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Postler demonstrieren in Offenbach für Lohnerhöhung: „Es geht ums Überleben“

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Von: Jan Lucas Frenger

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15 Prozent mehr: Mit Trillerpfeifen und Fahnen kämpfen die Postler vor der Stadthalle für mehr Lohn.
15 Prozent mehr: Mit Trillerpfeifen und Fahnen kämpfen die Postler vor der Stadthalle für mehr Lohn. © frenger

Mitarbeiter der Deutschen Post AG demonstrieren vor der Stadthalle in Offenbach für eine Lohnerhöhung von 15 Prozent. Die Gewerkschaft Verdi droht unterdessen mit Streiks.

Offenbach – „Wir wollen 15 Prozent!“, hallt es immer wieder über den Platz vor der Stadthalle. Dort haben sich am Montag zwischen 1 500 und 2 000 Angestellte der Frankfurter Post-Niederlassung – unter anderem mit Geschäftsstelle in Offenbach – zur Betriebsversammlung eingefunden. Bewaffnet mit Trillerpfeifen, Plakaten und Fahnen haben die Postler in der Mittagspause dann gemeinsam im Rahmen einer Verdi-Kundgebung für eine, wie sie betonen, dringend notwendige Lohnerhöhung demonstriert.

15 Prozent mehr bei einer Laufzeit von zwölf Monaten: Das fordert die Gewerkschaft für die 160 000 Tarifbeschäftigten bei der Deutschen Post. Damit sollen in erster Linie die Folgen der zahlreichen Krisen sowie der Inflation ausgeglichen werden – zumindest kurzfristig. „Es ist keine Luxus-Debatte, die wir momentan führen, sondern es geht um das reine Überleben“, ruft Andreas Jung, Landesbezirksfachbereichsleiter bei Verdi, von der Bühne in die sichtlich aufgepeitschte Menge.

Offenbach: Inflation und Corona haben bei der Post Spuren hinterlassen

„Ihr habt trotz der schwierigen Umstände mit euren Leistungen dafür gesorgt, dass die Post 8,4 Milliarden Euro Gewinn erzielen konnte – da reicht es jetzt nicht aus, euch einfach nur zu applaudieren“, fährt der Gewerkschaftler fort. Seine Stimme geht in einem Meer aus Gebrüll und dem ohrenbetäubenden Trillern der Pfeifen unter.

Für Jung steht fest: Die Forderungen sind alles andere als überzogen, die Anpassung der Löhne sei in der derzeitigen Situation notwendig, damit die Mitarbeiter weiterhin ihren Lebensunterhalt bestreiten können. „Es geht ja noch nicht mal um eine Verbesserung, sondern lediglich darum, mit den 15 Prozent die Inflation der beiden vergangenen Jahre, in denen die Leute trotz Corona weiter tapfer durchgearbeitet haben, auszugleichen“, gibt der Fachbereichsleiter zu bedenken.

Protest in Offenbach für mehr Lohn bei der Post – „Wir sind guter Dinge“

Bei durchschnittlichen Brutto-Löhnen von 2 000 bis 3 000 Euro und zahlreichen Beschäftigten in Teilzeit sei das auch bitter nötig. Zum Auftakt der Tarifverhandlungen am 6. Januar konnten sich Verdi und die Deutsche Post freilich nicht annähern.

Für die Beschäftigten ist das allerdings kein Grund aufzugeben – im Gegenteil, die Stimmung unter den Leuten vor der Stadthalle gestaltet sich kämpferisch-optimistisch.

„Wir sind guter Dinge, auch wenn es bestimmt kein einfacher Weg wird“, sagt Jörg Hartebrodt, Post-Angestellter aus Aschaffenburg. Er rechnet mit zähen Verhandlungen, schließt auch Streiks nicht aus, um der Sache notfalls Nachdruck zu verleihen. „Wir wollen damit signalisieren, wie viele Leute geschlossen hinter der Sache stehen und dass es uns Ernst ist, denn schließlich geht es um unsere Existenz.“

Damit spricht der Postler vielen seiner Kollegen aus dem Herzen. Der Wunsch nach einer den Umständen angemessenen Bezahlung ist groß. „Ich muss mir am Wochenende Geld dazuverdienen“, erklärt Domenico Raponi. Ohne diese zusätzliche Arbeit sei es dem Zusteller aus Rodgau mit seinem Lohn nicht möglich, seine Familie zu ernähren.

Offenbach: Post-Mitarbeiter fordern mehr Geld – „Wir verzichten auf sehr viel“

Auch Sercan Köz vom Paketzentrum in Obertshausen erklärt: Ohne Ausgleich könne er das Arbeiten einstellen. Ein Inflationsausgleich ist für den 36-Jährigen demnach unentbehrlich.

Ähnlich sieht es Sabine Klaus. Die Zustellerin aus Bad Homburg ist sich sicher: „15 Prozent müssen realistisch sein, denn wir verzichten auf sehr viel und machen Überstunden.“ Bei all den personellen Missständen stelle eine geringere Forderung keine Option dar.

Am 18. Januar gehen die Verhandlungen in die nächste Runde. Schon jetzt steht fest: Es kann ziemlich ungemütlich werden. „Wir gehen davon aus, dass es nicht bei dieser Übung bleiben wird und wir in Arbeitskämpfe einsteigen müssen, um zu zeigen, wer hier eigentlich die Kohle verdient“, stellt Andreas Jung unter tosendem Applaus mögliche Streiks in Aussicht. (Jan Lucas Frenger und Alina Quast)

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