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EVO-Abwärme geht ins Fernwärmenetz

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Von: Frank Sommer

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Das Pelletwerk der EVO auf dem ehemaligen Clariant-Areal könnte zukünftig den hohen Wärmebedarf von Samson decken.
Das Pelletwerk der EVO auf dem ehemaligen Clariant-Areal könnte zukünftig den hohen Wärmebedarf von Samson decken. © EVO/P

Zwei Seiten einer Medaille: Das im kommenden Jahr in Betrieb gehende Rechenzentrum von Cloud HQ wird viel Strom benötigen, der Energieversorger EVO gewinnt damit einen großen Kunden hinzu. Gleichzeitig tritt der aber auch in Konkurrenz zur EVO in Sachen Abwärme – denn Wärme ungenutzt einfach in die Umgebung abzugeben, ist nicht mehr zeitgemäß, das hat auch das amerikanische Unternehmen für Rechenzentren inzwischen erkannt.

Offenbach - Wie berichtet, befindet sich Cloud HQ im Austausch mit der Lokalen Agenda, mit der Stadt und der EVO, wie die Abwärme des künftigen Zentrums am sinnvollsten genutzt werden könnte. Die einfachste Methode ist jedoch versperrt: Das in direkter Nachbarschaft zum Rechenzentrum befindliche Wohngebiet An den Eichen würde sich zwecks Abwärmenutzung anbieten, doch wird dies bereits durch ein Werk der EVO versorgt. Für alle weiteren Versorgungsmöglichkeiten müssten lange Leitungen gelegt werden, teilweise unter oder über der Bahnstrecke, das bestehende Versorgungsnetz müsste vollständig umgestaltet werden.

Kritiker werfen Cloud HQ, Stadt und Energieversorger vor, zu lange nichts getan zu haben. Die Stadt hätte von Anfang an auf einer Nutzung der Abwärme gegenüber dem Rechenzentrumsbetreiber bestehen müssen, heißt es, die EVO habe kein Interesse an Konkurrenz in Sachen Wärmeversorgung. Cloud HQ hat, nachdem die Nutzung der Abwärme lange kein Thema war, nun eine Kehrtwende angekündigt und möchte diese nutzen, doch es bleiben die infrastrukturellen Probleme.

Man sei in Gesprächen mit Stadt und Cloud HQ, heißt es bei der EVO, konkrete Aussagen könnten momentan keine getroffen werden. Zu dem öfter gehörten Vorschlag, die EVO solle das Pelletwerk An den Eichen gegen eine Zahlung aufgeben und das Wohngebiet durch Cloud HQ versorgen lassen, möchte sich Harald Hofmann, Sprecher des Energieversorgers, nicht äußern. Auch zum Zeitraum, den ein Umbau des Wärmeversorgungsnetzes in der Stadt benötigen würde – etwa für Leitungen vom Cloud HQ-Rechenzentrum zum Innovationscampus – gibt es keine Informationen. Sicher sei nur, dass dies großen Aufwand erfordere, erklärt Hofmann: Von Möglichkeiten wie 1847, als innerhalb eines dreiviertel Jahres das Gasnetz in Offenbach verlegt wurde, könne man heute nur träumen. Auf dem Innovationscampus gäbe es aber einen potenziellen Abnehmer. Samson-Vorstandsvorsitzender Andreas Widl hatte im Gespräch mit unserer Zeitung erklärt, dass sein Werk einen großen Bedarf an Wärme habe. Allerdings steht auch dort auf dem Gelände bereits ein EVO-Pelletwerk.

Während es beim privat betriebenen Rechenzentrum also vorerst noch bei Spekulationen und Verhandlungen bleibt, sind in Sachen Abwärme vom Rechenzentrum der EVO bessere Nachrichten zu vernehmen. Die Abwärme werde in das eigene Fernwärmenetz geleitet – auch die des 2024 in Betrieb gehenden Vantage Data-Centers auf dem Gelände des Energieversorgers. „Neun Megawatt Wärme werden dann eingespeist, damit können 1200 Zwei-Personen-Haushalte versorgt werden“, sagt Hofmann. In dieser Angelegenheit habe man sich zudem eng mit der Lokalen Agenda abgestimmt.

Hofmann räumt ein, dass in der Vergangenheit zwar viel von der Stromwende gesprochen wurde, die Wärmeversorgung dabei aber nicht im Vordergrund stand. Allerdings sei dies ein gesamtdeutsches Phänomen. „In ganz Deutschland wurde eher der Fokus auf Strom gelegt“, sagt er, erst jetzt werde auch die Wärme-Problematik gesehen. Die EVO indes sieht er gut aufgestellt, der Einsatz von Erdgas sei schon vor dem russischen Angriffskrieg deutlich reduziert worden. In den vergangenen 20 Jahren sei der Erdgasverbrauch um 88 Prozent auf nun 20 000 Megawattstunden pro Jahr verringert worden. Auch der CO2-Ausstoß sei um 40 Prozent in diesem Zeitraum zurückgegangen.

Bis zum Ende des Jahrzehnts soll das Kohlekraftwerk am Hafen außer Betrieb gehen, momentan werde an einer Nachfolgelösung gearbeitet, die Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit garantiere. Im vergangenen Jahr habe man zudem getestet, Holzpellets statt Kohle zu verbrennen – der Test sei erfolgreich gewesen, in diesem Jahr werde mit 9000 Tonnen die doppelte Menge genutzt.

Von Frank Sommer

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