Hafengarten-Projekt Offenbach: Die ganze Welt in einem Garten

Bittergurken, Schlangenkürbisse und Chilis: Erntezeit bei den Hafengärtnern
Offenbach – Im Hafengarten ziehen seit fast zehn Jahren Offenbacher ihr eigenes Gemüse. Allerdings nicht im Erdboden. Alles, was nicht niet- und nagelfest ist, wird entweder als Hochbeet genutzt oder aber als Rankhilfe. So entsteht jedes Jahr aufs Neue eine Landschaft aus alten Lattenrosten, Eimern, Palettenboxen in denen im Lauf des Jahres die köstlichsten Gemüsesorten aus aller Welt wachsen. Die Offenbach Post hat zur Erntezeit einen Rundgang durch die grüne Oase mitten im modernen Hafengebiet absolviert.
Nach einer herzlichen Begrüßung am Eingang des Hafengartens beginnt die spannende, informative und geschmacksintensive Tour mit der für den Hafengarten zuständigen Projektkoordinatorin Alexandra Walker. Sie ist Ansprechpartnerin für die Gärtnerinnen und Gärtner in diesem besonderen Urban-Gardening-Projekt am Offenbacher Hafen – und all jene, die es werden wollen. Momentan sind allerdings alle Flächen vergeben, und auch die Warteliste ist voll. Interessierte müssen sich also in Geduld üben.

Hier im Hafengarten gesellt sich heimisches Obst und Gemüse zu exotischen Gemüsesorten aus aller Welt: Bohnen neben Bittergurken oder Bittermelonen, Holunderblüten über wunderschönen, aber extrem scharfen lilafarbenen Mini-Chilis. „Im Hafengarten zeigt sich die ganze Vielfalt, die Offenbach ausmacht“, schwärmt Alexandra Walker. Die bunten Farben im Garten erfreuen nicht nur das Auge, sie locken auch allerlei Insekten an. Wildbienen zum Beispiel, die hier, gemeinsam mit gemächlich von Blüte zu Blüte fliegenden Hummeln, Nektar finden. Auch vielen Vogelarten, darunter verschiedene Meisenarten, Rotkehlchen und Fittiche, bietet der Hafengarten Nahrung und auch einen Rückzugsort. Um diesen zu schützen, gilt momentan Rauch- und Feuerverbot auf dem Gelände, worauf Schilder an den Eingängen hinweisen.
Damit trotz des heißen, trockenen Sommers in diesem Jahr die Ernte ertragreich wird, empfiehlt Walker frühes oder sehr spätes Gießen: „Am besten schon morgens um sechs Uhr, spätestens sieben Uhr oder dann erst wieder nach Sonnenuntergang – sonst verdampft das Wasser sofort und die Pflanzen bleiben durstig.“ Gut möglich, dass die Hitze ihren Teil dazu beigetragen hat, dass nicht alle Gemüsesorten, die Shajahan Bhuiyan in diesem Jahr angebaut hat, so recht gedeihen mögen. „Auberginen, Wasserspinat, Zucchini und Gurke – da sieht es dieses Jahr bei mir ganz schlecht aus“, meint er. Dafür ist Bhuiyan besonders stolz auf den, schon jetzt beeindruckenden Flaschenkürbis, der in seinem Garten wächst. „Und der wird noch größer! Zwei Meter auf jeden Fall!“, lautet seine Prognose. Aber diese Frucht zwischen all dem Grün zu finden, ist gar nicht so leicht! Ein Kind beteiligt sich spontan an dem Suchspiel – und siehe da: Schmal im Verhältnis zur Länge der Frucht wächst sie oben vom Rankgitter dem Boden entgegen.

Dagegen wirken die Bittergurken, ebenfalls eine Kürbisart, doch recht niedlich. Die Blätter des Gewächses sind essbar, aber, wie der Name schon vermuten lässt, wirklich sehr bitter. „Eben diese Bitterstoffe können bei erhöhten Blutzuckerwerten helfen, sie zu senken“, erklärt Alexandra Walker. Und wer von Mundgeruch geplagt sein sollte, dem empfiehlt Shajahan Bhuiyan, regelmäßig Bittergurkenblätter zu kauen.
In den benachbarten Hochbeeten von Laura Schäfer und Ruben Maurer hingegen, wachsen und gedeihen Kürbis und Karotten. Mit einem beherzten Ruck zieht Schäfer das orangene Wurzelgemüse aus ihrem Palettenhochbeet und begutachtet die Ernte zufrieden im Licht der Abendsonne. Auch Maurer ist zufrieden mit seinem Kürbis. „Die beiden sind erst ganz frisch seit dem Frühjahr im Hafengarten dabei, aber schon jetzt schwer begeistert. „Für uns ist das eine tolle Möglichkeit, unser eigenes Gemüse anzubauen“, sagt Schäfer. „Wir wohnen im Nordend. Der Garten liegt quasi vor unserer Haustür und wir gießen mehr oder weniger im Vorbeigehen.“ Für die kommende Saison erhoffen sich die beiden noch etwas mehr Platz im Hafengarten, um noch mehr Gemüsesorten ziehen zu können. Unterstützt werden sie da von routinierten Shajahan Bhuiyan, der sein Gartenwissen gerne teilt.

Und auch Alexandra Walker hat noch einen Tipp für Hobbygärtner parat: „Sollten die Tomaten gegen Ende des Sommers, wenn das Sonnenlicht schwächer wird, noch etwas Rot vertragen können, einfach in die Nähe eines Apfels legen. Denn die Gase, die die Baumfrucht ausstößt, befördern den Reifeprozess von Obst und Gemüse.“ Eben deshalb sollte man Äpfel sonst besser separat aufbewahren. Um aber seinen Tomaten noch zum letzten Schliff zu verhelfen, sind sie eine bewährte Unterstützung.
Die Erntezeit im Hafengarten steht an. Obst und Gemüse aus aller Welt, das in Offenbach gewachsen ist, wird dann gleich verzehrt oder aber bald eingekocht. Verfeinert werden die Früchte mit unterschiedlichsten Gewürzen und serviert mit Pasta, Linsen oder der einst aus Südamerika importierten Kartoffel.
Die wunderbare kulinarische Vielfalt an so manchem internationalen Offenbacher Esstisch, hat damit im Hafengarten ihren Anfang genommen.