Illegales Tuning: Pedelec-Fahrer in Offenbach im Temporausch
Die Polizei kontrolliert Pedelec-Fahrer am Mainufer in Offenbach und zieht ein illegal getuntes Fahrzeug aus dem Verkehr.
Offenbach – Das erste Rad haben die Polizisten in Offenbach schon beschlagnahmt. Martin Bethge-Koch zieht die Schiebetür des Polizeiwagens auf und hebt es aus dem Bauch des Autos. Auf dem dunklen Rahmen sitzt der Motor – ein Pedelec, von vielen E-Bike genannt. Das Problem: „Das Rad wurde manipuliert. Der Motor unterstützt, auch wenn das erlaubte Tempo eigentlich schon erreicht ist“, sagt Bethge-Koch, der die Jugendverkehrsschule am Polizeipräsidium Südosthessen leitet.
Direkt neben dem Parkplatz am Mainufer, am Radweg, der Offenbach mit Hanau und Frankfurt verbindet, hat das Präsidium eine Großkontrolle initiiert. Etwa zehn Polizisten stoppen drei Stunden lang Verkehrsteilnehmer, die an der gerade aufgebauten Kirmes vorbeiradeln. Auch ein Fernsehsender ist mit einer Kamera dabei.

Offenbach: Kontrolle auf Diebstahl und Alkohol bei Pedelec-Fahrern
Bei einem Mann, der eine leere Flasche Binding auf der Armatur seines Motor-Rollators deponiert hat, testen die Polizisten den Mundalkohol. Bei einem anderen Fahrer senden sie die Seriennummer seines Pedelecs an die Zentrale, um zu prüfen, ob das Gefährt gestohlen wurde – alles gut. Mit in Offenbach dabei ist auch Carsten Kehr. Der Leiter der Fahrradstaffel des Polizeipräsidiums Frankfurt ist als Pedelec-Experte extra vorbei gekommen, um die Kollegen mit seinem gesammelten Wissen zu unterstützen.
Er sagt: „Dass die Menschen ihre Pedelecs illegal tunen, passiert häufig.“ Und das mit Bauteilen, die leicht übers Internet zu kaufen sind. Dazu kommt: Die Manipulatoren können innerhalb weniger Sekunden montiert werden. Gerade stellen die Polizisten ein weiteres Pedelec sicher. Kehr will zeigen, was er meint und deutet auf ein schwarzes Kästchen am Fahrradrahmen.
Offenbach: Illegal getuntes Pedelec am Mainufer unterwegs
„Eigentlich sendet der Sensor bei jeder Radumdrehung ein Signal an das Steuergerät im Motor. Die Blackbox sorgt dafür, dass nur jede zweite Umdrehung weitergegeben wird.“ Was den Motor überlistet und ermöglicht, das integrierte Tempolimit von 25 km/h zu überschreiten – Geschwindigkeiten von bis zu 50 Kilometern pro Stunde sind so möglich.
Und dann trudelt an diesem Tag noch ein ganz besonderer Fang ins Netz der Kontrolleure. Ein E-Biker-Duo ist mit zwei angekuppelten Mini-Wohnwagen auf dem Rückweg in die Pfalz, aus ihren Soundboxen dröhnt Musik. „Da liegen bestimmt ein paar Flaschen Weißwein hinten drin“, sagt ein Polizist und lacht. Das Problem: Einer der beiden hat sein Rad frisiert, nicht nur mit einer simplen Tuning-Box. Der Mann hat einen Handgasgriff verbaut, der hohe Geschwindigkeiten erlaubt, ohne in die Pedale treten zu müssen – ein No-Go für Räder ohne eigenes Versicherungskennzeichen. Und: Der nachgerüstete Motor hat viel zu viel Kraft, statt wie normal 250 bringt er bis zu 750 Watt Nenndauerleistung.
Polizei zieht positive Bilanz der Kontrolle von Pedelec-Fahrern in Offenbach
So bleibt den Polizisten nichts anderes übrig, als das umgerüstete Rad des Mannes vorläufig zu beschlagnahmen. „Ich bin einfach nur sauer auf mich selbst“, sagt der Pfälzer, der sich bereitwillig von der TV-Kamera filmen lässt. Sein Kollege, der alleine den Weg nach Hause antreten muss, meint: „Ich hab ihm extra gesagt, er soll’s lassen.“ Ein eher bescheidener Trost – zumal jetzt eine Strafanzeige wartet. Die kann teuer werden, sagt Carsten Kehr: „Da können schnell mal mehrer Hundert Euro fällig werden.“
Trotz des Vorfalls zieht die Polizei zum Ende der Kontrolle, bei der es auch um Aufklärung und Prävention bei älteren Radlern ging, eine positive Bilanz. „Wer kontrolliert wurde, zeigte sich interessiert, einsichtig und verständnisvoll“, heißt es im Abschlussbericht. Gerade Kommissar Bethge-Koch weiß, dass das Thema Pedelec gekommen ist, um zu bleiben: „Für den Sommer plane ich deshalb ein spezielles Sicherheitstraining mit Senioren, das im Leonhard-Eißnert-Park stattfinden wird.“ (Julius Fastnacht)
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