1. Startseite
  2. Offenbach

Fahrlehrer in Offenbach: So hat sich der abwechslungsreiche Beruf verändert

Erstellt:

Von: Julius Fastnacht

Kommentare

Der Offenbacher Fahrlehrer Boris Hafner berichtet bei einer Fahrstunde, wie sich sein Beruf über die Jahre gewandelt hat.

Offenbach – Die erste Prüfung wartet gleich auf dem Parkplatz der Fahrschule Trenkler in Offenbach. „Einfach die Kupplung treten und drücken?“, fragt Schüler Pascal Dorn und zeigt auf einen schwarzen Knopf. Statt übers Zündschloss, wie gewohnt, muss er den Automotor über die Start-Stop-Automatik zum Laufen bringen. „Der Golf, mit dem wir normalerweise fahren, ist in der Werkstatt“, sagt Fahrlehrer Boris Hafner und lacht.

Pünktlich zu Beginn der Nachtfahrt fängt es an zu regnen, dicke Tropfen trommeln aufs Autodach, langsam wird es draußen dunkel. Hafner navigiert seinen Fahrschüler vom Parkplatz, gibt die Route vor. An einer Abbiegung hupt es von hinten. „Ist ja gut, steht doch Fahrschule drauf“, sagt er.

Freie Fahrt voraus: Fahrlehrer Boris Hafner bereitet Schüler Pascal Dorn auf die praktische Prüfung vor – und die steht schon in dieser Woche an.
Freie Fahrt voraus: Fahrlehrer Boris Hafner aus Offenbach bereitet Pascal Dorn auf die praktische Prüfung vor. © fastnacht

Fahrlehrer in Offenbach: Boris Hafner hat jahrzehntelange Berufserfahrung

Der 51-Jährige arbeitet fast zwei Jahrzehnte als Fahrlehrer, die Fahrschule Trenkler leitet er seit 2019. In Großstädten nehmen Fahrschüler im Schnitt 35 Übungsstunden, bevor sie die Praxisprüfung ablegen, sagt Hafner, manche brauchen mehr, manche weniger. Fakt ist: Gerade bei den Anforderungen an Novizen hat sich über die Jahre viel geändert.

„Der TÜV fordert mittlerweile, dass Fahrschüler auch mit Assistenzsystemen umgehen können“, gibt der Fahrlehrer ein Beispiel. Brems- und Spurhaltehilfe – der Golf 8, in dem Hafner und Dorn sitzen, ist so ein digitaler Wagen. Ein Katalog dokumentiert, welche technischen Hilfen er bietet – wer dann im Auto geprüft wird, muss sie beherrschen. „Für Menschen, denen das Fahren allgemein schwerer fällt, ist das schon eine zusätzliche Hürde“, weiß Hafner.

Per Knopf auf dem Lenkrad kann durch die Fahrhilfen geklickt werden. „Active Lane Assistant“, „Cruise Control“ – die Optionen sind alle auf Englisch. Von einem Freund, der im Autohaus arbeitet, hat Hafner gehört: „Es gibt Fahrlehrer, die bestellen ein Auto und sagen: Liefert mir bitte nur die Grundausstattung, damit ich nicht zu viel erklären muss.“

Offenbacher Fahrlehrer über E-Autos: „Fahranfänger müssen sich gewöhnen“

Immer beliebter wird auch der Automatik-Führerschein. Den fördert die Bundesregierung gerade mit Blick auf E-Autos (dazu Kasten), die mit einem einzigen Gang auskommen. Was das elektrische Fahren besonders macht? „E-Autos haben ein Drehmoment, den schaffst du mit einem Benziner einfach nicht“, erläutert Hafner. Heißt für Fahranfänger vor allem, sich ans schnelle und reibungslose Beschleunigen zu gewöhnen.

Fahrschüler Pascal Dorn biegt gerade auf die Sprendlinger Landstraße ein. „Ein bisschen aufgeregt bin ich schon“, sagt er. „Das Fahrgefühl ist ganz anders als mit dem analogen Auto, mit dem ich davor geübt habe.“ Plötzlich springt der Spurhalteassistent an, korrigiert die Ausrichtung des Wagens, nur ganz leicht – einfach eine Gewöhnungssache.

Dorn, selbst Offenbacher, ist 26 Jahre alt. So richtig Lust bekommen aufs Autofahren hat er erst jetzt, auch, weil es ihm berufliche Möglichkeiten eröffnet. „Als ich jünger war, gab es eigentlich immer eine Buslinie. Wofür brauche ich in Frankfurt und Offenbach ein Auto, habe ich mir damals gedacht.“

Führerschein laut Fahrlehrer aus Offenbach nicht mehr so wichtig wie früher

Eine Tendenz, die auch Hafner bei seinen Schülern bemerkt. „Früher war man komisch, wenn man keinen Führerschein hatte. Durch die gute Infrastruktur scheint er heute vielen nicht mehr ganz so wichtig zu sein. Die Leute haben andere Interessen entwickelt.“ Bei vielen Jugendlichen stehe vielmehr ein gutes Handy, Instagram und TikTok ganz weit oben auf der Prioritätenliste. Hafner will diesen Trend weder pauschalisieren noch kritisieren. Dass sich die Fahrschüler per se verändert haben, daran glaubt er nicht.

Aber: Der dauerhafte Fokus auf den Smartphone-Bildschirm könne sich durchaus auf das Bewusstsein für den Straßenverkehr auswirken, denkt er. „Damals saß man bei Mama und Papa im Auto und hat geguckt, was so um einen herum passiert. Wenn das nicht mehr der Fall ist, wird das Verständnis für das, was auf der Straße passiert, gehemmt“, sagt Hafner.

Kurt Bartels, Vize der Bundesvereinigung der Fahrlehrerverbände, machte die Handynutzung kürzlich sogar für das Rekordscheitern bei praktischen Fahrprüfungen verantwortlich. Im vergangenen Jahr lag die Quote deutschlandweit bei 43 Prozent. Bezogen auf seine Fahrschule will Boris Hafner aber noch mal einhaken: Nur 16 Prozent seiner Schüler fielen beim ersten Versuch durch. „Zu uns kommt der TÜV gern“, sagt er und grinst. Beste Voraussetzungen also für Fahrschüler Pascal Dorn, der das Auto an diesem Abend mit ruhiger Hand auf den Parkplatz rangiert. (Julius Fastnacht)

In Offenbach warteten Fahrschüler wochenlang auf ihren Prüfungstermin.

Auch interessant

Kommentare