Hunderte aus der Metall- und Elektroindustrie demonstrieren in Offenbach für mehr Lohn

Lautstark machen Arbeiter aus der Industrie vor dem Rathaus in Offenbach ihrem Ärger Luft und fordern mehr Bezahlung. Gibt es keine Einigung, drohen weitgehende Streiks.
Offenbach – Schon von Weitem sind sie zu hören: Während auf der Frankfurter Straße vorweihnachtliche Einkaufsstimmung herrscht, wird an der Berliner Straße für mehr Lohn gekämpft. Die IG Metall hat gestern zum gemeinsamen Warnstreik vor Offenbachs Rathaus geladen, Hunderte aus der Metall- und Elektroindustrie aus der Region sind dem Ruf gefolgt und verschaffen sich mit Trillerpfeifen, Plakaten und ihrer Stimme Gehör, auf dass es bei den Arbeitgebern ankommt.
„Mer derf net nur nemme, mer muss sich aach ma gebbe lasse“, lautet die Forderung der Arbeitnehmer, die auf schönstem Hessisch auf einem der vielen Plakate prangt. Mindestens die hochdeutsche Variante dürften auch die Arbeitgeber bundesweit verstehen: „Wir wollen für unsere Arbeit anständig bezahlt werden.“
Offenbach: IG Metall ist sauer – „Lange schauen wir uns das nicht mehr an“
Christiane Benner spricht von zähen Verhandlungen, ist aber trotzdem optimistisch, noch den Durchbruch schaffen zu können. Die Zweite Vorsitzende der IG Metall ist fest entschlossen, nicht von den geforderten Prozenten mehr Lohn, die dauerhaft in die Tariftabellen obendrauf kommen soll, abzuweichen: „Wir brauchen eine zügige Lösung, lange schauen wir uns das nicht mehr an.“ Sollte es am Donnerstag bei der fünften Verhandlungsrunde zwischen Gewerkschaft und Arbeitgebern keine Einigung geben, könnten laut Benner 24-Stunden-Warnstreiks, Urabstimmungen oder Flächenstreiks folgen. „Die Arbeitgeber müssen ein tragfähiges Angebot auf den Tisch legen“, fordert sie und betont: „Unter dieser Voraussetzung reichen wir aber gern die Hand.“

IG Metall fordert mehr Geld: Viele Probleme bei Arbeitnehmern
In der Tarifrunde für die rund 3,9 Millionen Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie haben die Arbeitgeber bislang angeboten, eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von 3000 Euro zu bezahlen – bei einer Laufzeit des Tarifvertrags von 30 Monaten. Das reiche aber nicht, um die Kaufkraft der Beschäftigten zu sichern, sind sich die Demonstranten vor dem Rathaus sicher. „Alles wird teurer, der Lohn ist zu wenig“, sagt ein 58-jähriger Lacktechniker, der seit vier Jahrzehnten bei LMS Automotive in Obertshausen beschäftigt ist. Das Portemonnaie sei am Monatsende leer.
„Wir müssen auch leben“, sagt eine 57-Jährige, die bei Siemens in Fechenheim Schaltanlagen montiert. Sie bekomme die Folgen des Ukrainekriegs und der Energiekrise wie Inflation und gestiegene Spritpreise so richtig zu spüren. Mal ins Kino oder mit dem Partner Essen gehen, sei nicht mehr drin. „Viele wohnen außerhalb von Frankfurt, weil die Mieten billiger sind, nun müssen sie aber für Sprit tief in die Tasche greifen“, schildert die Monteurin. Und die „Öffis“ seien vor allem für diejenigen im Schichtbetrieb keine Alternative, frühmorgens oder spätabends passten die Verbindungen einfach nicht. „Auf dem Land fährt ja kaum ein Bus.“ Mit anständiger Bezahlung wären all diese Probleme besser zu meistern, meint die Monteurin.
Offenbach: Rente mit 63 für manche nicht machbar
Nach vielen Arbeitsjahren früher in Rente gehen? „Das ist für uns nicht drin“, sagt ein 61-jähriger Monteur, der bei MAN-Roland in Mühlheim sein Geld verdient. Er habe sich immer gewünscht, mit 63 Jahren in den Ruhestand gehen zu können. Das sei bei niedrigen Bezügen und stetig steigenden Lebenserhaltungskosten aber einfach nicht drin. „Das geht nicht, da hätte ich viel zu wenig Geld“, sagt der Mühlheimer und stimmt in die Rufe der Versammelten mit ein: „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr unsere Einkommen klaut“, schallt es vor dem Rathaus in die Straßen. (Ronny Paul)