Kitas in Offenbach: „Es werden keine Stellen gestrichen“
Warum der Wirtschaftsplan für die städtischen Kindertagesstätten in Offenbach nicht immer mit der Realität übereinstimmt.
Offenbach – Die Zahl lässt aufhorchen: In einer Mitteilung zum Datenbericht Bildung kritisiert die Linke, im Wirtschaftsplan des Eigenbetriebs Kindertagesstätten Offenbach (EKO) seien für dieses Jahr 72 Stellen gestrichen. Das sende angesichts des unbefriedigenden Angebots gerade in der frühkindlichen Bildung und Förderung ein fatales Signal aus in Bezug auf Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit in Offenbach.
Mit der Zahl konfrontiert, stellt Bürgermeisterin und EKO-Dezernentin Sabine Groß (Grüne) klar: „Es werden keine Stellen beim EKO gestrichen.“ Bei den genannten 72 Stellen handele es sich um keine bisher real besetzten. „Wenn also durch den Verweis auf diese Zahl suggeriert wird, dass der EKO Fachkräfte entlässt oder die bisherige Arbeit mit einer geringeren Zahl an Fachkräften zu verrichten plant, dann ist das schlichtweg falsch.“

Das Beispiel zeigt, von welchen komplexen Faktoren ein Wirtschaftsplan abhängt und warum es doch anders kommen kann. So räumt die Bürgermeisterin ein – und darauf beziehe sich die Linke wohl –, es gebe in der Tat einen Unterschied bei den Stellen im EKO-Wirtschaftsplan 2022 im Vergleich zu 2023. Dies sei jedoch keine Streichung, sondern eine „planerische Anpassung an verschiedene Veränderungen in der Realität“.
Das offensichtlichste Beispiel ist, dass der Eigenbetrieb noch 2022 davon ausgegangen war, die künftige Kita im Neubaugebiet Bieber-Nord selbst zu betreiben. Inzwischen hat man aber entschieden, sie einem freien Träger zur Verfügung zu stellen. Die Kita dort wird es geben, die vorgesehenen Plätze werden geschaffen – nur dass der EKO dafür keine Stellen mehr einplanen muss.
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Kitas in Offenbach: Wirtschaftsplan nach dem Prinzip der kaufmännischen Vorsicht
Daneben gibt es eine Reihe weiterer Veränderungen, die zu den niedrigeren Zahlen geführt haben. So sei man zunächst von der Prognose ausgegangen, dass die 2018 eingeführten Stufen mit erweitertem Betreuungsumfang (Neun- und Zehn-Stunden-Plätze) bei Neubelegungen von den Eltern überproportional oft gewählt würden. Der Personalbedarf in einer Kita resultiere aus der Anzahl an Plätzen und der Gruppenart (U3, Ü3, Hort), aber auch der Summe aus dem gewählten Betreuungsumfang aller belegten Plätze. Dabei habe sich gezeigt, dass sich der Anteil der erweiterten Betreuungsstufen verstetigt und nicht signifikant erhöht hat – möglicherweise eine Folge der Pandemie. „Der damit einhergehende Personalmehrbedarf, der ursprünglich eingeplant war, konnte also wieder herausgerechnet werden“, erläutert die Bürgermeisterin.
Ein weiterer Punkt: Das Land Hessen hat die Umsetzung des sogenannten Gute-Kita-Gesetzes, das mit einem Personalmehrbedarf eingeht, auf August 2024 verschoben. Bei der Erstellung des EKO-Wirtschaftsplans waren die Verantwortlichen noch von einer Einführung in diesem Jahr ausgegangen.
Zugleich konnten geplante neue Gruppen trotz vorhandener Räume wegen fehlender Fachkräfte nicht vollumfänglich in Betrieb genommen werden. „Auch in diesem Punkt mussten wir für 2023 neu justieren“, so Groß.
Ein Wirtschaftsplan sei immer nach dem Prinzip der kaufmännischen Vorsicht zu erstellen, was auch für die Einnahmeseite gelte. Die Jahresabschlüsse der vorvergangenen Jahre hätten bei den eingenommenen Betriebskostenzuschüssen sowie bei den Personalkosten jeweils ein Ergebnis unterhalb der Daten im jeweiligen Wirtschaftsplan ergeben. „Die realen Personalkosten 2022 bewegen sich unterhalb der Personalkostenplanung für 2023: Das zeigt, dass es in der Realität zu keinem Bruch in der Stellenbesetzung gekommen ist“, betont Groß.
Da der Bund seine Finanzierung für sogenannte Sprachkitas entgegen des ursprünglich angekündigten Förderungsstopps doch fortsetzt, werden die dafür eingeplanten Mittel aus vorjährigen Überschüssen nicht benötigt. Positiv, doch nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Bleibt doch das Kernproblem bestehen – der Erziehermangel. „Ich habe höchstes Interesse daran, dass die Kitas mit dem notwendigen Personal ausgestattet werden“, beteuert Groß. (Veronika Schade)