund 25 Kilogramm deutlich mehr als ein normales Fahrrad mit zirka zehn Kilo. Das Fahren erfordere daher ein erhebliches Maß an Können und Reaktionsvermögen, was gerade älteren Menschen zum Verhängnis werden könne. „Ab 65 Jahren steigen leider auch die Unfallzahlen stark an.“ Oft seien es schwere Unfälle mit Kopfverletzungen. „Ich kann nur appellieren, auch wenn es keine Pflicht ist, einen Helm zu tragen. Es ist total wichtig.“

Fettes Bike mit fetter Ausstattung: Wer damit fahren will, braucht einen Führerschein und ein Versicherungskennzeichen. Die Beamten haben das kontrollierte Gefährt beschlagnahmt.
Fettes Bike mit fetter Ausstattung: Wer damit fahren will, braucht einen Führerschein und ein Versicherungskennzeichen. Die Beamten haben das kontrollierte Gefährt beschlagnahmt. © Schade

Das kann Jochen Laferte nur bestätigen, zuständig für Verkehrsprävention beim Polizeipräsidium Südosthessen. Er hat, unterstützt von zwei Kollegen vom Freiwilligen Polizeidienst, an einem Stand jede Menge Infomaterial zum Thema Sicherheit vorbereitet sowie Zubehör wie etwa Reflektorbänder fürs Hosenbein. Die Polizisten verteilen die Sachen in Taschen an die Kontrollierten. „Die Polizei lobt natürlich auch“, betont der Kriminalhauptkommissar, „es ist uns wichtig, nicht nur mit erhobenem Zeigefinger aufzutreten“.

Offenbach: Auch ein Essenslieferant muss ohne E-Bike weiter

Als weiterer Service wird am Stand die Codierung von Fahrrädern angeboten. Nach einem speziellen Schlüssel wird ein personalisierter Code auf den Rahmen gestanzt. Dieser zeigt im Falle eines Diebstahls eindeutig, wer der Eigentümer ist – und macht das Rad zugleich für Diebe unattraktiver, denn der Weiterverkauf ist erschwert. „Kein Dieb würde einen Kaufvertrag aufsetzen“, so Laferte. Insgesamt werden am Stand 13 Aufklärungsgespräche geführt, acht Leute lassen ihr Fahrrad codieren.

In den vergangenen Jahren sind auch sogenannte E-Scooter immer beliebter geworden. Die Roller mit Elektromotor sind eine wendige Alternative für den Stadtverkehr, doch bergen ebenfalls Tücken. „Auch hier passieren schwere Kopfverletzungen“, weiß der Präventionsexperte. Der Randstein könne zu einer gefährlichen Stolperfalle werden, einen Helm zu tragen, sei absolut sinnvoll. Zudem sind die E-Scooter versicherungspflichtig – und erst ab 14 Jahren erlaubt. „Leider sieht man viel zu oft Jüngere damit fahren, teilweise auch zu zweit.“ Auch so ein Roller landet im Laufe der Kontrolle unter den beschlagnahmten Fahrzeugen: Das Versicherungskennzeichen ist abgelaufen. „Es muss jährlich erneuert werden von Februar auf März“, erklären die Beamten der Fahrerin, die erstmal zu Fuß weitermuss.

Ähnlich ergeht es einem Essenslieferanten, der ohne sein E-Bike weitermuss. Es ist mit einem Handgas nachgerüstet, das ebenfalls Geschwindigkeiten von deutlich mehr als 25 Stundenkilometern ermöglicht. Dennoch hat er kein Versicherungskennzeichen – und geht damit in die Bilanz der Kontrollaktion ein, die folgendermaßen aussieht: Insgesamt wurden 43 Kontrollen durchgeführt. Es gab vier Verstöße gegen das Pflichtversicherungsgesetz, eine Anzeige wegen Verdacht auf Fahren ohne Fahrerlaubnis und vier Sicherstellungen von Fahrzeugen. Zwölf Polizisten aus vier Abteilungen waren beteiligt. (Veronika Schade)

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