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Goldockerhof in Rumpenheim als Rumpelkammer

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Von: Thomas Kirstein

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Weitere Motive in der Galerie. © Kirstein

Offenbach - Acht Monate nach dem Erwerb aus der Zwangsversteigerung hat die neue Eigentümerin des Rumpenheimer Goldockerhofs erstmals ihr Anwesen betreten können. Zunächst war sie sprachlos: Mindestens zwei Wochen werden nötig sein, um die Gebäude zu entrümpeln und zu säubern. Von Thomas Kirstein

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Reitlehrerin Alexandra Röder freut sich mit Schäferhund Sek, dass sie sich ihrer Erwerbung in Rumpenheim widmen kann. © Kirstein

Besenrein sieht anders aus. Von dem, was als Zustand für die Übergabe vereinbart war, sind Wohn- und Geschäftsräume des Goldockerhofs so weit entfernt wie der Frankfurter Flughafen von einem Ort der Stille. Auf geschätzt 800 Quadratmetern und drei Stockwerken erstreckt sich Hessens, wenn nicht Deutschlands größte Rumpelkammer. Erstaunlich gelassen gewährt Alexandra Röder Einblick in die verwahrlost wirkende Örtlichkeit, die sie ersteigert hat und als Reitschule – sie betreibt schon eine in Hanau – nutzen möchte. Aus dem Laden für Reiterbedarf, aus der schon Jahre geschlossenen Gaststätte und aus von Besitzerfamilie und Gästen bewohnten Zimmern ist beim Auszug quasi nichts mitgenommen worden. Es wirkt, als habe zwanzig Jahre lang kein Sperrmülltermin vereinbart werden können. Die Bewohner scheinen Ende letzter Woche Hals über Kopf ausgezogen zu sein. Dem sind zähe Verhandlungen seit Juli vorausgegangen. Erst bei einem Termin mit Offenbachs Schiedsmann Werner Frei wurde im November der 31. März als Übergabetermin vereinbart.

Zankapfel: Vorbesitzer Erwin Schulz hatte einen langfristigen Pachtvertrag mit seinem Sohn Alexander abgeschlossen. Der betrieb bis jetzt die Gestüts- und Reitanlage mit Reitschule und Pferdepension und war der Meinung, er könne nach der Versteigerung alles auf sich zukommen lassen, da kein Sonderkündigungsrecht bestehe. Zum Termin erscheint niemand aus der Familie Schulz. Von Schlichter Frei erfahren Alexandra Röder und ihr Mann Christian, die Schlüssel seien ihnen in den Briefkasten geworfen worden. Der Rechtsanwalt muss in die Hanauer Wohnung fahren.

Das Staunen beim Betreten der erworbenen Liegenschaft ist dann groß: praktisch noch voll möbliert, fragwürdige Bodenbeläge und eine ebensolche Küche, Lebensmittel und Getränke noch vorhanden, diverse, auch mit Elektrogeräten vollgestopfte Abstellräume, Ausgehschuhe und Reitstiefel, Computer, Fernsehgeräte, eine voll ausgestattete Profiküche, die schon lange keinen Reinigungsprofi mehr gesehen hat... Es führt kein Weg vorbei an der Containerbestellung beim Stadtdienstleister ESO. Die Frage, ob sie Ausgezogenen etwas in Rechnung stellen werde, verneint die aus Schwaben stammende Reitlehrerin und Wirtschaftsingenieurin: „Das bringt doch sowieso nichts.“

Wie die Landwirts-Familie Schulz in die Lage gekommen ist, dass ihre einst vielversprechende Gestüts- und Reitanlage in die Zwangsversteigerung geriet, ist in Rumpenheim nur Gegenstand von Mutmaßungen. Der geschätzte Verkehrswert für das 26.000 Quadratmeter große Grundstück mit dem Komplex aus Wohngebäude, Reithalle und Stallungen an der Clara-Grein-Straße betrug 725.000 Euro. Alexandra Röders Höchstgebot lag bei etwas mehr als 600.000 Euro. Hauptgläubigerin war die Städtische Sparkasse.

Im Mai möchte die 35-Jährige – ohne Hektik, wie sie sagt – den Reitschulbetrieb aufnehmen. Dann bekommen die 15 aus Schulz-Zeiten verbliebenen Einstellpferde Gesellschaft von fünf Schulpferden. Ein Raum sollte bis dahin so hergerichtet sein, dass er sich für Unterricht eignet. Die Reithalle ist in Ordnung, von den zwölf Ställen drei sofort nutzbar sein, andere brauchen eine Grundreinigung. Das Interesse von Reitern, in Rumpenheim ihr Pferd unterzubringen, sei größer als die momentan vorhandenen Kapazitäten, ist Alexandra Röder optimistisch, dass sich ihr Goldockerhof-Engagement auf Dauer lohnen wird.

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