Fehlende Stühle, leere Regale

Offenbach – „Alles gut an der Edith-Stein-Schule“, so lässt sich zusammenfassen, was die Stadt Ende September auf eine Anfrage der Offenbach-Post antwortete. Eltern und Bürger hatten die Situation an der Schule beklagt. Weder Schulleitung noch Personal- oder Elternbeiräte hatten damals auf entsprechende Anfragen geantwortet, nur die Stadt und Schuldezernent Paul-Gerhard Weiß erklärten, dass kein Grund zur Besorgnis bestehe.
Die Wirklichkeit sieht aber offenbar anders aus: Nun, Wochen nach unserem Artikel, meldet sich das Lehrerkollegium zu Wort und zählt in einem langen Brief die Missstände auf. Vom Tag des Umzugs nach den Sommerferien bis zum Eingang des Schreibens am 19. Oktober habe es noch Bauarbeiten in den Schulgebäuden gegeben. Dabei handele es sich keineswegs nur um die Aufhängung der digitalen Tafeln, wie Weiß erklärt habe, berichtet ein Mitglied des Lehrerkollegiums, das namentlich nicht genannt werden möchte. „Alle Klassen sind vom Baulärm betroffen“, heißt es. Weiterhin fehlten an einem Großteil der Türen die Schließzylinder, an einem Teil der neuen Waschbecken seien bereits jetzt Wasserschäden zu beklagen. Zudem ist von offenen Stromleitungen, Funkenflug und frei herumliegenden Werkzeugen in der Schule die Rede.
Ursprünglich, so erklärt ein Mitglied des Kollegiums, sei der Umzug von der Containeranlage in den sanierten Altbau und das neue Erweiterungsgebäude für die Woche nach den Herbstferien, also Ende Oktober, angesetzt gewesen. Doch dann habe die Stadt während der Sommerferien überraschend erklärt, dass der Umzug bereits nach Ferienende Anfang September erfolgen sollte – um die teure Containeranlage kündigen und Kosten sparen zu können. Die Anlage kostet laut Stadt 80 000 Euro monatlich, zudem müsste die Stadt eine Viertelmillion Euro Vertragsstrafe zahlen, wenn die Anlage nicht fristgerecht übergeben wird.
Allerdings sei die Neumöblierung der Schule noch auf das alte Datum abgestimmt gewesen – die Folge: Die Bestuhlung der Klassenräume erfolgt erst jetzt zum Monatsende. „So sah sich die Schulleitung dazu genötigt, in Eigeninitiative etwa 500 Stühle des Altbestandes wiederzuverwenden und so erst eine weitere Aufnahme des Unterrichts zu ermöglichen“, schreiben die Lehrer.
Auch die Nachmittagsbetreuung sei davon betroffen: Noch immer seien sämtliche Bücher der Bibliothek verpackt und nicht nutzbar. „Die Bücher sind noch eingelagert, die PC-Arbeitsplätze sind nicht eingerichtet, geschweige dass es passende Leitungen für diese gäbe“, heißt es in dem Schreiben. Für acht PC-Arbeitsplätze gäbe es in dem Raum zudem lediglich drei Steckdosen.
Da der Unterricht noch auf der Baustelle habe aufgenommen werden müssen, sei es nie zu einer notwendigen Grundreinigung gekommen. „Der sich so nun in vielen Ecken und Kanten festsetzende Dreck und Bauschmutz wird sich aber vermutlich als tragendes Element erweisen und der Statik zuträglich sein“, schreiben die Lehrer. „In der Cafeteria hat die dortige Mitarbeiterin, obwohl es nicht ihre Aufgabe war, alles geputzt, damit überhaupt Essen ausgegeben werden konnte“, heißt es.
Man verstehe, dass die Stadt die Containeranlage möglichst rasch kündigen wollte. Doch dies würde nun auf dem Rücken von Schülern und Lehrern ausgetragen, der Umzug sei „überstürzt“ gewesen: „Wir wurden vor vollendete Tatsachen gestellt und in ein unvollendetes Schulgebäude gesetzt“, heißt es in dem Schreiben.
Er habe Verständnis für den Unmut und könne „die Berichte nachvollziehen“, schreibt Schuldezernent Weiß auf Nachfrage. Er danke dem Kollegium für dessen großes Engagement in der belastenden Zeit, die Probleme des Schulbetriebs auf einer Baustelle habe niemand kleinreden wollen.
Allerdings sei das Gebäude grundgereinigt und auf Sicherheit geprüft worden. Dass es zu Verzögerungen und Lieferschwierigkeiten gekommen sei, räumt er ein. „Es sind innen wie außen noch Restarbeiten zu leisten“, schreibt er. „Wir hoffen, dass am Ende die neuen Räume und hochwertigen Ausstattungen dennoch Freude machen und für den Ärger entschädigen.“
Von Frank Sommer