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Hitler-Aufkleber auf Mülleimer: Immer wieder Nazi-Hetze in Offenbach

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Von: Christian Reinartz

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Nicht im Fokus des
Nicht im Fokus des © Reinartz

Die rechten Vorfälle in Offenbach häufen sich seit November 2021. Jetzt haben Nazis schon wieder zugeschlagen.

Offenbach – Hitler mit einem Surfbrett und zwei Hakenkreuzen. Darunter judenfeindliche Sprüche. Der Aufkleber prangt in Schwarz-weiß an einem städtischen Mülleimer an der Waldstraße, Höhe Martin-Luther-Park. Und es soll noch mehr davon im Stadtgebiet geben. Das legt zumindest ein anonymer Leserhinweis aus Bürgel nahe. Der Aufkleber markiert den jüngsten Vorfall einer ganzen Reihe von rechtsradikalen Auswüchsen, die in den vergangenen Wochen und Monaten die Stadt erschüttert haben.

Es beginnt mit einer regelrechten Hakenkreuz-Schwemme im November vergangenen Jahres. Damals schmieren Nazis die sogenannte Swastika an zahlreiche Wände rund um den Hauptbahnhof, besprühen auch den Asphalt umliegender Straßen mit dem NS-Symbol und SS-Runen.

Eine Woche später dann der nächste Vorfall: Diesmal wird ein roter Kleinwagen mit einem großen blauen Hakenkreuz besprüht. Damals nimmt die Polizei sogar zwei Verdächtige fest. Auch in den folgenden Monaten kommt es immer wieder zu Schmierereien mit rechtem Hintergrund, zumeist gepaart mit Coronaleugner-Inhalten.

Hitler-Aufkleber in Offenbach: 135 Hakenkreuze

Vor wenigen Wochen beschmieren Unbekannte Laternenmasten, Warnbaken und Fahrzeuge mit Hakenkreuzen – an einer DHL-Packstation fast jede Tür. Am Ende prangen dort 135 Hakenkreuze, der Schriftzug „Ich hab ne Knarre NSU 3.0“ und der Aufruf, Ausländer zu töten. Laut Polizei stammt der als Beschuldigte geführte Verdächtige nicht aus dem Rhein-Main-Gebiet. Und jetzt der etwa 20 mal 20 Zentimeter große Hitler-Aufkleber, der zwar nicht in der Masse, aber in seiner Darstellung so ziemlich alles bisher Dagewesene an rechtsradikalem Inhalt überbietet.

Henryk Fridmann vom Vorstand der jüdischen Gemeinde ordnet ein: „Eine derartige Häufung von solch gravierenden Vorfällen war bisher in Offenbach undenkbar.“ Es habe zwar immer mal wieder einzelne Schmierereien gegeben, die man häufig aber auch als das unappetitliche Werk dummer Jungen hat einordnen können. „Aber diese Qualität, die wir hier in den vergangenen Monaten erleben, ist etwas Neues und Beängstigendes.“ Für Offenbacher Juden sei es erschreckend zu sehen, dass etwas, was in den vergangenen Jahrzehnten gerade in dieser Stadt unmöglich erschien, jetzt plötzlich so massiv auftritt.

Nazi-Hetze: „Ganze Reihe organisierter Rechter in Offenbach“

Beim Polizeipräsidium Südosthessen dagegen will man Fridmanns Eindruck nicht bestätigen und wiegelt ab. Sprecher Christopher Leidner sagt: „Für das Stadtgebiet Offenbach wurden im Jahr 2021 politisch rechtsmotivierte Straftaten im niedrigen zweistelligen Bereich registriert.“

Zwar könne er noch keine definitiven Zahlen aus dem laufenden Jahr nennen. Grundsätzlich zeichneten sich „nahezu die gleichen Fallzahlen wie im Vergleichszeitraum Januar bis Oktober 2021 ab. Leidner sagt auch: „Unserem Staatsschutzkommissariat liegen keine Hinweise auf eine rechte Szene in Offenbach vor.“

Sven Malsy, Fraktionsvorsitzender der Linke wundert die vermeintliche Ahnungslosigkeit der Polizei. „Es steht völlig außer Frage, dass es in Offenbach eine ganze Reihe organisierter Rechter gibt“, stellt er klar. Diese seien zum großen Teil auch bekannt und würden keinen Hehl aus ihrer Gesinnung machen. „Wir haben hier in Offenbach ein stärker werdendes Problem mit Rechten, die sich immer weiter vorwagen und das offenbar auch von der Polizei unbehelligt können.“

Offenbach: „Fatale Fehleinschätzung, die den Rechten in die Hände spielt“

Den Grund, warum die Polizei das Offensichtliche nicht sehe, liege Malsys Ansicht nach aber weniger darin, dass die Ordnungsmacht auf dem rechten Auge blind sei. „Die Polizei ist an manchen Stellen zu statistikverliebt.“ So gehe man im Polizeipräsidium oft viel zu unreflektiert davon aus, dass die Statistik die absolute Wirklichkeit abbilde.

Malsy macht seine Einschätzung an einem Beispiel deutlich: Wenn im Jahr 2021 drei einzelne Hakenkreuze mit Edding-Stift an drei Laternen geschmiert worden sind und in diesem Jahr 135 Hakenkreuze auf eine einzelne Packstation, würde die Polizei nach ihrer Logik erklären, dass die Zahl der rechten Straftaten zurückgehe, ist er überzeugt „Das ist eine fatale Fehleinschätzung, die den Rechten in die Hände spielt. Genau diese Situation haben wir aber zurzeit in Offenbach.“ (Christian Reinartz)

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