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Auswirkungen der Inflation: Al-Wazir auf Energietour durch Offenbach

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Von: Jan Lucas Frenger

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Tarek Al-Wazir begibt sich auf Energie-Tour durch Offenbach und spricht mit Inhabern verschiedener Unternehmen über die Auswirkungen von Krisen und Inflation.

Offenbach – Wer gestern Vormittag durch die Innenstadt geschlendert ist und glaubt, den hessischen Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Bündnis 90 / Die Grünen) beim vermeintlichen Bummel entdeckt zu haben, der benötigt womöglich doch keine neue Brille. Auf seiner Energietour hat der Grünenpolitiker nun auch erstmals bei verschiedenen Betrieben in Offenbach vorbeigeschaut, um sich mit den Inhabern über die Folgen der Inflation und Energiekrise auszutauschen.

Dabei wird schnell klar: Vielen Läden machen insbesondere die gestiegenen Strom- und Gaspreise zu schaffen – so auch dem Damaskus Falafel House in der Frankfurter Straße. Rund 1 000 Euro mehr im Monat muss Inhaber Eyad Hamadei im Vergleich zum Vorjahr für Energie zahlen. „Das ist natürlich sehr happig“, sagt Minister Al-Wazir und erkundigt sich nach möglichen Sparmaßnahmen.

Will seine Preise vorerst nicht erhöhen: Imbissinhaber Eyad Hamadei (rechts) spricht mit dem hessischen Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir über die Folgen von Energiekrise und Inflation.
Will seine Preise vorerst nicht erhöhen: Imbissinhaber Eyad Hamadei (rechts) spricht mit dem hessischen Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir über die Folgen von Energiekrise und Inflation. © frenger

Energietour: Minister Al-Wazir unterwegs in Offenbach

In diesem Bereich habe der Imbiss bereits einige Vorkehrungen getroffen. „Im Keller stehen drei Kühlschränke für Lebensmittel, derzeit nutzen wir nur einen davon“, nennt Hamadei ein Beispiel. Bedingt durch das Tagesgeschäft sei das Einsparpotenzial in seinem Betrieb jedoch begrenzt – das gesteht auch Wirtschaftsminister Al-Wazir ein. „Wenn ein Kunde kommt, müssen Öl und Ofen natürlich heiß sein“, sagt der Landtagsabgeordnete und weist auf die Möglichkeit einer Energieberatung hin.

Die steigenden Strom- und Gaskosten bekommt derweil auch Steffi Schubert vom Jeans Express in der Großen Marktstraße zu spüren. „Die Kosten haben sich verdoppelt, wir zahlen mittlerweile rund 300 Euro im Monat“, sagt Schubert. Hinzu kämen Ausgaben für den Warentransport, die sich aufgrund der Lieferkettenproblematik drastisch erhöht hätten. „Mittlerweile fallen für ein Paket mit sechs Hosen Kosten in Höhe von 17 Euro an, obwohl wir nur Jeans von europäischen Marken anbieten.“

Energietour von Minister Al-Wazir: Baustellen in Offenbach schrecken Kunden ab

Gepaart mit drastisch sinkenden Kundenzahlen und einer Erhöhung der Kaltmiete hat das dazu geführt, dass der coronagebeutelte Betrieb, der vor Kurzem noch sein 50-jähriges Bestehen gefeiert hatte, Mitte des Jahres sogar schließen muss – ein Nachmieter sei bereits gefunden. „Die Pandemie konnten wir noch irgendwie auspendeln, dann kam der Krieg in der Ukraine und wir haben direkt eine Delle bemerkt“, berichtet Schubert. „Das heißt, die Leute sind dann einfach nicht mehr zum Einkaufen gekommen?“, hakt Minister Al-Wazir nach.

Räumungsverkauf im Jeans Express: Steffi Schubert muss den traditionsreichen Laden schließen.
Räumungsverkauf im Jeans Express: Steffi Schubert muss den traditionsreichen Laden schließen. © Frenger, Jan Lukas

Und in der Tat – laut der Inhaberin hat sich die Verunsicherung sofort bemerkbar gemacht. „Als dann auch noch die Folgen der Inflation hinzukamen und die Menschen im November ihre ersten Abschlagszahlungen erhielten, waren wir tot“, bilanziert Schubert. Sie sieht auch eine gewisse Mitschuld bei der Stadt. So habe die langwierige Baustelle am Marktplatz die spärliche Frequentierung noch verschlimmert. Insbesondere an Markttagen blieben dadurch wichtige Kundenströme aus. Wirtschaftsminister Al-Wazir gibt sich ob dieser Schilderungen betroffen. „Das sind schreckliche Nachrichten, diesen Laden gibt es hier schon seit ich denken kann“, sagt er. „Eigentlich sollte der Umbau dazu beitragen, die Verbindung zwischen Wilhelms- und Aliceplatz noch weiter zu stärken.“

Al-Wazir auf Energietour durch Offenbach: Probleme treten unabhängig vom Branche auf

Weniger düster sieht die Situation hingegen beim Friseursalon Carlos Weiss in der Berliner Straße aus. „Föhnen, warmes Wasser: Ihre Arbeit ist sehr energieintensiv“, merkt Al-Wazir gleich zu Beginn seines Besuchs an. Günter Rösler, zuständig für die Organisation in der Offenbacher Filiale, gibt Entwarnung. Dem Betrieb sei es unter anderem durch Umstellung auf LED-Beleuchtung gelungen, die jährlichen Stromkosten auf rund 3 000 Euro zu reduzieren – jetzt soll eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach folgen. „Damit wären wir komplett autark“, so Rösler.

Krisen, Herausforderungen, Perspektiven: Die Unternehmen in der Region Offenbach haben anstrengende Jahre hinter sich und stehen vor großen Aufgaben im neuen Jahr.

Derzeit habe das Unternehmen vor allem noch mit den Nachwehen der Corona-Pandemie zu kämpfen. „Viele sind vorsichtiger geworden, wodurch sich die Besuchsintervalle verändert haben“, sagt der Organisationsleiter. Auch hier kämen die Folgen der Inflation erschwerend hinzu: „Im Materialeinkauf haben wir einen Anstieg von sechs Prozent, das geht dann irgendwann auch auf Kosten der Rendite.“

Die Tour des Ministers hat also eines gezeigt: Unabhängig von der Branche, sehen sich Offenbacher Betriebe aktuell mit ähnlichen Problemen konfrontiert. (Jan Lucas Frenger)

Unterdessen versammelten sich am Montag (9. Januar) in Offenbach Mitarbeitende der Post, um für Lohnerhöhungen zu demonstrieren. Angesichts von Krisen und Inflationen ginge es dabei „ums Überleben“.

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